Das Wetter am Morgen des 15. Januar 1969 war ungemütlich. Eine dichte Wolkendecke bedeckte das Land, die Temperatur schwankte um den Gefrierpunkt, der Regen wechselte sich mit Schneefall ab. Als Beamte des Zollgrenzdienstes, die gegen 11 Uhr auf dem Elbdeich vor Schnackenburg auf Streife gingen, einen Mann am Ufer liegen sahen, vermuteten sie zunächst, dass es sich um eine angetriebene Wasserleiche handele. Erst zwei Monate zuvor hatte ein Schiffsführer aus Schnackenburg einen ertrunkenen Flüchtling in der Elbe entdeckt, der anschließend von Angehörigen der DDR-Grenztruppen geborgen wurde. Doch als sie zu dem Mann, der mit einer Wetterjacke, einer Skihose und Halbschuhen bekleidet war, herabstiegen, konnten sie feststellen, dass er nur bewusstlos war – der Mann, der halb im eiskalten Wasser lag, lebte noch! Nun musste schnell gehandelt werden. Sie trugen ihn den Elbdeich herauf und fuhren ihn zum Schnackenburger Gemeinschaftshaus. Die herbeigerufene Gemeindeschwester war besorgt, immer schwächer wurden die Lebenszeichen des Bewusstlosen. Als endlich der Notarzt eintraf, musste er bereits Wiederbelebungsversuche einleiten. Diese blieben jedoch erfolglos. 20 Minuten, nachdem er aufgefunden worden war, starb Wolfgang Bernhard Zill an Erschöpfung und Unterkühlung.
Er hatte einen wasserdichten Plastikbeutel mit sich geführt, in dem die Polizei unter anderem seinen Ausweis fand, sodass sie ihn als Wolfgang Bernhard Zill identifizieren und seine Eltern verständigen konnten. Zill kam aus Leipzig und hatte von dort mitgenommen, was ihm für einen Neuanfang in der Bundesrepublik wichtig war: sein Abiturzeugnis, das Ingenieurs-Diplom und einen größeren Geldbetrag.
Der gebürtige Leipziger hatte nach seinem Oberschulabschluss 1959 bis 1964 an der Technischen Hochschule in Dresden studiert. Anschließend arbeitete er im Leipziger VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro für Chemieanlagen. Dort geriet er ins Visier der Staatssicherheit, die einen seiner Kollegen fälschlicherweise der Spionagetätigkeit verdächtigte. Wie viel er von diesen Ermittlungen, die im Operativen Vorgang „Chemie“ überliefert sind, wahrnahm, lässt sich nicht feststellen. Der entscheidende Grund, weshalb der 27-Jährige in der Nacht vom 14. zum 15. Januar 1969 bei Lütkenwisch durch die Elbe schwamm, um in den Westen zu gelangen, bleibt offen.