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Biografisches Handbuch

Georg Zerna

geboren am 17. April 1942 in Fraustadt (Niederschlesien, heute: Wschowa/Polen) | seit dem 30. April 1964 vermisst, vermutlich bei einem Fluchtversuch über den Schaalsee ums Leben gekommen | Ort des Vorfalls: Schaalsee (Mecklenburg-Vorpommern)
Der 22-Jährige Georg Zerna starb vermutlich beim Versuch gemeinsam mit Armin Bogun und Ulrich Rast über den Schaalsee in die Bundesrepublik zu schwimmen.

Am 10. November 1964 nutzte der Rentner Hermann Palm aus Gadebusch einen Besuch bei seiner in Westdeutschland lebenden Tochter Hildegard Ludwig, um den Bundesgrenzschutz (BGS) um Hilfe bei der Suche nach seinem Enkel Georg Zerna zu bitten. Er schrieb an das BGS-Kommando Küste: „Am 30.4.–5.5.1964 haben drei junge Burschen im Alter von 18–22 Jahren versucht, über die Grenze bei Dutzow Kneese Schaalsee [!] nach Westdeutschland zu gelangen. Haben sich bis heute bei ihren Angehörigen noch nicht gemeldet. Unsere Volkspolizei gibt mir keine Auskunft.“ Hermann Palm fragte, ob auf westlicher Seite Schüsse gehört oder Leichen geborgen wurden. In seiner Antwort erklärte der BGS, dass zu dem geschilderten Fluchtversuch keine Erkenntnisse vorliegen und Ermittlungen der Kriminalpolizei Lübeck ebenfalls zu keiner Klärung geführt hätten. Zwar habe eine BGS-Streife in der Nacht vom 1. zum 2. Mai 1964 im Grenzgebiet 20 Kilometer südlich des Schaalsees Schüsse vernommen und beobachtet, wie DDR-Grenzer mit einem Handscheinwerfer das Gelände ableuchteten, „ob allerdings diese Beobachtungen mit dem Fluchtversuch der von Ihnen genannten Personen in Verbindung stehen, kann nicht beurteilt werden“.

Durch eine Nachricht des in Nordrhein-Westfalen lebenden Bruders von Ulrich Rast hatte die Zentrale Erfassungsstelle in Salzgitter bereits im Juli 1964 von der vermutlich gescheiterten Flucht erfahren und eine Personenbeschreibung der drei Vermissten erhalten. Demnach hatte der 22-jährige Georg Zerna gemeinsam mit dem 20-jährigen Armin Bogun und dem 22-jährigen Ulrich Rast geplant, den Schaalsee zu durchschwimmen. Zerna lebte in Schwerin, war etwa 1,77 Meter groß und hatte dunkelblondes Haar. Als die Ermittler im Oktober 1967 Hildegard Ludwig aufsuchten, erfuhren sie, dass sich Georg Zerna noch nicht wieder bei seiner Familie gemeldet hatte und ihr Vater Hermann Palm inzwischen verstorben sei. Zu dessen Beerdigung sei sie in die DDR gereist und habe bei dieser Gelegenheit ihren Bruder, einen SED-Funktionär, befragt und von ihm gehört, Georg Zerna sei bei einem Fluchtversuch erschossen worden. Er habe versucht, ein Grenzgewässer zu durchschwimmen, als Grenzsoldaten ihn entdeckten. Der Aufforderung zur Umkehr sei er nicht nachgekommen, sodass es zum Schusswaffengebrauch kam. Einen Totenschein oder ein Grab existiere nicht.

Nachdem die Zentrale Erfassungsstelle in Salzgitter in den 1960er Jahren den Sachverhalt nicht weiter aufklären konnte, nahm Anfang der 1990er Jahre die Berliner Staatsanwaltschaft (ZERV) die Ermittlungen wieder auf. Doch trotz der nun möglich gewordenen Recherche in den Überlieferungen des Staatssicherheitsdienstes und der Grenztruppen blieb das Schicksal Zernas ungeklärt. Von den Verwandten lebte nur noch jener Onkel, der seinerzeit den Tod Georg Zernas bestätigt haben soll. Bei seiner Vernehmung im November 1993 verneinte der ehemalige SED-Funktionär jedoch, jemals von der Tötung seines Neffen gesprochen zu haben. Er habe seinerzeit auf Bitte seiner Schwester ihm bekannte Parteifunktionäre nach dem Schicksal seines Neffen befragt, jedoch keine klärende Auskunft erhalten. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin eingestellt.

Vergleiche die Biografien von Armin Bogun und Ulrich Rast.


Biografie von Georg Zerna, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/125-georg-zerna/, Letzter Zugriff: 21.11.2024