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Biografisches Handbuch

Rudi Fritsch

geboren am 27. Juli 1954 | in der Ostsee verstorben zwischen dem 31. August und dem 2. September 1976 | Ort des Vorfalls: Ostsee
Rudi Fritsch begab sich am Montag, den 30. August 1976, gemeinsam mit Klaus Höfling und einem Faltboot in das DDR-Küstengebiet, vermutlich auf den Darß. Am 2. September 1976 wurde seine Leiche und ein stark beschädigtes Faltboot angeschwemmt.

Wolfgang Rudi Fritsch verließ seine Wohnung am Montag, den 30. August 1976 mit der Begründung, er fahre ins Trainingslager nach Barth. Vor dem Haus wartete in einem gemieteten Moskwitsch der Verkehrsbetriebe Erfurt sein langjähriger Freund Klaus Höfling, mit dem er in den darauffolgenden Tagen versuchen wollte, die DDR mittels eines Faltbootes über die Ostsee zu verlassen. Die beiden kannten sich aus ihrem Sportverein, der Kraftsportabteilung der BSG Lok Erfurt und hatten vor 1972 gemeinsam Straftaten begangen, die als „Rowdytum“ und Diebstahl eingestuft worden waren. Die angeordnete Haftstrafe von 30 Monaten hatten sie nicht ganz absitzen müssen, da sie unter den Amnestiebeschluss vom 6. Oktober 1972 fielen und in dessen Folge schon im Januar 1973 aus der Haft entlassen worden waren.

Rudi Fritsch hatte 1975 für sich und seine Familie einen Antrag zur Übersiedlung in die BRD gestellt, den er mit Wohnungsschwierigkeiten begründet hatte. Nachdem diese Probleme anscheinend gelöst worden waren, zumindest vermerkte es so das MfS, hatte Familie Fritsch diesen Antrag schriftlich zurückgenommen. Rudi verfolgte danach aber weiterhin das Ziel, die DDR zu verlassen, nur plante er dies nun heimlich und ohne seine Frau einzubeziehen.

Er stieg also am 30. August in den von Klaus Höfling gemieteten Moskwitsch und die beiden machten sich auf den Weg zur Ostseeküste. Im Gepäck hatten sie ein Faltboot für zwei Personen, einen Kompass, Paddel und Schwimmwesten. Noch in der Woche zuvor hatte Fritsch sein Motorrad verkauft.

Es ist nicht mehr zu rekonstruieren, wo genau die beiden abgelandet sind und wohin sie gelangen wollten. Da ihr Mietwagen und ihre Leichen innerhalb kurzer Zeit nach ihrem Verschwinden zwischen dem 2. und 4. September 1976 in der Zingster Gegend gefunden wurden, kann man davon ausgehen, dass sie dort auch abgelandet waren. Mit einem Faltboot haben Flüchtlinge aus der DDR von dort üblicherweise versucht, die dänische Südküste, also Falster oder Møn, zu erreichen. Auch über ihre jeweilige Fluchtmotivation kann heute nur noch spekuliert werden.


Biografie von Rudi Fritsch, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/443-rudi-fritsch/, Letzter Zugriff: 23.04.2024