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Biografisches Handbuch

Klaus-Dieter Mosler

geboren am 10. März 1943 in Halle | vermisst seit dem 16. August 1961 | Ostsee
BildunterschriftKlaus-Dieter Mosler
BildbeschreibungPassfoto von Klaus-Dieter Mosler in dessen ZERV-Sammelakte.
BildquelleLAB, D Rep. 120-02, Nr. 189
Quelle: LAB, D Rep. 120-02, Nr. 189
Klaus-Dieter Mosler bestieg am 16. August 1961 um 19:15 Uhr die Fähre von Saßnitz nach Trelleborg und kehrte nicht wieder zurück in die DDR. Über seinen Verbleib ist bis heute nichts bekannt.

Klaus-Dieter Mosler wurde am 10. März 1943 in Halle geboren und lebte dort auch bis zu seinem Verschwinden. Er hatte noch eine Schwester, die sich in den 1990er Jahren nachdrücklich für die Klärung des Schicksals ihres Bruders eingesetzt hat.
Über seine Kindheit und Jugend ist so gut wie nichts bekannt. Klaus-Dieter galt als intelligenter junger Mann, der wohl auch prosaisch begabt war. Er war in Halle Mitglied des „Zirkels Schreibender Arbeiter“. Eine seiner Geschichten, „Elvie und die Niethose“, sollte im November 1961 veröffentlicht werden.
Am 14. August, dem Tag nach dem Beginn des Baus der Berliner Mauer und der starken Befestigung der Grenze der DDR zur BRD, begab sich Klaus-Dieter Mosler nach Rügen, um dort Urlaub zu machen. Zumindest gingen seine Eltern, denen er auf einer Postkarte vom 15. August geschrieben hatte, dass er am 16. August nach Schweden fahren wollte, davon aus. Er betrat die Fähre „Saßnitz“ in Sassnitz auch tatsächlich an diesem Tag um 19:14 Uhr und fuhr nach Schweden.
Seitdem ist Klaus-Dieter Mosler verschollen. Sein Vater begann sofort mit der Suche nach seinem Sohn und kontaktierte dafür verschiedenste Stellen innerhalb und außerhalb der DDR. Diese seien hier genannt: Königlich-Schwedisches Generalkonsulat, Komitee des internationalen Roten Kreuzes in Genf, Seepolizei (Abt. Transport) Stralsund, NVA Dienststelle Stralsund, Volkspolizeikreisamt Stralsund und Rügen, Kanzlei des Staatsrates der DDR, Deutsches Rotes Kreuz in Dresden und Ostberlin.
All diese Kontakte brachten Klaus-Dieter Moslers Vater nicht mehr als eine Bestätigung dessen, was er sowieso schon gewusst hatte. Klaus-Dieter hatte die Fähre wirklich betreten, aber er war anscheinend nicht in Schweden eingereist, wie ihm das Generalkonsulat mitgeteilt hat. Ebenso war er aber nicht zurückgekommen, wie ihm die Transportpolizei mitgeteilt hat. Die Volkspolizei ging inzwischen davon aus, dass Mosler aus unbekannter Ursache über Bord gegangen sein musste.
Bis zur Wiedervereinigung erhielten die Eltern Moslers keine neuen Informationen zum Verbleib ihres Sohnes. Erst danach konnten sie einige andere Stellen bemühen; außerdem nahm sich die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) in Berlin des Falles an. Auch sie konnten jedoch keine konkreten Spuren aufdecken. Stattdessen tauchten neue Diskrepanzen auf: Nach Unterlagen der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU), die dem Suchdienst des DRK vorlagen, war Mosler Ende 1961, und zwar auch im August, in der DDR in Haft. Für diese Notizen der KgU ließ sich aber weder im Bundesarchiv noch in der Zentralen Auskunftsstelle des Justizvollzuges Nachweise finden.
Die Ermittlungen konnten also kaum zur Klärung beitragen. Mosler hatte nach Angaben der Volkspolizei Rügen keinen Zeltplatz auf Rügen. Das ist ein Indiz, das für eine eventuelle Fluchtabsicht von Mosler spricht. Allerdings wäre das riskant gewesen, weil er sich so direkt gegenüber den örtlichen Behörden in Verdacht bringen würde, wenn er dort kontrolliert und dann eben als unangemeldeter Besucher entdeckt worden wäre. Alle DDR-Bürgerinnen und Bürger hatten sich bei einem Aufenthalt von mehr als einem Tag an der Ostseeküste anzumelden. Sein Reiseziel Schweden eignete sich auch wenig als Zielland einer Flucht, denn dort lieferte man Gefangene an die DDR aus.
Die Schwester von Klaus-Dieter Mosler hat im Verlauf der 1990er Jahre und auch nach der Jahrtausendwende nichts unversucht gelassen, um ihren Bruder zu finden und stellte Anfragen an das Bundesinnenministerium, die Behörde für Stasi-Unterlagen, die Stiftung für ehemalige Politische Häftlinge in Berlin und das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben in Berlin. Diese verliefen allesamt negativ.
In einem Sachstandsbericht vom 28. Dezember 1998 kann der zuständige Ermittler der ZERV dann auch nur noch das Bekannte zusammenfassen. Zur Diskrepanz zwischen Moslers Ausreise und seiner angeblichen Haft zur selben Zeit notierte er abschließend: „Ansätze zur Klärung dieses Widerspruches werden hier zurzeit nicht gesehen.“
Klaus-Dieter Moslers Fall bleibt damit komplex. Trotz der undurchsichtigen Indizienlage lässt sich nicht ausschließen, dass Mosler mit Fluchtabsicht von Bord der „Saßnitz“ gesprungen war und im Zuge dessen ums Leben gekommen ist. Die Haftnachweise können wohl vernachlässigt werden, denn die gesamten Schilderungen des Vaters und der Schwester von Klaus-Dieter Mosler, beispielsweise über dessen Urlaub und Postkarte, würden sonst überhaupt keinen Sinn ergeben.


Biografie von Klaus-Dieter Mosler, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/klaus-dieter-mosler/, Letzter Zugriff: 28.04.2024