Marion Slowik wurde als Tochter der Eheleute Ernst und Elise Slowik in Berlin-Lichtenberg geboren. Ihr Vater war Galvaniseur von Beruf. Nach dem Schulbesuch erlernte sie den Beruf der Stepperin. Ihre beiden Brüder Hartmut und Norbert Slowik durften Ende der 1970er Jahre legal in die Bundesrepublik übersiedeln, während ihr eigener Ausreiseantrag vom Rat des Stadtbezirks Friedrichshain am 6. Dezember 1977 abgelehnt wurde. Sie beabsichtigte mit ihrem dreijährigen Sohn zu ihrem kurz zuvor legal nach West-Berlin umgezogenen damaligen Lebens-Partner auszureisen, um ihn zu heiraten.
Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes im Herbst 1978 erhielt Marion Slowik eine Stelle als Angestellte der Reichsbahn am heute nicht mehr bestehenden Wriezener Bahnhof.
Marion Slowik – die sich im Herbst 1988 von ihrem langjährigen Lebensgefährten getrennt hatte – wollte L’Orange heiraten. Aus diesem Grund beantragte sie am 27. Juni 1989 beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Friedrichshain für sich und ihre beiden minderjährigen Söhne die ständige Ausreise zum künftigen Ehemann nach West-Berlin. Diesem Antrag wurde bereits am 10. Juli 1989 durch die Abteilung Inneres zugestimmt. Auch die Kreisdienststelle des MfS und die zuständige Abteilung des Ost-Berliner Magistrats erhoben keine Einwände. Marion Slowik wurde mitgeteilt, dass ihrem Partner am Tag der Eheschließung die Einreise nach Ost-Berlin genehmigt werde. Anschließend könne ihre Ausreise mit ihren beiden Söhnen innerhalb von zwölf Wochen erfolgen. Zuvor habe sie allerdings die Summe von rund 13.000 Mark an das Bezirksamt Berlin-Friedrichshain abzuführen. Der Betrag ergab sich aus Unterhaltsvorauszahlungen der Abteilung für Jugend, Familie und Sport, da der in West-Berlin von Sozialhilfe lebende Vater ihres älteren Sohnes seit 1981 den Unterhalt schuldig geblieben war.
Dass Marion Slowik keine Sympathien für das SED-Regime hegte, wird auch daran erkennbar, dass sie ihre beiden Söhne trotz der in Staat und Gesellschaft herrschenden Kirchenfeindlichkeit taufen und konfirmieren ließ. „Meine Mutter kritisierte das Schulsystem in der DDR“, erinnert sich Torsten Slowik: „Ich war kein Thälmann-Pionier, sollte aber 1988 in die FDJ. Als dann der erste Termin anstand, war ich nicht dort. Mein Opa hatte einen Herzinfarkt erlitten und ich hatte ihn im Krankenhaus besucht. Daraufhin erschien meine Lehrerin bei uns zuhause. Sie sagte meiner Mutter, sie müsse doch wissen, was wichtiger für ihren Sohn sei. Daraufhin hat meine Mutter sie rausgeworfen. Da war ich richtig stolz auf sie.“
Marion Slowiks älterer Bruder Hartmut zählte in seiner Jugend nach einer Auflistung der Volkspolizei-Inspektion (VPI) Friedrichshain zu den Mitgliedern der rebellierenden Jugendgruppe „Die Oranienburger“, deren „Rädelsführer“ im Frühjahr 1971 in einem Schauprozess zu Haftstrafen wegen „Rowdytum“ verurteilt wurden.
Nach Angaben von Torsten Slowik entstand der Fluchtplan über die CSSR und Ungarn im September 1989 sehr kurzfristig. Die beiden Kinder erfuhren erst kurz vor der Abfahrt davon. Marion Slowik hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit Wochen vergeblich auf eine Mitteilung der Abteilung für Inneres über ihren konkreten Ausreisetermin gewartet. Um sich eine andere Möglichkeit zu eröffnen, suchten Marion Slowik und Bernd L’Orange im September 1989 einen Fahrer, der die junge Frau und ihre beiden Kinder über die CSSR an die ungarische Grenze bringen könnte. Auf diese Weise kam das Paar in Verbindung zu dem 21jährigen Kellner Volker Swade, der mit Hilfe seines Cousins einen Kontakt zu einem Fahrer mit einem geeigneten Auto herstellte und sich selbst kurzfristig Marion Slowik und ihren beiden Söhnen anschloss.
