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Biografisches Handbuch

Klaus Böber

geboren am 20. April 1954 in Apolda | in der Ostsee ertrunken am 26. Mai 1981 | Ort des Vorfalls: Ostsee
Nachdem er 1973 bereits erfolglos versucht hatte, die DDR nach Westberlin zu verlassen, unternahm Klaus Böber im Mai 1981 einen erneuten Fluchtversuch. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Uwe Zapke versuchte er, die DDR von Dierhagen aus über die Ostsee zu verlassen. Dabei kamen beide ums Leben.

Am 26. Mai 1981 meldete die Volkspolizei (VP) in Ribnitz-Damgarten der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), ihr sei „bekannt geworden“, dass die Brüder Uwe Zapke und Klaus Böber, geborener Zapke, „beabsichtigten“, die DDR „ungesetzlich“ auf dem Seeweg zu verlassen. Die Volkspolizei hatte die Leiche von Uwe Zapke gefunden und bei diesem einen Luftballon, in dem sich unter anderem Geld, Wertgegenstände und ein Haftentlassungsschein von Klaus Böber befanden. Dies war ein sehr starkes Indiz für einen Fluchtversuch über die Ostsee.

Klaus Böber kam am 20. April 1954 als Klaus Helmut Zapke in Apolda auf die Welt und lebte dort bis zum Zeitpunkt seiner Flucht, verfügte aber auch über einen Zweitwohnsitz in Frankfurt/Oder. Im Juni 1979 heiratete er in Apolda und trug fortan den Namen Böber. Die Ehe hielt nur gut drei Monate und wurde im September 1979 rechtskräftig geschieden. Sein Bruder Uwe war knapp sechs Jahre jünger als er und wohnte ebenfalls in Apolda.

Sein Beruf zum Zeitpunkt der Flucht war den DDR-Institutionen unbekannt, aber Klaus Böber selbst war ihnen gut bekannt. Er hatte bereits 1973 einen erfolglosen Fluchtversuch nach Westberlin unternommen. In einer Auskunft der Abteilung XII, dem zentralen Informationsspeicher des MfS, ist hierfür ein „Anfall gem. §213 StGB“ verzeichnet, was eine versuchte „Republikflucht“ impliziert. Außerdem war er 1976 und 1979 als Nichtwähler aufgefallen und, aus heute unbekanntem Grund, auch inhaftiert gewesen. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass er die DDR verlassen wollte.

Über Uwe Zapke fanden sich dagegen keinerlei Informationen im Speicher der Abteilung XII der Staatssicherheit. Wir können heute nicht mehr rekonstruieren, ob er eigene Fluchtgründe hatte, oder sich einfach seinem großen Bruder anschloss. Er begab sich jedenfalls Ende Mai zusammen mit Klaus bei Graal-Müritz an die Ostsee, um von hier aus die DDR zu verlassen.

Der erste Hinweis auf den Fluchtversuch der beiden war nicht der Fund der Leiche von Uwe Zapke, sondern hörbare Hilferufe, die nachts am 26. Mai, gegen 03:45 Uhr, durch Angehörige der Grenztruppen der DDR von See kommend wahrgenommen wurden. Offenbar war den beiden auf See klar geworden, dass ihr Plan nicht aufgehen würde. Zu eventuell nun eingeleiteten Such- und Rettungsmaßnahmen auf See ist nichts überliefert, aber landseitig wurde intensiv gesucht und gegen 11:00 Uhr wurden am Strand von Graal-Müritz in einem Strandkorb Bekleidung und persönliche Gegenstände entdeckt. Zu dem Strandkorb hin führte eine Schleifspur vom Meer. Solche Orte wurden in der Sprache der DDR-Sicherheitsbehörden als „Basislager“ für Ablandungen vom Ostseestrand bezeichnet, wobei die Lesart der Spuren im Sand zentral für die Bewertung dieser Orte war.

Gegen vier Uhr am Nachmittag desselben Tages wurde dann in der Ostsee bei Dierhagen, nur knapp 8 Kilometer vom Ablandeort entfernt und etwa 200 Meter weit vom Land im Wasser treibend, die Leiche von Uwe Zapke geborgen. Er war mit einer Badehose und einem dunklen Rollkragenpullover bekleidet. In der Badehose befanden sich noch die Personalausweise von Uwe und Klaus. An die Badehose angebunden war ein Kinderluftballon. Darin hatten die Brüder 310 DDR-Mark und 3,55 Deutsche Mark, einige Wertgegenstände, Fotos sowie wichtige Dokumente von Klaus, wie seinen Haftentlassungsschein, seine Geburtsurkunde und eine Urkunde über die Anerkennung einer Vaterschaft, aufbewahrt. Bei der gerichtsmedizinischen Sektion am 28. Mai 1981 in Rostock wurde dann der Ertrinkungstod von Uwe Zapke festgestellt.

Da bis zu diesem Zeitpunkt von Klaus jede Spur fehlte, nahmen die Ermittlungsbehörden an, die Kriechspur, die zu dem aufgefundenen Strandkorb führte, könnte von ihm stammen, der demnach den Fluchtversuch überlebt und sich noch an den Strand gerettet haben müsste. Also wurde er zur „Eilfahndung Stufe II mit Festnahme ausgeschrieben“. Diese Fahndung verlief allerdings erfolglos, denn knapp zwei Wochen später, am 12. Juni 1981, wurde am Strand bei Wustrow, nur knapp 15 Kilometer östlich des Ablandeorts der beiden, eine männliche Wasserleiche geborgen, die als Klaus Böber identifiziert wurde. In der Sterbeurkunde des Standesamtes Wustrow wurde als Todestag der 26. Mai 1981 festgelegt.

Im Tagesrapport des Volkspolizeikreisamts Ribnitz-Damgarten wurde am 26. Mai 1981 vermerkt, dass die Grenztruppen die VP von ihrer Beobachtung der Hilferufe gegen halb eins am frühen Nachmittag desselben Tages in Kenntnis setzten. Dort ist die Schleifspur, die vom Wasser zum Strandkorb mit den persönlichen Gegenständen führen sollte, als Fußspur, die zum Wasser führte, verzeichnet. Da die persönlichen Gegenstände in dem Strandkorb den Brüdern zugerechnet wurden und beide die Ostsee nicht mehr verließen, wird dies wohl ihre letzte Spur auf dem Weg ins Meer gewesen sein. Die Spur und die Kleidung von Uwe Zapke lassen darauf schließen, dass die beiden mit irgendeiner Schwimmhilfe, wie einer Luftmatratze, einem Faltboot oder einer selbstgebauten Konstruktion die Ostsee überwinden wollten. Ihr Ziel war höchstwahrscheinlich Dänemark. Im erwähnten Tagesrapport wurde auch angegeben, dass die Grenzsoldaten die Hilferufe auf etwa eine Seemeile Entfernung schätzten. Die Brüder haben also vermutlich recht früh nach dem Ablegen vom Strand eine Havarie erlitten, in deren Zuge sie um Hilfe riefen und die sie letztlich das Leben kostete.


Biografie von Klaus Böber, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/465-klaus-boeber/, Letzter Zugriff: 24.04.2024