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Biografisches Handbuch

Joachim Twardowski

geboren am 20. Dezember 1923 in Klein Kottorz (heute: Kotórz Mały, Polen) | erschossen am 2. März 1950 | Ort des Vorfalls: sächsisch-bayerische Grenze, Nähe Heinersgrün (Sachsen)
Am frühen Morgen des 2. März 1950 versuchte Joachim Twardowski, ein 26-jähriger Flüchtling aus Oberschlesien, gemeinsam mit einem Begleiter der Kontrolle durch DDR-Grenzpolizisten zu entgehen. Nach einem Gerangel mit einem Posten löste sich ein Schuss aus dessen Karabiner, der Twardowski tödlich traf.

Joachim Twardowski stammte aus Klein Kochen, Kreis Oppeln in Oberschlesien (heute: Kotórz Mały, Polen), und war von Beruf Tischler. Er lebte kurz vor seinem Tod im Lager Hof-Moschendorf in Bayern. Dort wurde er zuletzt am 1. März 1950 gesehen. Er äußerte die Absicht, zusammen mit einem anderen Lagerbewohner die Grenze in Richtung Osten zu überschreiten.

Tatsächlich beobachteten zwei DDR-Grenzpolizisten Twardowski zusammen mit seinem Begleiter am 2. März an der Straße zwischen Großzöbern und Krebes bei Heinersgrün im Vogtland. Polizeiliche Ermittlungen in den 1990er Jahren ergaben, dass diese beiden VP-Wachtmeister, die gerade einen festgenommenen „Grenzverletzer“ zur Volkspolizeiwache Heinersgrün brachten, Twardowski und seinen Begleiter bemerkten, als diese die Straße in Richtung Wald verließen. Nach kurzer Verfolgung blieben beide stehen. Wachtmeister Jörg Schulze forderte sie auf, mit ihm zurück zur Straße zu gehen. Schulze gab gegenüber den Ermittlern in den 1990er Jahren an, es sei dann zu einem Handgemenge zwischen ihm und den beiden Männern gekommen, in dessen Verlauf er zu Boden ging. Er sei in die Nase gebissen und gewürgt worden. Schließlich habe er sich befreien können und nach seinem am Boden liegenden Karabiner gegriffen und ihn entsichert. Beim Aufstehen sei er ausgerutscht und ein Schuss habe sich gelöst, der Twardowski in den Kopf traf. Laut Tagesrapport der DDR-Grenzpolizei vom 4. März 1950 muß Schulz damals angegeben haben, dass die Schussabgabe auf Twardowski gezielt aus vier bis sechs Metern Entfernung erfolgt sei. Zur Diskrepanz zwischen seinen damaligen Einlassungen und den Aussagen bei der polizeilichen Vernehmung in den 1990er Jahren erklärte Schulz, er habe unmittelbar nach dem Geschehen „peinlichen Befragungen“ aus dem Weg gehen wollen und deswegen den Anschein eines vorschriftsmäßigen Handelns vorgespiegelt. Genaueres über die tatsächlichen Abläufe wird sich nicht mehr ergründen lassen. Die Ermittler akzeptierten die Darstellung von Schulze und gingen von Notwehr aus, da er selbst lebensgefährlich bedroht worden sei. Nach Angaben der Bayerischen Grenzpolizei erfolgte die Bestattung von Joachim Twardowski in Großzöbern.


Biografie von Joachim Twardowski, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/7-joachim-twardowski/, Letzter Zugriff: 29.03.2024