Da Marion Slowik über keine weiteren Geldmittel verfügte, bot sie dem 40jährigen Glas- und Gebäudereiniger Michael H. an, er könne sich nach seiner Rückkehr stattdessen in ihrer Wohnung den Farbfernseher sowie ihren Plattenspieler, einen Kühlschrank, eine Couchgarnitur, ein Radio und einen Waschhalbautomaten abholen. Deswegen übergab sie ihm vor der Abfahrt ihren Wohnungsschlüssel.
Am 17. September 1989 brach die Gruppe im „Moskwitsch“ von Michael H. von Ost-Berlin aus auf und reiste über den Grenzübergang Cinovec in die ČSSR ein. Zunächst fuhren sie nach Prag und von dort aus Richtung Bratislava. Vor der Stadt übernachteten sie im Fahrzeug und setzten am folgenden Tag ihre Fahrt nach Komárno fort, wo sie am frühen Abend des 18. September 1989 eintrafen. Vermutlich haben sie wegen der beiden Kinder keinen Versuch unternommen, in Prag über eine Mauer auf das Botschaftsgelände der Bundesrepublik Deutschland zu gelangen, in dessen Garten sich zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreiche DDR-Flüchtlinge aufhielten. Eine legale Einreise aus der Tschechoslowakei nach Ungarn war für viele fluchtwillige DDR-Bürger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, da die SED-Führung die Volkspolizeikreisämter angewiesen hatte, für “gefährdete Bürger” keine Reisepapiere mehr nach Ungarn auszustellen. Deswegen war ihnen der Weg nach Ungarn über ČSSR-Grenzübergänge versperrt.
Torsten Slowik und sein Bruder Karsten wurden am Abend des 18. September 1989 in Komárno zu Augenzeugen, als tschechoslowakische Grenzer ihre Mutter aus der Donau zogen. Torsten Slowik saß nur wenige Meter entfernt mit seinem weinenden kleinen Bruder neben sich in einem Geländewagen der Polizei. Beide Kinder waren im letzten Moment vor dem Ertrinken gerettet worden und standen unter Schock. „Wir haben gesehen, wie meine Mutter aus dem Wasser gezogen wurde“, berichtet Karsten Slowik, der den tschechoslowakischen Sicherheitskräften unterlassene Hilfeleistung vorwirft: „Es war ein großes Geschrei und Gebrülle draußen. Aber die Leute dort haben keinerlei Versuch unternommen, sie wiederzubeleben. Mein Bruder hat immer wieder gesagt: ‘Die machen gar nichts!’.“
Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR erfuhr bereits am 19. September 1989 durch die Sicherheitsorgane der CSSR vom Tod Marion Slowiks und dem Verschwinden „eines weiteren bisher nicht identifizierten und an dem Vorhaben beteiligten DDR-Bürgers“, der durch die Donau fortgerissen wurde. Karsten und Torsten Slowik wurden am 19. September 1989 von den Sicherheitsorganen der CSSR in Bratislava vernommen und danach mit dem Flugzeug des MfS nach Ost-Berlin gebracht, wo sie noch einmal im Präsidium der Volkspolizei in der Keibelstraße über die Flucht befragt worden sind. Da Marion Slowiks Eltern nur eines der beiden Kinder aufnehmen konnten, kam der 11-jährige Karsten Slowik in ein Kinderheim.
Die DDR-Generalstaatsanwaltschaft gab Marion Slowiks Leiche bereits am 20. Oktober 1989 zur Feuerbestattung frei. Während es in den MfS-Überlieferungen heißt, die Eltern Ernst und Elise Slowik seien mit der Verbrennung der Leiche einverstanden gewesen, bestreitet Torsten Slowik diese Version: „Meine Oma hat immer gesagt, dass niemand erlaubt habe, dass Marions Leiche in Ungarn verbrannt werde. Dass nur eine Urne zurückkam, sei nicht richtig gewesen.“ Die Urne wurde am 30. Oktober 1989 auf dem evangelischen St. Andreas-St. Markus Friedhof in Berlin-Hohenschönhausen beigesetzt.
Bernd L’Orange – der in West-Berlin vergeblich auf die Ankunft seiner Verlobten und der beiden Kinder wartete – fuhr aufgrund der Ungewissheit nach Ost-Berlin, um sich über den Verbleib seiner Verlobten zu erkundigen. Dort wurde er am 20. September 1989 von MfS-Leuten vernommen. Er gab an, dass sie ihm gegenüber mehrere Fluchtmöglichkeiten erörtert habe, falls nicht nach dem Wochenende die Ausreisegenehmigung für sie und ihre beiden Söhne eintreffe. Bernd L’Orange ist wenige Jahre nach dem Mauerfall in die Türkei ausgewandert. Dort kam er angeblich bei einem Badeunfall ums Leben.