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Biografisches Handbuch

Gerhardt Hinze

geboren am 17. Februar 1930 in Grabow | erschossen am 18. April 1951 in Moskau | Orte des Zwischenfalls: Volkspolizeibereitschaft Kietz/Elbe (Brandenburg) und Moskau
BildunterschriftGerhardt Hinze
BildquelleFSB Archiv / Memorial Moskau
Quelle: FSB Archiv / Memorial Moskau
Fünf Volkspolizisten des Grenzpostens Kietz an der Elbe hatten für den 4. September 1950 die gemeinsame Flucht in den Westen verabredet. Einer von ihnen war ein Informant des Staatsicherheitsdienstes. Er verriet die Fluchtpläne seiner vier Kameraden. Sie wurden der sowjetischen Militärjustiz übergeben, zum Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet. Darüber hinaus kam es in der Grenzbereitschaft zu acht weiteren Verhaftungen.

Das MfS verhaftete zwischen dem 4. und 15. September 1950 die 13 Volkspolizisten des Grenzpostens Kietz an der Elbe unter der Beschuldigung, sie hätten eine „faschistische Untergrundorganisation” gebildet und vom Kommando Kietz aus die politische Zersetzung in der Volkspolizeibereitschaft organisiert. Die Information über die angebliche Untergrundorganisation stammte von einem Stasi-Informanten: „Dem Verbindungsoffizier der Grenzbereitschaft Eldena wurde von ‚Kirche‘ gemeldet, daß die Vp.-Angestellten Roth, Wrona, Krause und Schwieger sich in der Nacht vom 4. zum 5.9.1950 zum Westen absetzen wollten.” Die Wachtmeister Egon Roth und Horst Schwieger sollen nach „Kirches” Angaben die Anführer der Gruppe gewesen sein.

Gerhardt Hinze arbeitete nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann seit 1947 zunächst als Forstarbeiter. Er meldete sich 1949 freiwillig zur Volkspolizei und kam seit Januar 1950 beim Grenzposten Kietz an der Elbe zum Einsatz. Obwohl er Kandidat der SED war, soll er sich einer Gruppe von Grenzpolizisten angeschlossen haben, die Gegner des SED-Regimes waren. Der DDR-Staatssicherheitsdienst nahm ihn am 6. September 1950 fest und lieferte ihn am 16. September 1950 der sowjetischen Militärjustiz aus, die ihn am 20. Dezember 1950 in Schwerin gemeinsam mit seinen Kameraden Heinz Krause, Egon Roth, Horst Schwieger, Werner Wendt und Walter Wrona zum Tode verurteilte. Ihnen wurde antisowjetische Tätigkeit, Spionage, Vorbereitung eines Aufstands und die Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation vorgeworfen. Im Unterschied zu den anderen unterstellte man Gerhardt Hinze keine Fahnenfluchtabsichten. Er wurde am 18. April 1951 in Moskau erschossen.

Ein Jahr später wussten seine Angehörigen noch immer nichts über das Schicksal von Gerhardt Hinze. Innenminister Karl Maron leitete am 15. März 1952 ein Schreiben von Hermann Hinze aus Grabow an den Chef der Deutschen Volkspolizei weiter. Hermann Hinze erkundigte sich darin nach seinem Bruder Gerhardt Hinze, geboren am 17. Februar 1930, der „in den Grenzdienst in Kietz bei Dömitz/Elbe genommen” wurde. Er sei seit dem 12. September 1950 spurlos verschwunden. Keine Dienststelle habe Auskunft über seinen Bruder geben können. Seine Mutter, die im Alter von 52 Jahren die Familie ernähre, da der Vater Schwerkriegsbeschädigter ist, sei sehr verzweifelt. Es gebe allerlei Gerüchte über den Verbleib seines Bruders. „Die Zeit des Naziterrors ist doch bei uns in der DDR vorbei, wo man die Menschen spurlos verschwinden ließ. Bei uns besteht doch eine Regierung und Volkspolizei des Volkes und aus dem Volke.” Er bitte deshalb um eine positive Auskunft. Wie zahllose andere Anfragen nach verschwundenen Personen schoben die DDR-Instanzen auch diese Anfrage zwischen den bürokratischen Instanzen hin und her. Wann die Familie eine Auskunft über das Schicksal von Gerhardt Hinze erhielt, geht aus den Archivunterlagen des MfS nicht hervor. Die russische Militärstaatsanwaltschaft rehabilitierte Gerhardt Hinze am 20. Dezember 2001.


Biografie von Gerhardt Hinze, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/286-gerhard-hinze/, Letzter Zugriff: 20.04.2024