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Biografisches Handbuch

Dietmar Pommer

geboren am 25. Mai 1966 in Ludwigslust | vermutlich ertrunken am 18. Oktober 1989 | am 30. Oktober 1989 bei Rybojedzko tot aus der Oder geborgen
BildunterschriftDietmer Pommer
BildquelleDer Spiegel Nr, 49 2009
Quelle: Der Spiegel Nr, 49 2009
Am 31. Oktober 1989 wurde die DDR-Grenzbrigade an der polnischen Grenze über den am Vortag erfolgten Fund einer Wasserleiche benachrichtigt. Der Tote habe einen DDR-Ausweis auf den Namen Dietmar Pommer bei sich geführt.

Dietmar Pommer erlernte den Beruf eines Landwirts. Er arbeitete in einer LPG bei Ludwigslust und wohnte bei seinen Eltern. Am 12. Oktober1989 kam er von der Arbeit nach Hause und zog sich um. Er wolle noch einmal nach draußen, sagte er zu seiner Mutter. Sie sah noch, dass zwei Männer vor dem Haus auf ihn warteten. Einen davon, Gerd Kiefer, kannte sie aus dem Ort. Der andere war ihr unbekannt. Wo Dietmar Pommer sich in den folgenden Tagen aufhielt, ist unklar. Zuletzt wurde er nach Informationen des DDR-Staatssicherheitsdienstes am 18. Oktober 1989 zusammen mit Gerd Kiefer, Uwe Petras und Eleonore P. in Eisenhüttenstadt  gesehen.

Am 31. Oktober 1989 informierte ein Vertreter des polnischen Grenzbevollmächtigten aus Gubin (Guben) seinen Ansprechpartner bei der DDR-Grenzbrigade Frankfurt/Oder über den Fund einer Wasserleiche. Demnach entdeckten Kräfte der polnischen Grenzschutztruppen am Grenzzeichen 451 im Raum Eisenhüttenstadt am polnischen Oderufer eine männliche Leiche. Der Tote habe DDR-Personalpapiere auf den Namen Dietmar Pommer bei sich geführt. Weitere Angaben zur Person seien noch nicht bekannt. Der zum Fundort der Wasserleiche herbeigerufene Arzt stellte den Tod durch Ertrinken fest. Wann genau Dietmar Pommer die Flucht durch die Oder gewagt hat, konnte nicht festgestellt werden. Auf Grund des Zustands der Leiche wurde angenommen, dass Pommers Tod etwa vier bis fünf Tage vor dem Auffinden der Leiche eingetreten sein müsse. Die Wassertemperatur der Oder lag in der letzten Oktoberwoche zwischen 8 und 12 Grad Celsius.
Am 2. November 1989 bat der Mitarbeiter der Hauptabteilung Konsularische Angelegenheiten des DDR-Außenministeriums, Sektorenleiter Heynert, den Rat des Kreises Ludwigslust um Verständigung der Angehörigen von Dietmar Pommer und um eine Entscheidung zu den Modalitäten der Leichenüberführung. Vier Tage später kündigte Heynert dem für Auslandsbeziehungen zuständigen Mitarbeiter der DDR-Generalstaatsanwaltschaft, Carlos Foth, die Überführung der Leichen von Dietmar Pommer und des ebenfalls in der Oder ertrunkenen DDR-Flüchtlings Uwe Petras an. Es stellte sich jedoch heraus, dass die beiden Toten bereits in Polen bestattet worden waren. Die polnischen Ermittlungsbehörden hatten am 9. November 1989 die Untersuchung zum Todesfall von Dietmar Pommer eingestellt, da kein Fremdverschulden feststellbar war, und den Leichnam zur Beisetzung freigegeben.
Gegen dieses Vorgehen der polnischen Behörden protestierte die Mutter von Dietmar Pommer am 15. November bei dem Städtischen Bestattungswesen in Berlin sowie beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA) der DDR, das daraufhin das polnischen Außenministerium um die Exhumierung der und Überführung der Leichen von Dietmar Pommer und Uwe Petras ersuchte. Der zuständige Mitarbeiter der Hauptabteilung Konsularische Beziehungen des DDR-Außenministeriums Kunert hielt Anfang April 1990 in einer Aktennotiz zur Kostenübernahme in den Strebefällen Petras und Pommer fest: „Um dem berechtigten Wunsch der Angehörigen auf Überführung zu entsprechen, musste eine Exhumierung der beiden Verstorbenen veranlasst werden. Die Überführung nach der Exhumierung wurde im Auftrage der Hinterbliebenen durch das Städtische Bestattungswesen Berlin vorgenommen.“ Die Kosten dafür würden wie üblich von den Angehörigen getragen. Die von polnischer Seite übermittelten Kosten für die dortige Beisetzung und Exhumierung in Höhe von 421.380,- Zloty pro Sterbefall könnten jedoch nicht den Angehörigen in Rechnung gestellt werden. Das sei nicht zumutbar, da von ihnen keine entsprechenden Aufträge erteilt wurden. Deswegen seien diese Kosten durch das DDR-Generalkonsulat in Wrocław zu begleichen. Diese Entscheidung bedeute eine Abkehr von der bisherigen Praxis des DDR-Außenministeriums, das in Fällen vor 1989 bei einer von Angehörigen gewünschten Exhumierung von vor Ort in sozialistischen Staaten bestatteten DDR-Bürgern den Familien die Kosten dafür aufbürdete. Die zuständigen Mitarbeiter des DDR-Außenministeriums handelten hier offenbar in der Erwartung des neuen demokratischen Amtschefs, als der Markus Meckel (SPD) nach den  ersten freien Wahlen in der DDR am 18. März 1990 bereits im Gespräch war.
Dietmar Pommer wurde in seiner Heimatstadt Ludwigslust beigesetzt. In seiner Todesanzeige hieß es: „Es war zu früh, aber das Schicksal ist hart.”


Biografie von Dietmar Pommer, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/327-dietmar-pommer/, Letzter Zugriff: 23.11.2024