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Biografisches Handbuch

Sylvia Plätschke

geboren am 6. Mai 1961 | Selbsttötung am 23 Januar 1981 | in Zittau
BildunterschriftSylvia Plätschke
BildquelleBStU, MfS BV Dresden AS/AU 616/89
Quelle: BStU, MfS BV Dresden AS/AU 616/89
Nach einem im tschechoslowakischen Grenzgebiet gescheiterten Fluchtversuch wurde Sylvia Pätschke im September 1980 wegen versuchten ungesetzlichen Verlassens zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Sie kam jedoch bereits im Dezember 1980 wieder auf freien Fuß. Am 23. Januar 1981 schied sie mit ihrem Freund Rolf Bretschneider nach abgelehntem Ausreiseantrag aus dem Leben.

Sylvia Isolde Plätschke kam am 6. März 1961 in Seifhennersdorf als Tochter von Isolde und Hubert Plätschke zur Welt. Die Ortschaft lag zu DDR-Zeiten im Landkreis Zittau (heute Görlitz) unweit der tschechoslowakischen Grenze. Nach ihrem Schulabschluss studierte Sylvia Plätschke an der Ingenieurschule für Maschinenbau in Bautzen. Am 8. September 1980 reiste sie mit ihrem ein Jahr jüngeren Bekannten Stefan R. in die Tschechoslowakei. Zwei Tage später, am 10. September 1980 gegen 0.30 Uhr wurden sie bei Tachov in der ČSSR-Grenzsperrzone festgenommen. In einer ersten Vernehmung gestanden beide ihre Fluchtabsicht nach Westdeutschland. Die Untersuchungsabteilung (Abt. IX) der MfS-Bezirksverwaltung Dresden erließ am 23. September 1980 Haftbefehle gegen die Studentin und ihren Freund. In ihrer Vernehmung durch den Staatssicherheitsdienst sagte Sylvia Plätschke laut MfS-Protokoll aus, sie habe versucht, “die Staatsgrenze der ČSSR zur BRD ungesetzlich zu überschreiten“, um zu ihrem Onkel nach Würzburg zu gelangen, der dort in einem Kaufhaus der US-Armee beschäftigt war. Auch Stefan R. hatte die Absicht in Westdeutschland zunächst bei einer Verwandten unterzukommen. Die beiden jungen Leute wurden wegen des Fluchtversuche nach § 213, ungesetzliches Verlassen, zu Haftstrafen von einem Jahr verurteilt.

Die Ingenieurschule Bautzen exmatrikulierte die Studentin, die nach ihrer Haftentlassung am 19 Dezember 1980 ohne Beschäftigung war. Sie wohnte dann bei ihrem 21jährigen Freund Rolf Bretschneider in die Zittauer Dornspachstraße. Brettschneider war wegen eines Fluchtversuchs, den er als 16jähriger 1975 unternommen hatte nach § 213 sowie wegen Diebstahls sozialistischen Eigentums und Hehlerei im Jahr 1980 vorbestraft. Da Paar stellte einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik Deutschland, der offenbar abgelehnt wurde. Am 12. Januar 1981 lud die Abteilung Inneres des Kreisrates Zittau Sylvia Plätschke und Rolf Bretschneider vor und führte mit ihnen „eine Aussprache zur Erreichung eines gesellschaftsgemäßen Verhaltens“.

Am 23. Januar 1981 gegen 4.30 Uhr fiel einem Nachbarn ein Zettel an der Wohnungstür Rolf Brettschneiders und Gasgeruch auf. Auf dem Zettel befand sich die handschriftliche Warnung: „Macht bitte kein Licht und vom Klingeln keinen Gebrauch, sonst fliegt das ganze Haus in die Luft“. Die herbeigerufene Volkspolizei öffnete gewaltsam die Wohnungstür und fand Sylvia Plätschke und Rolf Bretschneider tot vor. Als Todesursache wurde eine Gasvergiftung festgestellt. Auf der Rückseite des an der Wohnungstür angebrachten Zettels stand in Brettschneiders Handschrift: „Man hat uns so weit getrieben, vor allem die Scheiß-Staatsorgane, machts gut, grüßt bitte ihre Eltern und meine Mutter von mir.“

Die Untersuchungsführer des MfS notierten auf ihrer Kerblochkarteikarte unter der Überschrift „gemeinsamer Selbstmord durch CO-Vergiftung“, es bestehe „keine Öffentlichkeitswirksamkeit des Zettels“. Vom Text habe nur der Nachbar und dessen Frau Kenntnis.


Biografie von Sylvia Plätschke, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/sylvia-plaetschke/, Letzter Zugriff: 28.04.2024