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Biografisches Handbuch

Helene Pyka

geboren am 29. Mai 1945 in Dünenfeld (heute: Cisowa, Polen) | vermutlich Anfang September 1972 in der Ostsee ertrunken | Ort des Vorfalls: Ostsee
BildunterschriftHelene Pyka
BildquelleSammlung Grenzturm e.V.
Quelle: Sammlung Grenzturm e.V.
Die 27-jährige Stellwerkerin Helene Pyka aus Lübbenau und ihr Verlobter Hans-Joachim Krumpe versuchten im September 1972, vermutlich von Kühlungsborn aus, die internationale Schifffahrtsroute zu erreichen. Beide kamen bei diesem Fluchtversuch ums Leben. Die Leiche von Helene Pyka wurde am 2. September 1972 an der Lübecker Steilküste gefunden.

Drei Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am 29. Mai 1945, erblickte Helene Pluta im kleinen oberschlesischen Ort Dünenfeld das Licht der Welt. Damals gehörte Dünenfeld zum preußischen Landkreis Cosel; heute ist der Ort Cisowa Teil der polnischen Woiwodschaft Opole.

Aus dem Leben von Helene Pluta ist kaum etwas bekannt, auch nicht, wann und wo sie später den Namen Pyka angenommen hat. Eines der wenigen Dokumente, das bislang zu ihr vorliegt, ist der Sterberegistereintrag einer unbekannten Frau, die am 2. September 1972 in Lübeck, am Brodtener Ufer zwischen Travemünde und Niendorf, aus der Ostsee geborgen wurde. Einem Randvermerk auf dem Sterberegister sind folgende Informationen zu entnehmen: Im Juni 1973 wurde durch das Amtsgericht Lübeck ermittelt, dass es sich bei der Toten um Helene Pyka, geborene Pluta, handelt. Sie wohnte in Lübbenau, war römisch-katholischen Glaubens, als Stellwerkerin tätig und geschieden.

Erkenntnisse zu ihrer Fluchtgeschichte lassen sich nur über die Verbindung zu Pykas Fluchtpartner und Verlobtem Hans-Joachim Krumpe gewinnen. Der 16 Jahre ältere Krumpe war von Beruf Elektriker, hatte zwei Söhne und lebte in Merseburg. Beide lernten sich während einer Kur kennen, vermutlich Ende der 1960er Jahre. Krumpe trennte sich daraufhin von seiner Frau, die Ehe wurde 1971 geschieden. Hans-Joachim Krumpe hegte schon lange Jahre den Wunsch, die DDR zu verlassen; seine damalige Frau wollte aber in der DDR bleiben. Ob er in Helene Pyka dann eine Partnerin fand, die seine Träume und Hoffnungen auf ein besseres Leben im Westen Deutschlands teilte oder ob er sie erst überzeugt hat, mit ihm die Flucht zu begehen, ist nicht überliefert.

Es gibt einerseits Hinweise darauf, dass beide von Kühlungsborn aus schwimmend die circa sieben Kilometer entfernte internationale Schifffahrtsroute erreichen wollten, in der Hoffnung, dass sie eines der Schiffe in Richtung Lübeck mitnehmen würde. Andererseits ging in der Firma von Hans-Joachim Krumpe das Gerücht um, dass der handwerklich sehr begabte Kollege an einem Tauchgerät oder Boot gearbeitet haben soll.

Wie auch immer das Paar versuchen wollte, das Meer zu überwinden – es ist den beiden nicht geglückt. Zwei Monate nach dem Leichenfund von Pyka, am 4. November 1972, wurde am Strand von Neuhaus in Dierhagen eine unbekannte männliche Leiche aufgefunden, die kurz darauf als Hans-Joachim Krumpe identifiziert wurde. Der Familie wurde von Mitarbeitenden der Staatssicherheit ein schwarz angestrichenes Schlauchboot übergeben sowie ein Zelt und ein Fernglas. Am Handgelenk der Leiche von Hans-Joachim Krumpe war ein Taucherkompass befestigt. Obwohl es sich hierbei um typische Utensilien einer Fluchtgeschichte handelt, wurde der Familie die Auskunft erteilt, Hans-Joachim Krumpe sei bei einem Badeunfall ums Leben gekommen.

Helene Pyka wurde vermutlich in Travemünde beigesetzt, Hans-Joachim Krumpe in Merseburg beerdigt.


Biografie von Helene Pyka, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/445-helene-pyka/, Letzter Zugriff: 21.12.2024