Ulrich Weller erblickte am 22. März 1957 in der sächsischen Kleinstadt Pirna das Licht der Welt. Über seine Kindheit und Jugend ist nicht viel bekannt. Als er zum Wehrdienst in das Wachregiment des Ministeriums für Staatssicherheit „Felix Dzierzynski“ wurde, war Ulrich ein recht unpolitischer junger Mann, der sich mehr für Frauen und Autos interessierte und nicht ahnte, welchen Charakter das mit den Söhnen linientreuer Genossen bestückte Regiment hatte. So verpflichtete er sich, für drei Jahre in der NVA und beim Wachregiment zu bleiben. Der besondere ideologische Eifer, der in seinem Regiment herrschte, führte schließlich dazu, dass er häufiger mit seinen Kameraden in Auseinandersetzungen geriet. Ein Streit über die Meinungsfreiheit in der DDR führte letztendlich dazu, dass Weller wegen seiner Äußerungen vom Dienst suspendiert wurde. Danach arbeitete er als Fleischergeselle in Döbeln.
Die Staatssicherheit ließ ihn aber nicht einfach ziehen – nach seiner Suspendierung versuchte man immer wieder, ihn zur Mitarbeit zu zwingen und bedrohte ihn mehrfach damit, ihn wegen seiner Äußerungen in der NVA in Haft nehmen zu können. Unter anderem sollte Ulrich Weller auf seinen Stiefvater angesetzt werden, mit dem ihn ein sehr gutes Verhältnis verband und der einen Gasthof betrieb. Ihn sollte er aushorchen und zur Äußerung so genannter „faschistischer Sprüche“ in der Öffentlichkeit verleiten, worauf die Stasi ihn hätte festnehmen können. Ulrich Weller war angesichts dieses schäbigen Auftrags empört und lehnte jegliche Zusammenarbeit mit der Stasi unter Protest ab. Von diesem Moment an stand er unter der Beobachtung der Staatssicherheit.
Sein Verhältnis zur DDR schien sich von da an nicht mehr zu bessern. Schon 1981 erfuhr er zum ersten Mal von der Möglichkeit, die DDR ohne Genehmigung über die Ostsee zu verlassen. Ein guter Freund, der später noch auf Weller als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) angesetzt wurde, erzählte ihm davon, dass er mit einem Kajak nach Schweden paddeln wollte und legte Ulrich nahe, es ihm gleich zu tun. Ulrich schien den Gedanken aufgegriffen zu haben, unternahm aber zunächst 1983 eine Reise ins Grenzgebiet zur BRD bei Plauen. Dort wurde er unter dem Verdacht, seine Flucht geplant zu haben, festgenommen. Innerhalb der vier Wochen Untersuchungshaft in Leipzig waren die Ermittelnden der Stasi allerdings nicht in der Lage, Ulrich Weller eine tatsächliche Fluchtabsicht oder -vorbereitung nachzuweisen und mussten ihn schließlich entlassen.
Danach wurde es zunächst ruhiger um Weller. Im selben Jahr war auch seine Tochter zur Welt gekommen. Am 28. September 1987 stellte er dann einen Ausreiseantrag für sich und seine Familie. Er begründete den Antrag mit einer Hautkrankheit seiner Tochter, für die sich die Familie in Westdeutschland bessere Behandlungsmöglichkeiten erhoffte. Das vertraute er auch seinem guten Freund an, der selbst schon 1985 einen Ausreiseantrag für sich und seine Familie gestellt hatte.
Das Ehepaar Weller schien sich über die Auseinandersetzungen mit der DDR-Obrigkeit verstärkt politisiert zu haben, denn die Festnahme einiger Bürgerrechtsbewegten am 18. Januar 1988 anlässlich einer offiziellen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration veranlasste die beiden, Flugblätter zu drucken. Auf diesen stand „Freiheit für Freya Klier und alle politischen Häftlinge“ zu lesen und sie ließen sie zu tausenden vom obersten Stockwerk der größten Kaufhäuser in Leipzig und Dresden flattern. Zusätzlich klebten sie die Flugblätter nachts an Telefonhäuschen und Bushaltestellen.
Obwohl die Stasi diese Proteste nicht mit den Wellers in Zusammenhang brachte, wurde Ulrich am 5. März aus der Wohnung seiner Schwiegermutter in Döbeln heraus von drei Offizieren der Staatssicherheit festgenommen. Er und seine Frau hatten eigentlich vorgehabt, sich an diesem Abend mit anderen Ausreisewilligen im „Club der Werktätigen“ über ihr Vorhaben auszutauschen. Für die Stasi galten solche Zusammenkünfte als staatsfeindlich. Ulrich Weller meinten sie als Rädelsführer der Gruppe ausgemacht zu haben. Nach seiner Festnahme wurde er in Döbeln insgesamt zehn Stunden lang von Stasi-Offizieren verhört und dabei nach Aussage seiner Mutter auch mit der Waffe bedroht. Als er nach dem Verhör zu Hause eintraf, zitterte er am ganzen Leib. Er wurde nun vorsichtiger, suchte aber weiter verbissen nach einem Weg in die Bundesrepublik. Wie sich später herausstellen sollte, war Ulrich Weller so verängstigt, dass er nun auch bereit dazu war, seine Familie in der DDR zurückzulassen und allein zu fliehen. Bei seinen Vorbereitungen war er so vorsichtig, dass nicht einmal seine Frau etwas davon ahnte. Die Stasi dagegen hatte ihn nun vollkommen im Visier und er war zum Ziel einer „operativen Personenkontrolle“ geworden: Auf ihn persönlich wurde ein IM angesetzt, zwei IMs sollten den vermuteten Kreis der Ausreisewilligen aushorchen, in dem Weller sich bewegte, ein weiterer sollte die Gaststätte seiner Schwiegereltern und schließlich ein fünfter das Arbeitsfeld seiner Frau überwachen. Dennoch gelang es ihm, sich unbemerkt auf eine Flucht über die Ostsee vorzubereiten.
