Am Nachmittag des 23. September 1950 kontrollierten die Grenzpolizisten Huldreich H. und Oberwachtmeister A. die Grenze im Abschnitt Schierke. Gegen 17.50 Uhr beobachteten sie, wie eine Frau und ein Mann von Westen her über die Grenze kamen. Die Grenzgänger bemerkten ebenfalls die Anwesenheit der Grenzpolizisten und trennten sich. Huldreich H. wollte die Frau festnehmen, doch in dem felsigen Gelände verlor er sie aus den Augen. Der 20-jährige A. dagegen konnte sich der männlichen Person nähern. Als er ihn aus einer Entfernung von 100 Metern aufforderte stehenzubleiben, versuchte der Grenzgänger zu entkommen.
Es handelte sich um den Schuhmacher Paul Albert Gullasch aus Elbingerode. Der 48-Jährige war der Kommandantur der DDR-Grenzpolizei in Benneckenstein bereits mehrfach als Grenzgänger aufgefallen. Vielleicht nutzte er die Nähe zu Braunlage in Niedersachsen für Einkäufe, möglicherweise betätigte er sich auch als Grenzführer. Jetzt, am Nachmittag des 23. September 1950, rannte er bergauf in einen Nadelwald hinein, um seiner Festnahme zu entgehen. Laut einem Bericht der Grenzpolizei feuerte Oberwachtmeister A. daraufhin mit seinem Karabiner einen Warnschuss ab. Weil der Flüchtende nicht stehenblieb, schoss er anschließend viermal gezielt auf ihn. Paul Gullasch brach von einem Bauchschuss getroffen zusammen. Nachdem die beiden Grenzpolizisten ihm einen Notverband angelegt hatten, wurde Gullasch mit einem Fahrzeug ins Grenzkommando gebracht. Von dort überführte ihn ein Arzt aus Schierke in das Kreiskrankenhaus Wernigerode. Der Verletzte war bereits bewusstlos, als der Mediziner dort eintraf. Noch in den Nachtstunden, am 24. September 1950 um 0.30 Uhr, verstarb Paul Gullasch. Er hinterließ seine Frau Anna, mit der er seit 1942 verheiratet war, und einen gemeinsamen Sohn.
Der ehemalige Oberwachtmeister A. der Grenzpolizei erklärte 1992 auf Fragen der Ermittler zum Tathergang, er habe lediglich ungezielte Warnschüsse seitwärts des Flüchtenden abgegeben. Einer davon müsse Gullasch als Querschläger getroffen haben. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg stellte am 6. Juli 2000 das Verfahren gegen A. wegen Totschlags ein. Weder aus gerichtsmedizinischer noch aus ballistischer Sicht war die Aussage, dass Paul Gullasch von einem Querschläger getroffen worden sei, nicht zu widerlegen.