Eiserner Vorhang. Tödliche Fluchten und Rechtsbeugung
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Biografisches Handbuch
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Manfred Kerbstat

geboren am 11. Oktober 1949 in Grevesmühlen | gestorben am 12. Februar 1968 (Tod durch Unterkühlung) | Ort des Vorfalls: Pötenitzer Wiek (Mecklenburg-Vorpommern)

Quelle: Privat, Familie

Während eines gemeinsamen Fluchtversuchs mit Hans-Georg Steinhagen über die Pötenitzer Wiek ist Manfred Kerbstat erfroren.

Manfred Kerbstat wuchs in der mecklenburgischen Gemeinde als ältestes von vier Geschwistern auf. Nach dem Abschluss der 8. Klasse absolvierte er eine Lehre zum Maurer in der Zwischenbetrieblichen Bauorganisation (ZBO) Grevesmühlen. Seine sechs Jahre jüngere Schwester charakterisiert ihren Bruder Manfred als einen ruhigen, lieben Familienmenschen, der mitunter auch ernst und in sich gekehrt war. Er war fleißig und half viel zu Hause mit. So baute er auf dem elterlichen Grundstück eigenhändig eine Garage. In seiner Freizeit fuhr er gern mit seinem Motorrad durch die Umgebung.

Manfred Kerbstat sträubte sich sehr gegen den Wehrdienst bei der Armee. Vor allem konnte er sich keine längerfristige Verpflichtung vorstellen. Ob dies die Fluchtabsichten, die er hegte, mitbegründete, lässt sich nicht rekonstruieren. In den Abendstunden des 11. Februar 1968 setzte er diese Absichten in die Tat um und machte sich zusammen mit seinem Arbeitskollegen Hans-Georg Steinhagen auf den Weg in Richtung Grenze. Auf Luftmatratzen wollten sie die Pötenitzer Wiek überqueren und zum westdeutschen Ufer gelangen – ein großes Wagnis angesichts der winterlichen Temperaturen.

Am 12. Februar 1968, gegen 10.30 Uhr, entdeckte eine Streife des Bundesgrenzschutzes am Travemünder Strand eine Person, die auf einer Luftmatratze im Wasser trieb. Es handelte sich um den 18-jährigen Manfred Kerbstat. Nach der Bergung konnte nur noch sein Tod durch Unterkühlung festgestellt werden. Für die Behörden stellte sich erst einige Tage später heraus, dass Kerbstat nicht alleine die Flucht gewagt hatte. Sein Kollege Hans-Georg Steinhagen wurde am 17. Februar 1968 ebenfalls tot geborgen. Das Volkspolizeikreisamt (VPKA) Grevesmühlen ermittelte unterdessen in seinen ersten Untersuchungen, dass Manfred Kerbstat und Hans-Georg Steinhagen am Vorabend des Unglückstages noch einmal Steinhagens Wohnung aufsuchten. Er hinterließ dort eine Nachricht an seine Mutter: „Liebe Mutti, ich war hier. Bin wieder weg. Gruß Hans-Georg.“ Den DDR-Ermittlern blieb unerklärlich, dass sie keinerlei Spuren auf dem Kontrollstreifen am Ufer der Pötenitzer Wiek finden konnten.

Manfred Kerbstats Sarg wurde am 15. Februar 1968 über den Grenzübergang Lübeck-Schlutup in die DDR gebracht. An der Beerdigung nahmen viele Freunde, Bekannte und Einwohner seines Heimatortes teil.

Siehe ergänzend zu diesem Fall die Biografie von Hans-Georg Steinhagen.

Autorin:
MP
Recherche:
jk, jos., MP
Quellen:
  • VPKA Grevesmühlen: Meldung des Kommandos der Grenztruppen/Operativer Bereich/Aufklärung, 3. GBr. OPD. BArch Freiburg, DVH 32/120959.
  • BGS: Grenzlagebericht der Zentrale in Niedersachsen, Hannover 13. Februar 1968. BArch Koblenz B 137/6430.
  • DDR/Flüchtlinge. Nasse Grenze. Der Spiegel, Nr. 43/1969, 20.10.1969, http://www.spiegel.de/
  • spiegel/print/d-45520600.html (Zugriff am 17.11.2016).
  • Pingel-Schliemann, Sandra: „Ihr könnt doch nicht auf mich schießen!“ Die Grenze zwischen Lübecker Bucht und Elbe zwischen 1945 und 1989. Schwerin 2013, S. 231.
  • Standesamt Grevesmühlen, Auskunft vom 30.09.2015.
  • Zeitzeugengespräch von MP mit Manfred Kerbstats Schwester Marlies Kroll am 15.10.2015.
Druckversion
Abkürzungsverzeichnis
Name
Kerbstat, Manfred
Geschlecht
männlich
Geburtsdatum
11. Oktober 1949
Geburtsort
Santow, Ortsteil von Grevesmühlen
Letzter Wohnort
Santow, Ortsteil von Grevesmühlen
Staat des Vorfalls
DDR
Region des Vorfalls
Mecklenburg-Vorpommern
Ort des Vorfalls
Pötenitzer Wiek
Todesursache
Unterkühlung
Datum des Vorfalls
12. Februar 1968
Todesalter
18
Teilprojekt
innerdeutsche Grenze
Fallgruppe
Todesfälle bei Fluchtversuchen
Personengruppe
Zivilisten / DDR
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