Eberhard Knospe und Klaus Decker waren in derselben Siebenmannstube der Grenzkompanie Sommersdorf untergebracht. Die Soldaten duzten sich, ihr Umgang miteinander war kameradschaftlich. Eberhard Knospe war dabei eher zurückhaltend. Der 23-Jährige war gemeinsam mit zwei Schwestern in Gersdorf bei Görlitz aufgewachsen. Seine Mutter arbeitete als Tierpflegerin, sein Vater als Traktorist. Er selbst absolvierte, nachdem er die Schule mit der 8. Klasse abgeschlossen hatte, eine Ausbildung zum Maurer beim Landbau Görlitz. Der Betrieb übernahm ihn gern ins weitere Berufsleben, galt er doch als bescheiden und höflich, zudem engagierte er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Am 6. Mai 1981 berief ihn die NVA für den Wehrdienst zum Grenzausbildungsregiment Halberstadt ein. Schon fünf Monate später kam er zur Grenzkompanie Sommersdorf, wo er bald als Postenführer eingesetzt wurde.
Hier traf am 26. April 1982 auch der Berliner Klaus Decker, ein gelernter Elektromonteur, ein. Seine Familie wohnte in Pankow, nicht weit von der Berliner Mauer entfernt. Als Alternative zum Leben in der DDR hatte er schon seit Längerem eine Flucht in die Bundesrepublik in Betracht gezogen. Die politischen Verhältnisse und der Druck bei der Arbeit hätten ihm nicht gefallen, sagte er später im Rahmen einer Vernehmung aus. Bei der Diensteinweisung und seinem ersten Postendienst fiel ihm auf, dass die Grenze im Sicherungsabschnitt relativ schwach gesichert war. Im Sicherheitsstreifen waren keine Minen verlegt, und die Hundelaufanlagen waren nur teilweise besetzt. Die 3,20 Meter hohen, stacheldrahtbespannten Metallgitterzäune schienen das einzige Hindernis einer Flucht zu sein.
Am 4. Mai 1982 um 21 Uhr bezogen Eberhard Knospe und Klaus Decker gemeinsam Postendienst, der bis zum folgenden Tag um 5 Uhr andauern sollte. Sie wurden auf einem sogenannten Horchposten eingesetzt, einer 65 Zentimeter tief ausgehobenen Mulde. Unweit von ihnen verkehrte der Kohlenzug vom Braunkohletagebau zum Kraftwerk Harbke. Gegen 1 Uhr fuhr ein Oberleutnant auf dem Kolonnenweg an dem Postenpaar vorbei, alles schien in Ordnung zu sein. Am frühen Morgen jedoch entdeckten zwei Grenzsoldaten, die zur Ablösung erschienen, Eberhard Knospes Leiche in der Beobachtungsstellung. Klaus Decker war, wie Fußspuren und Stofffetzen an den Grenzzäunen bewiesen, nach Niedersachsen geflohen. Seine MPi hatte er mit dem Lauf in den Boden gerammt und zurückgelassen, sie war auf Einzelfeuer gestellt.
Bei der Obduktion am 6. Mai im Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Akademie Magdeburg wurden vier Schussverletzungen an Eberhard Knospes Leiche festgestellt. Die Schüsse seien von hinten bzw. von oben auf das Opfer abgegeben worden. Infolge schwerster innerer Verletzungen trat der Tod durch Verblutung ein.
Im Westen stellte sich Klaus Decker der Polizei. Nach den ersten Vernehmungen wurde er in Helmstedt in Untersuchungshaft genommen. Er sagte aus, dass er sich am 5. Mai gegen 2 Uhr entschlossen habe, seine Fluchtabsichten umzusetzen. An der Grenze war es ruhig geworden und die Gelegenheit schien so günstig wie nie. Er sei aus der Mulde herausgestiegen und habe Eberhard Knospe gefragt, ob er in die Bundesrepublik mitkommen wolle. Dieser habe jedoch seine MPi genommen und wortlos auf Decker gerichtet. Der 19-Jährige berichtete weiter von seiner Bestürzung und Angst davor, erschossen zu werden. Er habe seine Waffe von der Schulter gerissen, durchgeladen und vier Mal auf seinen Postenführer geschossen. „Als er sich bewegte, schoß ich wieder, und als er sich immer noch bewegte, schoß ich nochmals. Ich hörte erst auf, als er zur Seite in die Mulde zurücksank und sich nicht mehr bewegte.“
Vor der Jugendkammer des Landgerichts Braunschweig begann am 10. Dezember 1982 der Prozess gegen Klaus Decker, der des vollendeten Totschlags angeklagt wurde. Der Richter musste sich bei seiner Urteilsfindung weitgehend auf die Aussagen des Beschuldigten beziehen. Er stellte dabei heraus, dass „im Widerstreit zwischen Freiheit und Leben das Leben Vorrang habe“. Als strafmildernd galt jedoch der „psychische Spannungszustand“, in dem sich Decker befunden haben musste, als er „seine Entscheidung – Aufgabe der Flucht mit allen Konsequenzen oder Ausschaltung des Streifenführers – in allerkürzester Zeit“ zu treffen hatte. „Er hat nicht von vornherein vorgehabt, K. zu töten, und er hat dies auch nur mit bedingtem Vorsatz getan.“ Klaus Decker wurde am 20. Dezember 1982 wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren Haft verurteilt.
In der DDR hatte der Militärstaatsanwalt in Stendal bereits am 5. Mai 1982 einen Haftbefehl gegen Decker erlassen. Die Berliner Zeitung berichtete am darauffolgenden Tag, Eberhard Knospe sei „meuchlings ermordet“ worden. Doch ein Auslieferungsgesuch des Generalstaatsanwaltes wurde in Braunschweig abgelehnt. So urteilte der 1. Strafsenat des Militärobergerichtes in Berlin am 17. Mai 1983 in Abwesenheit über Klaus Decker. In der vorausgehenden Hauptverhandlung bezog man sich auf gerichtsmedizinische Sektionsergebnisse sowie auf die kriminalistischen Tatortbefunde und Untersuchungen. Diesen folgend galt als bewiesen, „daß Decker aus geringer Entfernung mit Einzelfeuer vier Schüsse von hinten auf den Oberkörper seines Opfers abgab“, Knospe habe „keine Möglichkeit zur Verteidigung“ gehabt: „Seine Dienstwaffe wurde gesichert und nicht durchgeladen unter seinem leblosen Körper aufgefunden.“ Das Gericht sprach Klaus Decker des Mordes schuldig und verurteilte ihn zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe.
Eberhard Knospe war am 13. Mai 1982 in seinem Heimatort Gersdorf mit militärischen Ehren beigesetzt worden. Der Minister für Nationale Verteidigung beförderte den Gefreiten nachträglich zum Unteroffizier. Als „einer ihrer Besten“, der „pflichtbewußt und beispielhaft seinen Fahneneid bis zum letzten Atemzug erfüllte“ ging er in die Gedenkkultur der Grenztruppen der DDR ein. Seine ehemalige Einheit errichtete ihm einen Ehrenhain, an dem feierliche Kranzniederlegungen stattfanden, den Namen Eberhard Knospe verlieh Verteidigungsminister Armeegeneral Heinz Keßler 1987 einer Grenzkompanie, und zu den Jahrestagen des Mauerbaus am 13. August wurde seiner öffentlich als „Opfer bewaffneter Anschläge und Provokationen an der Staatsgrenze der DDR zur BRD“ gedacht.