Günter Bernd Brückner wurde am 28. September 1952 in Halle an der Saale geboren und war das zweite von fünf Kindern seiner Eltern Helga und Günter. Nach der Schule begann er eine Ausbildung zum Straßenbauer und war später als Maschinist im VEB Kaffee- und Nährmittelfabrik Halle tätig. Als er 17 Jahre alt war, ließen sich seine Eltern 1969 scheiden. Seine Mutter hatte Geschwister in der Bundesrepublik.
Bernd war mit den Verhältnissen in der DDR nicht einverstanden. Weil er daraus keinen Hehl machte, fiel er häufiger als Unruhestifter auf und musste daraus resultierende Konsequenzen tragen.
Für eine Straftat, die er in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1969 unter Alkoholeinfluss beging, wurde er zu einer Jugendfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nach den Unterlagen der Polizei Soll er einem Mann zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihn als „Kommunistenschwein“ beschimpft haben. Im Anschluss habe er auf der Polizeiwache die dortigen Polizisten dann als „Dumme Schweine“, „Verbrecher“, „blöde Hunde“ und „Arschlöcher“ beschimpft. Nach dem Urteilsspruch wurde er in der Jugendstrafanstalt Dessau inhaftiert und wegen guter Führung nach 18 Monaten für das letzte halbe Jahr auf Bewährung entlassen.
Zu Beginn der 1970er Jahre lernte Bernd R. kennen, mit dem sich schnell eine Freundschaft entwickelte. Sie waren häufig zusammen mit dem Motorrad unterwegs und gestalteten auch sonst ihre Freizeit oft gemeinsam. Schon zu dieser Zeit vertraute Bernd seinem Freund den Gedanken an, dass er die DDR verlassen wollte.
Im September 1972 ging Bernd mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder zu einer Tanzveranstaltung in Halle. Auf dem Heimweg wurden sie von Polizisten kontrolliert und es kam zu einem Wortwechsel, bei dem es zu Beleidigungen gegen die Polizisten vorgebracht wurden, welche diese als Staatsverleumdung auslegten. Während Bernd es schaffte, zu fliehen, wurde sein Bruder verhaftet. Bei der Befragung schützte dieser seinen älteren Bruder Bernd und gab an, ihn nicht zu kennen. Bernds Bruder kam in Untersuchungshaft.
Einige Zeit nach dem Vorfall mit seinem jüngeren Bruder beging Bernd ein neues Delikt. Er wurde in der Nacht vom 28. zum 29. September 1972 bei einem Diebstahl gestellt. Da die Bewährungszeit wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie Körperverletzung noch lief, drohte unmittelbar eine neue Haftstrafe. Um dieser zu entgehen, entschied er, seinen schon länger gehegten Gedanken, die DDR zu verlassen, endlich umzusetzen. Er fragte seinen Freund R., ob er mitkommen wolle. Dieser stimmte zu und so begannen sie kurzerhand die Flucht über die Ostsee zu planen, da ihnen der Weg über die grüne Grenze zu gefährlich schien. Noch am 29. September verließen die beiden Halle mittags mit dem Zug und fuhren in Richtung Bad Kleinen. Zur Tarnung hatten sie eine Rückfahrkarte gekauft. Das erste Ziel auf ihrer Fluchtroute war das Haus der Eltern von R.s Schwager in Schönberg, von wo sie die besten Fluchtmöglichkeiten auskundschaften wollten. Die kleine Stadt lag im äußersten Nordwesten der DDR und war dafür ein idealer Ausgangsort. Sie grenzte an das Sperrgebiet im Raum Dassow, das nur mit besonderer Genehmigung zu betreten war. Entsprechend misstrauisch waren dort sämtliche Angehörige der DDR-Sicherheitsorgane angesichts ortsfremder Personen, was die beiden noch zu spüren bekommen sollten.
Sie wurden während der Reise mehrfach überprüft. Kurz nach Mitternacht am 30. September gerieten sie am Bahnhof in Grevesmühlen in eine Kontrolle und wurden dort von der Volkspolizei festgenommen und auf dem örtlichen Volkspolizeikreisamt befragt, zu welchem Zweck sie in der Gegend seien. Sie gaben an, dass sie Verwandte des Freundes in Schönberg besuchen wollten, was überprüft und bestätigt wurde. Sie konnten zu den Verwandten gehen und meldeten sich ordnungsgemäß in Schönberg an.
Am 1. Oktober nahmen sie ein Taxi nach Grevesmühlen, um von dort aus zu Fuß nach Boltenhagen weiterzugehen, von wo aus sie die Ostsee überqueren wollten. Etwa zwei Kilometer hinter der Stadt wurden sie jedoch von einer Motorradstreife der Volkspolizei überprüft und mussten mit dieser zurück zur Wache nach Grevesmühlen laufen. Hier wurden sie erneut und noch gründlicher überprüft, weil man ihnen die Geschichte des Urlaubs bei Verwandten nicht mehr glauben wollte. Das ging so weit, dass die Polizisten nach Schönberg fuhren und sich die Angaben des Besuchs der Verwandtschaft persönlich vor Ort bestätigen ließen. Danach erst wurden sie entlassen. Da ihnen für diesen Tag zu viel geschehen war, verlegten sie den Fluchtversuch und verbrachten noch eine weitere Nacht in Schönberg.
