Wolfgang Priebus wurde im März 1956 im beschaulichen Städtchen Radebeul bei Dresden geboren. Zum Zeitpunkt seines Fluchtversuches war er 22 Jahre alt und als Student der Verarbeitungs- und Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Dresden immatrikuliert.
Aus seiner wenig bekannten Kindheit und Jugend heraus lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren, wie Priebus zu dem Entschluss kam, die DDR auf eigene Faust und ohne Genehmigung zu verlassen. Seine Leiche war am 9. August von Soldaten der 5. Grenzkompanie (GK) um drei Uhr nachts gefunden worden. In dieser Jahreszeit kam es nicht selten zu tödlichen Unglücksfällen beim Baden, die nichts mit Fluchtversuchen zu tun hatten.
Die Leiche von Wolfgang Priebus hat nach Schätzung durch die Gerichtsmedizin Rostock etwa zwei Tage im Wasser gelegen, bevor sie von den Soldaten der 5. GK gefunden wurde. Durch die kurze Liegezeit war es den Obduzenten in Rostock möglich, eine Alkoholbeeinflussung auszuschließen und den Ertrinkungstod festzustellen.
Die entscheidenden Hinweise dafür, dass Wolfgang Priebus nicht beim Baden ertrunken war, gaben seine Kleidung und vor allem die Gegenstände, die er bei sich führte, als er tot geborgen wurde: Er war mit Badekappe, Badehose und Schwimmflossen bekleidet. In seiner Badehose führte er, in Folie wasserdicht verpackt, alle seine wichtigsten Dokumente mit sich: Wehrpass, Erkennungsmarke der NVA, Personalausweis, Fahrerlaubnis, Abschlusszeugnis der Reifeprüfung, seinen Studentenausweis und etwas Geld. Als einzigen Gegenstand hatte er darüber hinaus einen Kompass bei sich.
Er war also mit einer Schwimmausrüstung ins Wasser gegangen, die ihn theoretisch in die Lage versetzt hat, lange und ohne sichtbare Orientierungspunkte durch die Ostsee zu schwimmen und führte dabei seine wichtigsten Papiere mit sich. So geht kein Sommerurlauber baden. Mit dieser Ausstattung an Schwimmhilfen und wichtigen, wasserdicht verpackten persönlichen Dokumenten, haben viele Flüchtlinge versucht, den Weg durch die Lübecker Bucht zu nehmen, um entweder das bundesdeutsche Ufer, oder ein westliches Schiff zu erreichen.
Der Fundort von Wolfgang Priebus‘ Leiche deutet allerdings darauf hin, dass er einen anderen Weg gewählt haben musste. Beispielsweise könnte er versucht haben, Schiffe auf der Außenreede des Hafens Warnemünde, die in der Ostsee auf ihre Weiterfahrt warteten, anzuschwimmen, um sich ins westliche Ausland mitnehmen zu lassen. Die Fähren von Rostock nach Gedser wurden inzwischen so streng kontrolliert, dass ein Fluchtversuch auf ihnen ausgeschlossen war.
Aber die Fährlinie nach Gedser war betonnt und es ist heute nicht auszuschließen, dass Priebus versuchen wollte, sich von so einer Tonne aus von einem westlichen Schiff mitnehmen zu lassen. Welchen Weg er dazu auch für sich vorgesehen hatte, seine Ausstattung zeigte: Er wollte die DDR durch die Ostsee verlassen.