Am 21. September 1963 berichtete die Fuldaer Zeitung, dass ein Schwerverletzter nach einer Minendetonation im Grenzstreifen länger als eine Stunde ausharren musste, bis ihn Grenzsoldaten der DDR an einer Stange aus dem Gefahrenbereich zogen. Eine Zollstreife habe am 19. September gegen 22.30 Uhr bei Setzelbach (Hessen) die Minendetonation gehört und sich auf der Westseite zum Ort des Geschehens begeben. Im Schein von Leuchtkugeln sahen die Beamten einen blutüberströmten Mann, der zwischen den Stacheldrahtzäunen schmerzerfüllt um Hilfe schrie. Daraufhin forderten sie einen Sanitätswagen aus Hünfeld an und verständigten die bald darauf eintreffenden DDR-Grenzsoldaten über die Möglichkeit, dem Verletzten vom Westen aus zu helfen. Doch die Grenzer reagierten nicht und führten die komplizierte Bergung selbst durch. Auf der Westseite nahm man an, ein Fluchtversuch aus der DDR sei gescheitert.
Vier Tage später erhielt der Vater, Herr Richard Winter, in Fulda Post aus der DDR. Richard Winter war mit seiner Familie 1954 aus der DDR geflohen und hatte sich zunächst in Hünfeld niedergelassen. Wegen eines Nervenleidens wohnte der 31-jährige Sohn, Bernhard Winter, bei seinen Eltern. Als die Familie am 19. September 1963 nach Fulda umzog, lehnte Bernhard Winter die Umstellung auf eine neue Umgebung ab. Er packte noch am gleichen Abend einige persönliche Gegenstände in eine Aktentasche und fuhr mit seinem Fahrrad davon. Da sein Sohn schon mehrmals geäußert hatte, er wolle wieder ins thüringische Wiesenfeld zurück, wo er aufgewachsen war, wird sein Vater Richard den Brief, dessen Absender eine Poliklinik in Vacha war, mit Unbehagen geöffnet haben. In dem Schreiben informierte ein Arzt die Eltern, dass ihr Sohn mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus Vacha liege. Ihm sei nach einem Unfall auf DDR-Gebiet das linke Bein amputiert worden. Nun wussten die Eltern, dass es sich bei dem Minenopfer im Grenzstreifen, von dem die Fuldaer Zeitung berichtet hatte, um ihren Sohn Bernhard handelte.
Erst am 10. Februar 1964 konnte Bernhard Winter aus dem Krankenhaus in Vacha entlassen und nach Fulda überführt werden. Bereits die Grenzsoldaten, die ihn aus dem Minenfeld bargen, hatten die Schwere seiner Verletzungen bemerkt. In einem Telegramm des Grenzregimentes Dermbach heißt es: „das linke bein ist bis unterhalb des knies zerfetzt, das rechte bein gebrochen und starke verletzung rechter kniescheibe. operation (amputation) erforderlich“. Nach der Erstversorgung brachte ein Santitätsfahrzeug Bernhard Winter zunächst in das Krankenhaus Geisa. Von dort aus erfolgte dann die Überführung in das besser ausgestattete Krankenhaus Vacha. Durch den bei der Minenverletzung erlittenen Schock und die Beinverletzungen muss sich das Nervenleiden von Bernhard Winter verschlimmert haben, denn bei der Ankunft des Krankentransportes in Fulda erlebten die Eltern ihren Sohn stark verwirrt. Erst nach gutem Zureden und der Versicherung, dass er nicht bestraft würde, erklärte er sich bereit, den Krankenwagen zu verlassen.
Bei der Untersuchung der Amputationswunde kamen die Ärzte im Fuldaer Herz-Jesu-Krankenhaus zu dem Ergebnis, dass eine Nachamputation unumgänglich sei. Sie wiesen Bernhard Winter in die Unfallstation ein. Der andauernde Krankenhausaufenthalt und die Erwartung der erneuten Operation müssen ihn überfordert haben. Am frühen Morgen des 18. Februar 1964 knüpfte Bernhard Winter zwei Handtücher zu einer Schlinge zusammen und erhängte sich in einer Toilettenkabine. Als eine Nachtschwester ihn fand, blieben die Widerbelebungsversuche erfolglos.