Am Tag darauf, den 2. Oktober, begaben sie sich wieder nach Boltenhagen, indem sie mit dem Zug erst nach Grevesmühlen und dann weiter nach Boltenhagen fuhren, wo sie im Lokal “Seestern” noch etwas aßen. Gegen 19 Uhr ging es dann zu Fuß westlich in Richtung Steinbeck. Sie überquerten den Kontrollstreifen und versteckten sich in einem großen Strohhaufen, da sie von einem Motorradfahrer bemerkt wurden, der zwar kurz nach ihnen suchte, sie aber nicht fand. Später trauten sie sich raus und versteckten sich im Anschluss in einem kleinen Schuppen, ehe sie am nächsten Nachmittag durch ein Maisfeld in Richtung Grenzanlagen krochen. Unmittelbar hinter dem Maisfeld begann die Grenzanlage vor der Steilküste: ein abgemähter Streifen von ca. 20 Metern Breite, direkt dahinter ein 15 Meter breiter Schutzstreifen und Stacheldrahtrollen zwischen zwei ca. drei Meter hohen Zäunen. Etwa 200 bis 300 Meter rechts von ihrer Position befand sich ein Wachturm. Sie warteten auf den Abend und krochen dann im Schutz der Dunkelheit aus dem Maisfeld heraus und unter dem Zaun durch. Um die Stacheldrahtrollen zu überwinden, legten sie eine Jacke darauf. Anschließend stiegen sie die Steilküste hinunter und zogen sie sich dann am Wasser aus. Das Unterhemd von Bernd rissen sie in Streifen, welche sie zu einem Band verknoteten, das sie sich jeder um den Daumen banden, um sich nicht zu verlieren. Während R. sich bis auf die Unterwäsche sämtlicher Kleidung zum Schwimmen entledigte, behielt Bernd seinen Rollkragenpullover an. Dann schwammen sie los. Mit zunehmender Entfernung vom Ufer wurde der Seegang immer stärker. Sie versuchten, die Fahrrinne zu erreichen. Als in ca. 300 Metern Entfernung eine Fähre passierte, rief Bernd nach Hilfe, in der Hoffnung entdeckt und an Bord genommen zu werden. Doch sie wurden nicht gesehen. Dieser Misserfolg führte bei Bernd zur Resignation. Er drehte um und schwamm zurück in Richtung der DDR-Küste. Nach kurzem Zögern folgte ihm R. und begleitete den immer schwächer werdenden Freund in Richtung Boltenhagen. Sie schwammen direkt auf den Wachturm in Boltenhagen zu, dessen Scheinwerfer eingeschaltet waren. Da Bernd immer schwächer wurde, unterstützte sein Freund ihn beim Schwimmen und überredete ihn, den Pullover endlich auszuziehen, was er auch machte. Doch das reichte nicht mehr aus. Bernd schluckte immer mehr Wasser und tauchte immer wieder mit dem Kopf unter. Circa 500 Meter vor dem Ufer verließen dann auch R. langsam die Kräfte und er entschied, dass er Bernd nicht mehr helfen konnte, ohne sein eigenes Leben zu gefährden. R. schwamm weiter auf das Ufer zu und vernahm dabei immer wieder das starke Husten seines Freundes. In 20 Metern Entfernung sah er ein letztes Mal den Kopf seines Freundes. Bernd war ertrunken.
R. schaffte es, sich auf eine Sandbank zu retten und dort wieder seine Kräfte zu sammeln, ehe er zum Ufer schwamm. Da er hoffte, dass Bernd noch gerettet werden könne, stellte er sich sofort einem Posten der Grenztruppen, um die Suche nach seinem Freund zu veranlassen. Diese begann auch, aber leider erfolglos. Nach der Verhaftung wurde R. durch das Kreisgericht Halle-West zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und musste nach seiner Freilassung unterschiedliche typische Repressionen ausstehen: Er bekam keinen Personalausweis mehr, durfte den Arbeitsplatz nicht wechseln und erhielt Kontaktverbot zu unterschiedlichen als verdächtig definierten Personen.
Die Familie von Bernd Brückner wusste bis zu dieser Zeit wohl noch nichts vom Fluchtvorhaben. Am 4. Oktober 1972 befragten zwei Amtsträger der Kriminalpolizei die Mutter in Halle hinsichtlich der mutmaßlichen Republikflucht ihres Sohnes. Sie hatten einen Durchsuchungsbefehl dabei und beschlagnahmten bei der Durchsicht seines Zimmers einen Schulatlas, in dem mehrere Fluchtwege eingezeichnet waren. Sie äußerten der Mutter gegenüber nicht, dass Bernd höchstwahrscheinlich ertrunken sei. Es kam kein Lebenszeichen von Bernd, aber auch keine Benachrichtigung über seinen Tod. Die Familie strengte eigene Erkundungen an, auch auf westlicher Seite: In einem Brief vom 21. Oktober 1972 wandte sich der in der Bundesrepublik lebende Onkel von Brückner an das Bundesministerium des Inneren und berichtete darin über den Fluchtversuch Brückners vom 29. September und dass er seitdem verschollen sei. Doch jegliche Recherchearbeit auf Seiten der Bundesrepublik blieb ergebnislos.
Am 22. Oktober wurde Bernd Brückners Leiche in Elmenhorst, im Kreis Grevesmühlen, aufgefunden. Sein Leichnam wurde nach Halle überführt und dort auf dem Nordfriedhof beigesetzt.
Bernd Brückners jüngerer Bruder war zu dieser Zeit immer noch in Untersuchungshaft und durfte nicht zur Beerdigung gehen. Vor Gericht wurde dann zwar festgestellt, dass Bernd für den beleidigenden Wortwechsel zur Verantwortung gezogen werden müsste, der jüngere Bruder wurde dennoch zu drei Jahren Haft wegen Staatsverleumdung verurteilt. Diese Haftstrafe verbrachte er in Schkeuditz. Am 10. Oktober 1974 wurde er auf Initiative der westdeutschen Familie von der Bundesrepublik freigekauft und kam über Gießen nach Mannheim.