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Biografisches Handbuch

Wolfgang Erdmann

geboren am 10. März 1944 in Jena | tot am Ostseestrand geborgen am 19. September 1964 | Ort des Vorfalls: Ostsee
Wolfgang Erdmanns Leiche wurde am 19. September 1964 am Ostseestrand der Gemeinde Kägsdorf angespült. Angesichts des Zustands der Leiche, der Bekleidung sowie der Gegenstände, die bei der Leiche gefunden wurden, kann von einem gescheiterten Fluchtversuch ausgegangen werden.

Wolfgang Gerhard Erdmann wurde am 10. März 1944 in Jena geboren. Über seine Kindheit und Jugend können nach aktuellem Forschungsstand keine Aussagen getroffen werden. Sein Schicksal ist nur über ein Sektionsprotokoll des Instituts für Gerichtliche Medizin der Universität Rostock verbürgt.

Demnach hat er im Sommer 1964 im Alter von 20 Jahren einen Fluchtversuch durch die Ostsee unternommen. Dies lässt sich aus dem Zustand der Leiche und den bei ihr aufgefundenen Gegenständen schlussfolgern. Seine Leiche war am 19. September 1964 am Strand der Gemeinde Kägsdorf, einem Dorf zwischen Kühlungsborn und Rerik, gefunden worden. Den Kräften des Grenzschutzes war bis zum Zeitpunkt der Sektion ebenfalls nichts zur Vorgeschichte des Fluchtversuches von Wolfgang Erdmann bekannt, oder sie haben ihre Informationen zurückgehalten, da sich hierzu keine Angaben im Sektionsprotokoll finden lassen. Hier wurden häufig die vorliegenden Informationen zur Leiche gesammelt. Es ist wahrscheinlich, dass er entweder versucht hat, die Lübecker Bucht Richtung Westen zu durchschwimmen, oder sich in den internationalen Gewässern von einem westlichen Schiff aufnehmen zu lassen.

Wolfgang Erdmann war wie die meisten DDR-Flüchtlinge, die die Ostsee als Fluchtweg gewählt hatten, für sein Vorhaben unzureichend ausgestattet. Er verfügte über keinerlei geeignete Schwimmbekleidung, wie etwa einen Neoprenanzug, welcher für eine derart lange Schwimmstrecke eigentlich vonnöten gewesen wäre. Stattdessen trug er mehrere Schichten Oberbekleidung und auch zwei Hosen inklusive je einem Gürtel übereinander. Ob er die getragene Kleidung so mit in den Westen nehmen wollte, oder sie tatsächlich als nützliche Ausrüstung betrachtet hat, lässt sich heute nicht mehr beurteilen. Festhalten lässt sich aber, dass ein Wollpullover, wie ihn Erdmann auf der Flucht trug, sein Unternehmen eher behinderte.

Einzig die Tauchflossen, die die Leiche noch trug, als sie gefunden wurde, können als Ausrüstung gesehen werden, die seinem Vorhaben angemessen war. Darüber hinaus hatte er sich zwei miteinander verbundene Luftkissen um die Hüfte geschlungen. Diese hatten ihm das Schwimmen sicherlich erleichtert und sollten ihm wahrscheinlich auch dazu dienen, auf See Pausen einlegen zu können.

Noch bevor die Leiche identifiziert wurde, schätzten die obduzierenden Personen ihr Alter auf etwa 20 Jahre und ihre Liegezeit auf etwa vier Wochen. Damit lässt sich der Fluchtversuch von Wolfgang Erdmann auf Mitte August datieren. Sie schlossen ihr Protokoll mit der folgenden Einschätzung: „Im vorliegenden Falle dürfte es sich um einen ca. 20jährigen Bürger der DDR handeln, der beim Durchschwimmen der Ostsee vermutlich ertrunken ist.“ Auch aus heutiger Sicht bleibt dieser Befund richtig.


Biografie von Wolfgang Erdmann, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/505-wolfgang-erdmann/, Letzter Zugriff: 25.04.2024