Der 19-jährige Jenaer Betonbauer Franz-Bernhard Sperlich hatte sich schon in der Schule mit dem ebenfalls 19-jährigen Hans Joachim W. und dem ein Jahr jüngeren Kurt Detlef Sch. angefreundet. Die drei Thüringer Jugendlichen waren mit dem Leben in der DDR unzufrieden und wollten das Land verlassen. Alle drei hatten auch schon mindestens einen vergeblichen Fluchtversuch hinter sich. Sperlich war bereits als 17-Jähriger im Raum Probstzella unmittelbar an der Grenze festgenommen worden. Im Bekanntenkreis äußerte er danach mehrfach, im Falle eines erneuten Fluchtversuchs werde er sich um keinen Preis erwischen lassen. Bei einem Treffen am 23. März 1971 beschlossen die drei Freunde, sofort die gemeinsame Flucht zu wagen. Sperlich hatte Probleme mit seinem Arbeitgeber, angeblich sollte er sogar entlassen werden. Die Jugendlichen wählten das Gebiet um Probstzella für ihren Fluchtversuch aus, obwohl Bernhard Sperlich hier schon einmal gescheitert war. Sperlich verabschiedete sich von seiner Freundin, die ihn noch vergeblich von dem Fluchtvorhaben abbringen wollte. Gegen 2 Uhr morgens trafen die drei Flüchtlinge in Saalfeld ein, von dort ging es zu Fuß und überwiegend auf Feldwegen weiter in Richtung Grenze. Gegen 12.30 Uhr kamen sie in Unterloquitz-Schaderthal an. Von dort aus waren es nur noch vier Kilometer bis zur Grenze. In der Gaststätte „Zur frischen Quelle“ ruhten sie sich etwas aus. Dem Wirt sagten sie auf dessen Nachfrage, sie befänden sich auf einem Ausflug. Da der Ort aber schon im Sperrgebiet lag, meldete er die drei nach ihrem Aufbruch der Kriminalpolizei in Marktgölitz, die sofort Grenzalarm auslöste.
Ein Suchtrupp der Grenztruppen unter der Leitung des ortsfremden Hundeführers Oberfeldwebel Günter H., der von der benachbarten Grenzkompanie Lichtenhain abkommandiert worden war, nahm die Verfolgung der Flüchtlinge auf. Gegen 17 Uhr spürte der Fährtenhund die drei Jugendlichen in einem Gebüsch auf. Hans Joachim W. und Kurt Sch. verließen erst nach mehrmaliger Aufforderung und Drohung mit den in Anschlag gebrachten Waffen ihr Versteck und setzten sich gemäß der Anweisung von Oberfeldwebel H. auf den Boden. Sperlich weigerte sich zunächst herauszukommen. Erst nachdem der Postenführer mit seiner Kalaschnikow Warnschüsse in die Luft abgegeben hatte, kam auch er aus dem Gebüsch. Er setzte sich jedoch nicht, sondern blieb stehen. Dann sagte er: „Ich mache, was ich will!“ Davon fühlte sich Oberfeldwebel H. provoziert. Da er den Grenzabschnitt nicht kannte, meinte er, nur wenige Meter von der Grenze entfernt zu sein – tatsächlich waren es 2 300 Meter Luftlinie. Deshalb warnte er Sperlich eindringlich vor einem Fluchtversuch, er werde sonst sofort schießen. Auch die beiden Mitflüchtlinge bemühten sich, ihren Freund zu beruhigen. Doch der drehte sich urplötzlich um und versuchte, in Richtung des Gebüschs davonzulaufen. Darauf gab Günter H. aus wenigen Metern Entfernung einen kurzen Feuerstoß auf ihn ab, der Sperlich in den Rücken traf. Er sackte sofort zusammen. Ein Schuss hatte die Leber zerrissen und mehrere Organe verletzt, es kam zu massiven inneren Blutungen. Seine beiden Freunde verbanden Bernhard Sperlich auf Anweisung des Schützen notdürftig mit ihnen zugeworfenen Verbandspäckchen und trugen den Verletzten zur Straße. Ein gerade vorbeikommender Radfahrer wurde beauftragt, Hilfe zu holen. Etwa 20 bis 30 Minuten später traf ein Rettungswagen ein, um den Schwerverletzten in das Kreiskrankenhaus Gräfenthal zu bringen, doch Bernhard Sperlich starb infolge des hohen Blutverlustes bereits während des Transports. Günter H. gab später an, er habe auf die Beine des Flüchtlings gezielt und nicht die Absicht gehabt, ihn derart schwer zu verletzen.