Am Sonnabend, den 21. Januar 1989, ließ er sich von seiner Frau zum Bahnhof Hartha fahren, weil er mit seinem Freund verabredet war und verabschiedete sich wie immer liebevoll von seiner sechsjährigen Tochter. Nichts deutete darauf hin, was er vorhatte. Er hatte seine Familie nicht angelogen – er war mit seinem Freund verabredet, nur sollte dieser ihn nicht am späten Nachmittag wieder in Hartha absetzen, sondern er fuhr ihn, wie dieser später gegenüber der Polizei aussagte, nach Rügen, um ihm dort bei seiner Flucht zu helfen. In Hartha hatte sich auch die Garage der Familie Weller befunden und genau dort traf ihn schließlich sein Freund. Sie luden das heimlich besorgte Kajak in dessen Trabant und fuhren an die Ostsee.
Alle Informationen, die zum Fluchtablauf vorhanden sind, stammen von diesem einen Freund Ulrich Wellers. Nach seinen Angaben war Ulrich Weller fest entschlossen und ist mit seiner Hilfe ein kleines Stück östlich vom Kap Arkona in der Tromper Wiek bei ruhiger See abgelandet, obwohl er nur ein halbes Paddel zur Verfügung hatte. Angesichts der Jahreszeit, seiner Ausrüstung und des Weges, den er sich vorgenommen hat, standen seine Chancen sehr schlecht. Nicht nur musste er auf seiner Route in Richtung Westen den DDR-Grenzschutz umgehen – die Strecke war schlicht sehr weit. Als Ulrich am nächsten Tag zu Hause überfällig war, stellten seine Frau und Mutter noch keine Vermisstenanzeige. Sie ahnten, dass Ulrich geflohen sein könnte, und wollten die Stasi nicht auf seine Fährte locken. Am nächsten Tag, dem 23. Januar 1989, stellte seine Frau dann doch eine Vermisstenanzeige; auf dem Weg dorthin traf sie zufällig Ulrichs Freund. Der war kurz angebunden und meinte nur, dass Ulrich es wohl versucht haben wird.
Die Staatssicherheit hatte trotz ihrer engmaschigen Überwachung keine wirkliche Ahnung davon, was mit Ulrich Weller geschehen war, obwohl die Möglichkeit eines tödlich gescheiterten Fluchtversuchs schnell in Betracht gezogen wurde. Aufgrund des Mangels an Hinweisen hielt man es auch für möglich, dass er einem Familiendrama zum Opfer gefallen sein könnte und verdächtigte seine Frau, etwas mit seinem Tod zu tun gehabt zu haben. So bekam sie mehrfach unangemeldeten Besuch von Stasi-Offizieren, aber keine Informationen über den Verbleib ihres Mannes. Sie erhielt auch keine Auskünfte vom Staatsrat oder Innenministerium der DDR, bei denen sie Eingaben zum Verbleib ihres Mannes machte. Stattdessen veröffentlichte man eine Vermisstenanzeige, wo unter Angabe des falschen Datums nach Hinweisen zu Ulrich Wellers Verbleib gefragt wurde. Weller sei am 21. März zuletzt am Bahnhof Hartha gesehen worden – ganze zwei Monate, nachdem er tatsächlich das letzte Mal dort gesehen wurde.
Die Behörden der DDR und ihnen voran die Staatssicherheit haben kein Interesse daran gezeigt, Ulrich Wellers Frau über das Schicksal ihres Mannes aufzuklären. Die Volkspolizei hat ihr zu keinem Zeitpunkt Informationen über den Verbleib ihres Ehemannes zur Verfügung gestellt. Statt dessen ließ man sie wissen, dass man sie im Verdacht hatte und legte ihr nahe, sich von ihm scheiden zu lassen, um ausreisen zu dürfen. Im Prinzip wurden auch gar keine Ermittlungen zu Welllers Verschwinden geführt: die Grenzen wurden nicht abgesucht und es wurde niemand befragt. Die Stasi hatte aber geprüft, ob seine Flucht womöglich einen anderen Verlauf genommen hatte, nämlich er im „sozialistischen Ausland“ in Haft genommen wurde oder sein Ziel erreichte – für beide Annahmen wurden keine Hinweise gefunden. Ulrich Wellers Leiche wurde bis heute nicht geborgen. Seine Frau wurde im Mai 1992 schließlich darüber informiert, dass die Ermittlungen zum Tod ihres Mannes eingestellt wurden. Der Leipziger Staatsanwalt schloss mit dem Hinweis auf die Aussagen von Ulrichs Freund zum Fluchtablauf: diese seien in sich schlüssig, auch wenn er ihr gegenüber nicht alles offengelegt hätte.