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Biografisches Handbuch

Henry Kubatz

geboren am 31. August 1960 in Hermsdorf | Suizid am 6. Dezember 1980 | Kasernengelände der Grenzkompanie Rotheul (Thüringen)
BildunterschriftHenry Kubatz
BildquelleBStU
Quelle: BStU
Die Soldaten seines Zuges beurteilten ihn als sehr kameradschaftlich und „guten Kumpel“. Nach mehrfacher Maßregelung durch einen Vorgesetzten nahm sich Henry Kubatz das Leben.

Henry Kubatz wuchs in Hermsdorf als Einzelkind auf. Seine Eltern und Großeltern kümmerten sich liebevoll um den als sensibel und zurückhaltend beschriebenen Jungen. Wegen einer Gaumen- und Lippenspalte, die nach seiner Geburt durch eine Operation korrigiert worden war, litt er als Kind unter Sprachschwierigkeiten, über die ihm dann ein Spezialunterricht hinweghalf. Sein Vater hatte bei den DDR-Grenztruppen gedient, der Sohn wollte es ihm nachtun und erklärte sich zum dreijährigen Dienst bereit. Das trug nach dem Abitur an der Polytechnischen Oberschule „Juri Gagarin” dazu bei, dass er für das Studienjahr 1982/83 eine „Delegierung” an die TU Dresden für die Fachrichtung Physik erhielt.

Seit Herbst 1979 diente Henry Kubatz bei den Grenztruppen, als Unteroffizier führte er in der Grenzkompanie Rotheul einen Zug. Seine Soldaten empfanden ihn als sehr kameradschaftlich und als „guten Kumpel”. Er war FDJ-Gruppenorganisator und interessierte sich besonders für den Motorsport. Nachdem er durch eine Meldung veranlasst hatte, dass ein ihm vorgesetzter Hauptfeldwebel wegen einer Kompetenzüberschreitung gemaßregelt wurde, sprang dieser offenbar besonders hart mit ihm um. Ein Unteroffizier sagte später aus, Kubatz sei schlechter als andere über das Gebrüll dieses Feldwebels hinweggekommen. Er nahm sich die mehrfachen Zurechtweisungen offenbar sehr zu Herzen. Einem seiner Untergebenen fiel auf, dass Kubatz die häufigen Einsätze als Unteroffizier vom Dienst (UvD) sehr belasteten. Man merkte ihm an, dass er ständig unter Stress stand. Während des Posteneinsatzes an der Grenze äußerte er gegenüber einem Kameraden, „wenn ich die drei Jahre rumhabe, kann man mich in die Klappsmühle schaffen, dann brauche ich nicht mehr zu studieren”. Als ihn Hauptfeldwebel B. am 5. Dezember 1980 erneut wegen einer Nichtigkeit anschrie, muss Kubatz innerlich zerbrochen sein. In bedrückter Stimmung trat er am frühen Morgen des 6. Dezember 1980 seinen Dienst als UvD in der Kaserne an. Gegen 10 Uhr verließ er das Wachlokal und begab sich mit seiner Waffe hinter einen Garagenkomplex. Dort nahm er den Lauf seiner MPi in den Mund und drückte ab.

Hauptfeldwebel B. bestritt in seiner Vernehmung Vorhaltungen, er habe Kubatz heimzahlen wollen, dass dieser seine Kompetenzüberschreitung der Kompanieführung gemeldet hatte. Der ermittelnde Militärstaatsanwalt schrieb in seinem Abschlussbericht, es habe keine ernsthaften Drangsalierungen von Kubatz gegeben, obgleich mehrere Zeugenaussagen genau das nahelegten.


Biografie von Henry Kubatz, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/267-henry-kubatz/, Letzter Zugriff: 29.03.2024