Werner Raßloff wurde am 24. Oktober 1945 in Erfurt geboren und wuchs bei seinen Eltern im thüringischen Gebesee auf. Mehr ist zu seiner Kindheit nicht bekannt.
1960 hatte er als Jugendlicher das erste Mal die DDR auf ungesetzlichem Wege verlassen. Das erste Mal über den Raum Sonnenberg, doch aufgrund seines Alters wurde er zurückgeschickt. Im Dezember 1960 gelang es ihm, nach West-Berlin zu kommen und fuhr von dort mit einem Güterzug nach Helmstedt. Er blieb mehrere Jahre in Westdeutschland, wo er einer Ausbildung im Bergbau nachging. Doch scheinbar kam es zu Konflikten und mit 19 Jahren reiste er am 27. November 1964 zurück nach Gebesee in die DDR und wurde als sogenannter Rückkehrer registriert. Aus welchen Gründen genau er in die DDR zurückreiste, ist nicht bekannt, doch scheinbar war es nicht sein Ziel, zu bleiben. Kurz nach Weihnachten, am 26. Dezember 1964, wurde er in den frühen Abendstunden im südlichen Thüringen kurz vor der Landesgrenze zu Bayern entdeckt und in Sülzfeld, Kreis Meinigen, um 19:30 Uhr festgenommen. Man fand bei ihm einen Ausschnitt aus einer Landkarte die den Grenzkreis Meiningen abbildete und vier Fahrkarten. Dem Festnahmeprotokoll ist zu entnehmen, dass er schon zuvor am 8.und am 14. Dezember Fluchtversuche unternommen hatte. Zudem gab er bei der Festnahme an, dass er nach Verbüßung seiner Strafte wieder versuchen werde, die DDR zu verlassen. Zuerst wurde er in der Untersuchungshaftanstalt Untermaßfeld untergebracht und am 8. Januar 1965 dann nach Erfurt verlegt, wo er in der Untersuchungshaftanstalt des MfS festgehalten wurde. Da es zu dieser Zeit noch keinen § 213 StGB gab und somit der Straftatbestand des ungesetzlichen Grenzübertritts noch nicht existierte, wurde er wegen des Vergehens gegen das §8 des Passgesetzes angeklagt. In der Anklageschrift vom 12. März 1965 gegen Raßloff wurde ihm die „Verletzung der Sicherheit an der Staatsgrenze der DDR und damit der Gefährdung der ordnungsgemäßen Tätigkeit der Staatsorgane“ vorgeworfen. Bis zur Anklageschrift war er schon fast drei Monate in Untersuchungshaft, das Strafmaß betrug 6 Monate Gefängnis mit einer anschließenden Bewährungszeit von zwei Jahren.
Am 6. April 1965 wurde Raßloff entlassen und lebte dann im Norden Thüringens nahe der Grenze zu Sachsen-Anhalt in Franzberg, Kreis Sonderhausen. Einem Aktenvermerk der Kreisdienststelle Sonderhausen vom 25. September 1965 zufolge wohnte er dort alleine in einem Zimmer, soll viel mit Gleichaltrigen und Jugendlichen zusammengekommen sein und auch viele Gaststätten besucht haben. Es wurde beobachtet, dass er in den Abendstunden stets erst spät nach Hause kam. Seine Lebenswelt schien für das MfS von Interesse zu sein und er sollte als Geheiminformant “Streichmann” sein Umfeld aushorchen. Vermutlich war er aufgrund seiner noch laufenden Bewährung zu einer Kooperation genötigt. Eine tatsächliche Zusammenarbeit widerstrebte ihm. Um sich aus dieser unfreiwilligen Verbindung zu lösen, gab er an, dass er an, dass er sich im Dezember 1966 mit Schlaftabletten das Leben nehmen wollte. Eine polizeiliche Überprüfung ergab, dass die Dosis zu gering gewesen war. Durch einen anderen Geheiminformanten, der mit Raßloff zu tun hatte, wurde dem MfS berichtet, dass er eine Zusammenarbeit nicht mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, da dies seiner Ansicht nach ein Verbrechen wäre und er seine Freunde nicht verpfeifen würde. Aufgrund seiner konsequenten Ablehnung und weiterer Versuche, die DDR zu verlassen, wurde die angestrebte Zusammenarbeit seitens des MfS eingestellt und Raßloff musste auf Beschluss des Rates der Stadt Sonderhausen in Arbeitserziehung gehen. Vom 17. März 1967 bis zum 19. September 1968 war er im Arbeitserziehungskommando Bitterfeld untergebracht, wo man versuchte, ihn mittels Arbeit zu einem “sozialistischen Menschen” zu erziehen.
