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Biografisches Handbuch

Karl Matz

geboren am 3. Juli 1915 in Meuselbach | erschossen am 3. August 1964 | Ort des Vorfalls: Neuenbau, Kreis Sonneberg (Thüringen)
BildunterschriftKarl Matz
BildquelleGrafe, Roman: Die Grenze durch Deutschland; Foto von Max Heinz
Quelle: Grafe, Roman: Die Grenze durch Deutschland; Foto von Max Heinz
Zwei Stunden nach einem Streit mit einem SED-Funktionär wurde der im Grenzsperrgebiet lebende Karl Matz am 3. August 1964 gegen 2.15 Uhr bei Neuenbau, Kreis Sonneberg, von Grenzposten angehalten. Diese schossen ihm mehrfach in die Beine, da er angeblich eine mitgeführte Wehrmachtspistole durchgeladen hatte. Karl Matz starb noch am selben Tag im Krankenhaus an Kreislaufversagen nach starkem Blutverlust.

Karl Matz stammte aus einer Meuselbacher Arbeiterfamilie und war nach dem Besuch der Volksschule als Arbeiter tätig. Ab 1936 gehörte er dem Arbeitsdienst und anschließend der Wehrmacht an, zuletzt als Stabsgefreiter. Während des Krieges in Russland wurde er mit der Ostmedaille, dem Kriegsverdienstkreuz und dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Von 1947 bis 1952 diente er bei der damaligen Grenzpolizei. In anderen Überlieferungen ist von einer Dienstzeit bis 1950 die Rede. Auch über seinen Dienstgrad gibt es unterschiedliche Angaben, er war bei seiner Entlassung entweder Ober- oder Hauptwachtmeister. Überliefert ist auch eine SED-Mitgliedschaft ohne besonderes Engagement für die Parteiarbeit. Nach der Zeit bei der Grenzpolizei arbeitete Matz beim VEB Sternradio Sonneberg und seit 1961 im VEB Elektronische Fabrik Sonneberg. Die Betriebsleitung beurteilte seine Arbeitsleistungen positiv. In seiner Freizeit ging er mit Freunden seinem Hobby, dem Brieftaubensport, nach.

Obwohl Karl Matz SED-Mitglied war, war er mit den Zuständen in der DDR unzufrieden. Ende Dezember 1963 soll Matz nach wiederholtem vergeblichem Warten auf einen Bus die SED-Kreisleitung als „Spitzbuben“ bezeichnet und einen Funktionär bedroht haben. Im März 1964 wurde er deshalb wegen „Staatsverleumdung“ zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Am Abend des 2. August 1964 kam es zwischen Matz und dem Bürgermeister seines Wohnortes während einer Tanzveranstaltung zu einem Streit. Auf dem Heimweg soll Matz einen Sekretär der SED-Kreisleitung beschimpft haben. Es gibt unterschiedliche Darstellungen darüber, ob eine Schlägerei stattfand oder es infolge des Eingreifens Dritter bei Verbalinjurien blieb. Das Haus in Neuenbau, Kreis Sonneberg, in dem Matz mit seiner zweiten Frau und ihren beiden Kindern wohnte, war nur ca. 150 Meter von der innerdeutschen Grenze entfernt. Es stand aufgrund der vorangegangenen Ereignisse in dieser Nacht unter besonderer Beobachtung. Um 2.10 Uhr verließ Matz aus ungeklärten Gründen sein Haus und grub im Garten eine dort versteckte Mauser 08 aus dem Zweiten Weltkrieg aus. Als er sich den Beobachtungsposten näherte, forderten diese ihn auf, sofort stehenzubleiben. Sie gaben später an, er habe dem keine Folge geleistet und erklärt, doch wohl sein Haus verlassen zu können. Dann sei er im Dunkeln verschwunden. Daraufhin ließ der Postenführer einen Warnschuss abgeben und den Diensthund von der Leine, der den Gesuchten an einer Böschung stellte. Im Lichtkegel ihrer Stablampe wollen die beiden Grenzer gesehen haben, dass Matz eine Wehrmachtspistole aus seiner Jacke zog und durchlud. Laut Bericht des Postenführers leistete er der Aufforderung, die Waffe fortzuwerfen, keine Folge. Daraufhin befahl der Postenführer, das Feuer zu eröffnen. Matz wurde mehrfach in beide Beine getroffen und schwer verletzt ins Kreiskrankenhaus Sonneberg gebracht. Nach 20 Stunden, gegen 22 Uhr, verstarb Karl Matz an starkem Blutverlust infolge der Schussverletzungen. Vorher bestritt er gegenüber dem behandelnden Arzt noch jede Fluchtabsicht. Er habe mit „einem Hitlerjugendführer abrechnen“ wollen. Sowohl der Bürgermeister als auch der Sekretär der SED-Kreisleitung waren vor 1945 ortsbekannte Anhänger des NS-Regimes gewesen. Das MfS und die Staatsanwaltschaft gingen dennoch in ihren Berichten von einem vereitelten Fluchtversuch aus.

Die Obduzenten zählten acht Durchschuss- und zwei Streifschussverletzungen. Als Todesursache vermerkten sie „Kreislaufversagen nach starkem Blutverlust“. Nach Ansicht des behandelnden Arztes im Kreiskrankenhaus Sonneberg hätte Matz durch eine Bluttransfusion gerettet werden können. Eine solche sei aber vom Chefarzt des Krankenhauses abgelehnt worden. Neben seiner Frau und den gemeinsamen zwei Kindern hinterließ Karl Matz auch aus erster Ehe zwei Kinder.


Biografie von Karl Matz, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/130-karl-matz/, Letzter Zugriff: 28.03.2024