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Biografisches Handbuch

Siegfried Tittmann

geboren am 15. Februar 1933 in Wansleben am See | Suizid nach gescheitertem Fluchtversuch am 6. März 1954 | Ort des Vorfalls: bei Wenigentaft (Thüringen)
Der Grenzpolizist Kurt Siegfried Tittmann versuchte nach einem Streit in die Bundesrepublik zu flüchten. Als er gestellt wurde, wählte er den Freitod.

Am 8. März 1954 berichtete eine Tagesmeldung der DDR-Grenzpolizei über einen außerordentlichen Fall. Ein Streit unter Grenzpolizisten eskalierte zu einer Schießerei und zu einem Fluchtversuch, der schließlich tödlich endete. Der aus dem Mansfelder Land stammende Kurt Siegfried Tittmann – der Bericht selbst verwendet die falsche Schreibweise „Dittmann“ – hatte, bevor er zur Grenzpolizei ging, wie sein Vater als Bergmann gearbeitet. Am 6. März 1954, einem Samstag mit freundlichem und mildem Wetter, legten die beiden Grenzpolizisten Siegfried Tittmann und Waldemar Estel auf ihrem Streifengang vor einem Konsum-Geschäft in Wenigentaft (Ortsteil von Buttlar) eine Pause ein und kauften sich Zigaretten und mehrere Flaschen Bier. Noch im Ort tranken die beiden 21 und 22 Jahre alten Männer je zwei Bierflaschen aus. Als Siegfried Tittmann eine dritte Flasche öffnete, hatte Waldemar Estel genug und steckte seine Bierflasche in eine Tasche. Darüber kam es zum Streit. Tittmann forderte Estel immer wieder auf, mit ihm weiterzutrinken, bis Estel schließlich seine Flasche an einem Stein zerschlug. Daraufhin zog Tittmann seinen FDJ-Ausweis hervor und zerriss ihn vor den Augen Estels. Der überzeugte FDJler wies seinen Kameraden nun mit heftigen Worten zurecht. Tittmann reagierte auf Estels Belehrung ungewöhnlich heftig. Wutentbrand lud er seinen Karabiner durch und begann auf Estel zu schießen. Estel ging in Deckung und feuerte zurück. Am Ortsausgang von Wenigentaft kam es so zu einem Feuergefecht, bei dem die in ihrem Garten arbeitende Elisabeth Sch. in den Oberschenkel getroffen wurde.

Von den Schreien der Frau aufgeschreckt, stellten Estel und Tittmann das Feuer ein und liefen auseinander. Während Estel das Grenzpolizei-Kommando alarmierte, entfernte sich Tittmann in Richtung der Grenze nach Hessen. Doch ehe er dort anlangte, entdeckte ihn ein vom Kommando ausgesandter Suchtrupp der Grenzpolizei, der das dichtbewaldete Grenzgebiet durchkämmte. Als die Verfolger Tittmann einkreisten, muss er für sich keinen Ausweg mehr gesehen haben. Er richtete die Waffe gegen sich selbst. Siegfried Tittmann erlag noch am gleichen Nachmittag im Krankenhaus Vacha den Folgen seiner Schussverletzung. „Der Schuss soll“, heißt es in einem Bericht des hessischen Bundesgrenzschutzes, „eine anschließende Schießerei unter den Grenzsoldaten ausgelöst haben“. Waldemar Estel selbst lebte nur noch zwei Jahre. Am 3. September 1956 starb er im Grenzdienst, niedergeschossen von einem spanischen Luftwaffenoffizier in Zivil, der sich seiner Festnahme im DDR-Grenzgebiet entziehen wollte.

Siehe ergänzend zu diesem Fall die Biografie von Waldemar Estel.


Biografie von Siegfried Tittmann, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/69-siegfried-tittmann/, Letzter Zugriff: 21.12.2024