Werner Raßloff lernte dann eine Frau kennen, die er heiratete und mit der er drei Kinder bekam. Doch sein Leben beruhigte sich damit nicht. Im Jahr 1969 erhielt er erneut eine Vorstrafe, für welches Delikt, ist nicht bekannt. Auch die Ehe stand unter keinem guten Stern und 1973 kam es zur Scheidung. Spätestens dann scheint er ausreichend auffällig gewesen zu sein, um ihn erneut unter Beobachtung zu stellen: Auf den 25. August 1973 ist ein Operativplan datiert, der seine Beschattung veranlasste. Durch inoffizielle Mitarbeiter (IM) sollte er am Arbeitsplatz immer unter Kontrolle sein, um sein dortiges Verhalten und seine Verbindungen in Erfahrung zu bringen. Die Leitfragen sollten ein Persönlichkeitsprofil ergeben, das über seine Arbeitsstelle hinaus auch sein Privatleben hinsichtlich der Sexualität, Familienverantwortung, Freizeitgestaltung bis hin zum Alkoholkonsum beinhaltete. Eine als IM eingesetzte Person scheint aus seinem näheren Umfeld gewesen zu sein. Deren Aufgabe war es, regelmäßig Beurteilungen über Raßloff anzufertigen sowie Disziplinarverstöße von ihm in Erfahrung zu bringen und sofort zu melden. Eventuelle Ergebnisse zu diesem Operativplan sind nicht bekannt.
Einen weiteren Versuch, die DDR zu verlassen scheint Werner Raßloff im Jahr 1975 unternommen zu haben. Zu dieser Zeit war er Rangiermeister bei der Hafenbahn Rostock. Er hatte jedoch offiziell seinen Hauptwohnsitz in Nordhausen in Thüringen. Am 5. September 1975 nachmittags um 17:30 Uhr meldete er sich an seinem Arbeitsplatz zur Pause ab, kam aber nicht zurück. Er wurde als in Rostock vermisst gemeldet. Eine Woche darauf gab das VPKA Nordhausen den Rostocker Kollegen den Hinweis, dass Raßloff wohl einen ungesetzlichen Grenzübertritt plante und die Vermisstenmeldung wurde in einen Verdacht des ungesetzlichen Grenzübertrittes umklassifiziert.
Ob er infolgedessen festgenommen und in Haft kam oder unbehelligt einfach wieder auftauchte, ist bisher nicht bekannt. Doch es scheint etwas geschehen zu sein, das dazu führte, dass am 29. Oktober 1977 ein Schwerbeschädigtenausweis für den zu diesem Zeitpunkt gerade 32 Jahre alten Werner Raßloff ausgestellt wurde.
Wann Werner Raßloff in der Ostsee tödlich verunglückte, ist nicht überliefert. Den Akten ist zu entnehmen, dass beim Volkspolizeikreisamt Erfurt eine Vermisstenmeldung zu ihm vorgelegen hat. Mit welchem Datum, ist nicht überliefert, aber es handelt sich um die Tagebuchnummer 2788/78, was belegt, dass es 1978 war.
Am 24. August 1978 gegen 9:00 Uhr morgens wurde am Weststrand von Prerow in Höhe Esper Ort eine unbekannte männliche Wasserleiche unmittelbar am Wasserschlag aufgefunden. Schon damals vermutete man, dass es sich um den vermissten Werner Raßloff handeln könnte. Doch da der Körper vermutlich seit zwei bis sechs Monaten im Wasser lag und sich in einem schon stark fortgeschrittenen Verwesungsstadium befand, wäre eine Identifizierung nur anhand des Zahnstands möglich gewesen und zu Werner Raßloff existierte keine zahnärztliche Patientenakte. Der zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte Tote wurde auf dem Friedhof in Wieck/Darß beerdigt. Im November kam dann durch das Volkspolizeikreisamt Erfurt ein entscheidender Hinweis: Es wurde vermutet, dass bei der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises im Zuge der Untersuchungen mit Sicherheit auch ein Zahnstatus erhoben wurde. Man solle noch einmal beim ausstellenden Arzt ermitteln. Die Idee war hilfreich, denn es wurden Schädelröntgenaufnahmen gemacht. Die Leiche wurde exhumiert und anhand einer vergleichenden Untersuchung anhand der Schädelaufnahmen konnte der unbekannte Mann am 17. November 1980 als Werner Raßloff identifiziert werden.