Roman Grafe zitiert in seinem Buch Die Grenze durch Deutschland die Mutter des getöteten Flüchtlings, Inge Hüttner-Sperlich: „Am zweiten Tag nach seinem Tod kam ein Kraftfahrer von der Stasi in Gera und brachte mir die Uhr meines Sohnes, das Schlüsselbund und seine Lederjacke. Ich fasse in die Jacke rein und hab die Hand voller Blut.
‚Na sagen Sie mal, mein Sohn ist ja gar nicht auf Minen gelaufen, sie haben ihn doch erschossen!‘ – ‚Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich bin nur der Kraftfahrer.‘ Kaputt war die Jacke nicht, er trug sie immer offen […]. Nachdem sie Bernhard freigegeben und nach Jena überführt hatten – er lag lange dort oben –, hatte ich Gewissheit: Der alte Herr, der oben auf dem Friedhof die Toten gewaschen und gepflegt hat, kannte meinen Mann; er kam abends an und sagte: ‚Frau Sperlich, es tut mir so weh um Ihren Sohn. Wollen Sie sich ihn nicht doch noch mal ansehen? Es darf aber keiner wissen!‘ Ich habe das auch niemandem gesagt, nur zu meinem Nachbarn, der war vertraut mit meinem Sohn. Er sagte: ‚Mensch, Inge, komm, wir gehen. Trinkst du ’nen richtigen Kognak, daß es dir nicht schlecht wird oben‘. Sonntagfrüh um acht, haben wir ausgemacht. Bernhard hatte einen Schuß direkt unterm Herz. Da war dann ein Heftpflaster draufgeklebt. Aber er sah noch so schön aus. Im Sarg lagen noch seine Manchesterhose und die Turnhose, die er anhatte. Das hab ich mit nach Hause genommen und dann weggeschmissen, es war alles voller Blut. Ich durfte ihn nicht beerdigen lassen, ich mußte ihn verbrennen lassen. Mein Mann war ein halbes Jahr vorher beerdigt worden. Die Nachricht von Bernhards Tod hat mich sehr getroffen, ich war ein paar Tage wie weg! Ich hatte drei Kinder, die haben sich nett verstanden. Bernhard war der Älteste. Sein Bruder Frank war zehn, der verstand das noch nicht, als ich ihm sagte, was passiert ist. Ich wohnte damals mit meinen drei Kindern noch im Nordviertel, wir hatten dort ein kleines Häuschen in der Nähe des Friedhofs. Dort wußten alle, was passiert war, das sprach sich rum. Ich bin ein paar Tage nicht auf die Straße gegangen. Mein Sohn war beliebt, wir waren keine schlechten Menschen. Die Leute haben das bedauert und sich aufgeregt.“ Nach einem zeitgenössischen Bericht des Bundesgrenzschutzes fand die Trauerfeier am 31. März 1971 in Jena statt.
Die Ermittlungen der Grenztruppen ergaben, dass Oberfeldwebel H. entsprechend den Dienstvorschriften gehandelt habe. Er wurde zum Stabsfeldwebel befördert und mit der Verdienstmedaille der DDR in Silber ausgezeichnet. Der Wirt, der durch seine Anzeige den Grenzalarm ausgelöst hatte, erhielt eine Geldprämie. Die beiden überlebenden Flüchtlinge verurteilte das Kreisgericht Gera-Stadt am 6. August 1971 zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und sechs Monaten. Das Landgericht Gera sprach 1996 den Todesschützen Günter H. des Totschlags für schuldig. Er erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.