Was den damals 38-jährigen Ernst Riedel im Einzelnen dazu bewog, am 9. Juni 1951 den Grenzübertritt an der innerdeutsche Grenze zwischen Gassenreuth und Possek in westliche Richtung zu wagen, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Es wird wohl etwas mit jenem wertvollen, von den ermittelnden Polizisten später auf rund 1 000 DM taxierten Saxofon zu tun gehabt haben, das Riedel bei sich trug, als sich dessen Weg mit dem der Grenzstreife kreuzte. War es sein eigenes? Oder entstammte es einer „strafbaren Handlung“, wie in der diesbezüglichen Polizeimeldung gemutmaßt wird? In dem Fall stünde Riedels gescheiterter Grenzübertritt eher mit Hehlerei und Warenschmuggel im Zusammenhang als mit einem Fluchtversuch aus der DDR.
Die Unterlagen der Grenzpolizei sprechen hinsichtlich des Tathergangs eine deutliche Sprache. So wurde der zuletzt in Brunndöbra (heute zu Klingenthal gehörig) wohnende 38-Jährige von einer Streife der Grenzpolizei, bestehend aus den beiden Volkspolizisten B. und O. vom nahe gelegenen Kommando Posseck, im Grenzgebiet entdeckt. Auf mehrmalige Anrufe, stehenzubleiben, habe Riedel nicht reagiert, auch soll dieser die von jedem Polizisten abgegebenen drei Warnschüsse ignoriert haben. Stattdessen warf Riedel das bereits erwähnte Saxofon weg, um schneller laufen zu können. Vom Gewicht des Instruments befreit, mochte er wohl darauf gehofft haben, seine Verfolger abschütteln und über die nahe Grenze entkommen zu können. Doch die beiden Grenzpolizisten waren schneller – O.s letzter Karabinerschuss traf den Flüchtenden. Ein alarmierter Arzt wies Riedel zwar noch ins zuständige Krankenhaus ein, doch überlebte er die anschließende Nacht nicht mehr. Ernst Riedel starb kurz nach Mitternacht, am 10. Juni 1951, an den Folgen seiner schweren Schussverletzung.