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Biografisches Handbuch

Hans-Joachim Krumpe

geboren am 28. November 1929 in Merseburg | vermutlich Anfang September 1972 in der Ostsee ertrunken | Ort des Vorfalls: Ostsee
BildunterschriftHansjoachim Krumpe
BildquelleSammlung Grenzturm e.V.
Quelle: Sammlung Grenzturm e.V.
Der 42-jährige Hans-Joachim Krumpe und seine Verlobte Helene Pyka versuchten im September 1972,vermutlich von Kühlungsborn aus, die internationale Schifffahrtsroute zu erreichen. Seine Leiche wurde am 4. November 1972 in Dierhagen gefunden und auch seine Verlobte kam bei dem Fluchtversuch ums Leben.

Hans-Joachim Krumpe kam am 28. November 1929 in der Stadt Merseburg zur Welt, die damals zur preußischen Provinz Sachsen gehörte. Nach seiner Lehre zum Elektriker blieb Krumpe in seiner Heimatstadt, arbeitete hier für die Energieversorgung als Stromzählermonteur und fuhr die Umspannwerke der Region ab. Ein Kollege, mit dem er gut befreundet war, verließ die DDR vor dem Mauerbau 1961. Hans-Joachim Krumpe wollte samt Familie auch in den Westen ausreisen – doch seine Frau entschied sich dagegen. 1950 hatten beide in Merseburg geheiratet, aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.

Krumpe war dauerhaft unzufrieden mit dem Leben in der DDR. Die Besuche seines Kollegen aus der Bundesrepublik mit dessen neuen Mercedes haben die Verdrossenheit vermutlich noch verstärkt. Auf einer Kur lernte er Ende der 1960er Jahre die 16 Jahre jüngere Helene Pyka aus Lübbenau kennen und beide verliebten sich ineinander. Die Ehe von Hans-Joachim Krumpe und seiner Ehefrau wurde 1971 geschieden. Vorherige Bitten und Bemühungen seines Sohnes, dass der Vater wieder nach Hause kommen möge, lehnte er ab.

Mit seiner neuen Verlobten Helene wollte er dann wohl einen Neuanfang im Westen Deutschlands wagen. Zum Fluchtgeschehen lassen sich nur wenige gesicherte Erkenntnisse zusammentragen: Seit dem 20. September 1972 galt Hans-Joachim Krumpe, der weiterhin in Merseburg lebte, als vermisst. Vermutlich begab er sich zusammen mit Helene Pyka nach Kühlungsborn. Es gibt einerseits Hinweise darauf, dass beide von Kühlungsborn aus schwimmend die circa sieben Kilometer entfernte internationale Schifffahrtsroute erreichen wollten, in der Hoffnung, dass sie eines der Schiffe in Richtung Lübeck mitnehmen würde. Andererseits ging in der Firma von Hans-Joachim Krumpe das Gerücht um, dass der handwerklich sehr begabte Kollege an einem Tauchgerät oder Boot gearbeitet haben soll.

Wie auch immer das Paar versuchen wollte, das Meer zu überwinden – es ist den beiden nicht geglückt. Am 2. September 1972 wurde die Leiche einer unbekannten, etwa 25 bis 35 Jahre alten Frau an der Steilküste der Lübecker Bucht geborgen, die erst ein Jahr später als Helene Pyka identifiziert wurde. Zwei Monate nach dem Leichenfund von Pyka, am 4. November 1972, wurde am Strand von Neuhaus in Dierhagen eine unbekannte männliche Leiche aufgefunden. Sie war bekleidet mit einer Trainingshose, Socken und Badekleidung. Am linken Handgelenk des Toten war ein Taucherkompass befestigt. Kurze Zeit später konnte die Leiche als Hans-Joachim Krumpe identifiziert werden. Die Obduktion am 6. November in Rostock erbrachte eine Wasserliegezeit von etwa vier bis acht Wochen. Die Todesursache ließ sich nicht mehr eindeutig feststellen, es ergaben sich aber auch keine Befunde, die gegen die Annahme eines Ertrinkungstodes sprachen.

Als Mitarbeitende der Staatssicherheit bei Familie Krumpe in Merseburg auftauchten, brachten sie ein schwarz angestrichenes Schlauchboot, ein Zelt und ein Fernglas mit – erzählten der Familie jedoch, dass Hans-Joachim Krumpe bei einem Badeunfall ums Leben gekommen sei. Als der Sohn Zweifel an dieser Geschichte äußerte, wurde er zunächst zum Stillschweigen ermahnt, später dann mit einem Studienplatzangebot gelockt, das er aber ablehnte. Er war danach lange Zeit im Visier der DDR-Behörden und stellte einen Ausreiseantrag, der 1989 schließlich genehmigt wurde.

Hans-Joachim Krumpe wurde in Merseburg beerdigt.


Biografie von Hans-Joachim Krumpe, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/446-hans-joachim-krumpe/, Letzter Zugriff: 29.03.2024