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Biografisches Handbuch

Unbekannte Person vom 21. Oktober 1967

Geburtsdatum nicht bekannt | am 21. Oktober 1967 als Wasserleiche aus der Boltenhagener Bucht geborgen | Ort des Vorfalls: Ostsee
Am 21. Oktober 1967 entdeckte ein Fischer beim Hieven der Grundleine eine Wasserleiche. Bis heute konnte der Mann nicht identifiziert werden.

Am Samstag, den 21. Oktober 1967, zog der Fischer J. S. gegen 11:00 Uhr morgens seine Grundleine in der Boltenhagener Bucht, als er eine männliche Wasserleiche entdeckte. Nachdem der Körper vom Löschboot „Fortschritt“ geborgen und nach Wismar gebracht wurde, fand am 23. Oktober dort eine gerichtsmedizinische Sektion statt, bei der auch ein Staatsanwalt und ein Vertreter der Kriminalpolizei anwesend waren.

Der Mann war nur noch teilweise bekleidet, sein Körper befand sich im fortgeschrittenem Fäulniszustand. Er war ca. 180 cm groß. Der Todeszeitpunkt konnte nicht mehr bestimmt werden, doch es wurde eine Wasserliegezeit von nicht unter zwei bis drei Wochen geschätzt.

Die Kleidungsreste waren schon sehr zerschlissen, doch es war erkennbar, dass die Person ursprünglich zwei paar lange Unterhosen übereinander getragen hatte. An den unteren Enden waren an die Knöchelbünde grobstichig jeweils Socken angenäht. Diese ungewöhnliche Art der Bekleidung ließ seitens der Behörden den Verdacht aufkommen, dass es sich bei dem Mann um jemanden handelte, der „ungesetzlich auf dem Seewege die DDR verlassen wollte.“  Dieser Verdacht wurde gestützt durch Tabletten, die im Zuge der Obduktion im Speisetrakt gefunden wurden. Die toxikologische Untersuchung ergab, dass es sich um Glutaminsäuredragees handelte. Dieser Wirkstoff dient der Steigerung körperlicher- und geistiger Leistung und ist rezeptfrei erhältlich.

Es wurde überlegt, ob es einen Zusammenhang zu Funden von Gegenständen mehrere Wochen zuvor gäbe: Am 12. August 1967 wurden am Strand von Steinbeck zwei Koffer mit Bekleidung gefunden, von denen einer leer war und in den der Name „A. Fritsche“ eingeschrieben war. Vermutet wurde, dass hier zwei Personen abgelandet waren. Die Spuren wiesen aber auch darauf hin, dass eine Person das Wasser und den Strand wieder verließ. Neben gängiger Bekleidung und Gegenständen befanden sich unter den Fundstücken auch eine selbstangefertigte gummierte Wattejacke, ein Paar Schwimmflossen, eine Taucherbrille, ein Paar Gasschutzhandschuhe und ein Kartenausschnitt des Küstenbereichs des Kreises Grevesmühlen. Weiterhin befanden sich in einem der Kleidungsstücke mehrere Glutaminsäuredragees. Am 13. August 1967 wurden zudem im Raum Redewisch weitere Gegenstände gefunden, die sich eindeutig zuordnen ließen: Sie gehörten dem Jenaer Studenten Frank Hille und es wurde erwogen, dass es sich bei ihm um die Person handeln könnte, die auch in Steinbeck schon Spuren hinterlassen hatte.

Die Sektionsergebnisse und vor allem die Informationen über den Zahnstatus ergaben, dass der unbekannte Tote nicht der seit August verschwundene Frank Hille war. Dass es sich bei dem Toten um A. Fritsche handelte, konnte nicht ermittelt werden, da der vermeintliche Koffereigner trotz Bemühen nicht aufgespürt werden konnte. Doch die Glutaminsäuredragees, die sich bei den Fundsachen vom 12. August wie auch in der Leiche fanden, weisen auf einen Zusammenhang hin. Auch die Nähe des Strandes von Steinbeck zur Boltenhagener Bucht wie auch die geschätzte Liegezeit des unbekannten Toten von mehr als drei Wochen lassen die Annahme einer Verbindung zu.

Der unbekannte Mann wurde auf dem Friedhof Wismar bestattet.


Biografie von Unbekannte Person vom 21. Oktober 1967, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/unbekannte-person-vom-21-oktober-1967/, Letzter Zugriff: 27.04.2024