Elsa Grunert stammte aus Leipzig und lebte später mit ihrem Mann in der kleinen Stadt Kelbra am Fuße des Kyffhäusergebirges. Da ihr Ehemann an Tuberkulose erkrankt war, musste sie des Öfteren die Grenze zur Bundesrepublik überschreiten, um dort für ihn Medikamente zu kaufen. In der Nacht vom 16. auf den 17. März 1951 wollte sie aus dem niedersächsischen Northeim in die DDR zurückkehren. Auf dem Bahnhof Walkenried traf sie mit weiteren Grenzgängern aus dem Raum Eisleben, Nordhausen und Sangerhausen zusammen. Viele von ihnen hatten in der Bundesrepublik für die anstehenden Konfirmationsfeiern Geschenke eingekauft oder Familienangehörige abgeholt.
Es waren etwa 15 bis 20 Personen, die in dieser Nacht die Absicht hatten, von Walkenried aus über die grüne Grenze ins thüringische Ellrich zu gelangen. Die Entfernung zwischen den beiden Nachbarorten beträgt gut vier Kilometer, doch mussten Schleichwege genommen werden, um der Festnahme durch die Grenzpolizei der DDR zu entgehen. Hierfür verließ man sich auf einen Grenzführer, der das Gelände gut kannte. Wurden solche Schleichwege bekannt, bezeichnete die Grenzpolizei sie als „besondere Schwerpunkte“ und kontrollierte sie bei Streifengängen eingehend.
Um 2.45 Uhr brach die Gruppe mit ihrem Grenzführer auf. Dieser wählte eine Route südlich von Walkenried, die durch ein bewaldetes Gebiet an einem Gipsberg entlang nach Ellrich führte. Elsa Grunert traf in Walkenried ihre Bekannte Elli E. aus einem Nachbarort, die Schokolade und Apfelsinen eingekauft hatte. Ineinander eingehakt gingen sie die schmalen Trampelpfade entlang, auf denen man in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Der Himmel war verhangen, zudem fiel ein leichter Sprühregen. Als die Gruppe sich bereits 300 Meter auf DDR-Gebiet befand, hörte man plötzlich einen Grenzposten „Halt! Stehenbleiben!“ rufen. Eine Taschenlampe blitzte auf, dann fiel ein Schuss. Getroffen sackte Elsa Grunert zusammen. Sie verlor sofort das Bewusstsein, die Kugel hatte ihren Kopf durchschlagen.
Die Grenzpolizisten Wachtmeister Gerhard M. und Oberwachtmeister Helmar H. hatten auf ihrem Streifengang die Fußpfade am Gipsberg aufgesucht und sich in einer Höhle untergestellt. Gegen 3.50 Uhr konnten sie so ein Paar, das die Grenze vom Westen her passiert hatte, überraschen und festnehmen. Kurz darauf vernahm Oberwachtmeister H. erneut Geräusche. Während Gerhard M. die Festgenommenen bewachte, verbarg sich H. hinter Nadelbäumen, um die nachkommenden Grenzgänger zu stellen. Als ihm die Schrittgeräusche nahe genug erschienen und er seine Taschenlampe aufblitzen ließ, sah er jedoch, dass ein Mann sofort ins Unterholz sprang und zu entkommen versuchte. Da der Flüchtende auch nach einem Warnschuss in die Luft nicht stehenblieb, lud H. seinen Karabiner erneut durch und feuerte gezielt in die Richtung des Mannes. Dann erst vernahm er Frauenstimmen aus der Dunkelheit, die ihm zuriefen, jemand sei getroffen worden.
Elli E. schilderte später in ihrer Vernehmung, an der Spitze der Gruppe sei der ortskundige Grenzführer gelaufen, Elsa Grunert und sie selbst seien in der Mitte des Trupps gegangen. „Ohne vorher etwas gesehen zu haben, hörte ich plötzlich, wie vermutlich ein Grenzposten rief: ‚Halt! Stehenbleiben!‘. Zugleich blitzte eine Taschenlampe auf und danach fiel ein Schuß. Im selben Augenblick fiel Frau Grunert, die sich bei mir eingehakt hatte, zu Boden. Ich war zuerst der Ansicht, dass Frau Grunert infolge eines Schreckens einen Herzanfall bekomme hatte.“ Nach etwa einer Minute sei ein zweiter Schuss gefallen, der dem flüchtenden Grenzführer galt.
Helmar H. hielt für den Warnschuss die Mündung seines Karabiners nach oben. Er rechnete offenbar nicht damit, dass in dem nach Westen hin aufsteigenden Gelände noch weitere Grenzgänger unterwegs waren. Als er bei den Frauen, die sich um Elsa Grunert kümmerten, ankam, stellte er im Licht der Taschenlampe fest, dass er eine von ihnen mit seinem Warnschuss schwer verletzt hatte. Sofort wurde aus Ellrich ein Arzt herbeigerufen. Dieser lieferte Frau Grunert um 5.45 Uhr in das Ilfelder Stadtkrankenhaus ein. Doch die Kopfverletzung war so gravierend, dass ihr nicht mehr geholfen werden konnte. Sie starb zwei Tage später am 19. März 1951 morgens um 3 Uhr.
Nach der Tat untersuchte die Mordkommission der Volkspolizei-Landesbehörde den Vorfall. Sie kam am 21. März 1951 zu dem Schluss, dass Helmut H. nicht fahrlässig gehandelt habe, sondern der Tod Elsa Grunerts einem „unglücklichen Zufall“ geschuldet war. Am 21. Februar 1995 stellte auch die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin das Ermittlungsverfahren gegen Helmut H. ein, da er entsprechend der damaligen Schusswaffenbestimmungen der Grenzpolizei gehandelt habe.