Gemeinsam mit seiner Mutter lebte Walter Fischer auf dem elterlichen Hof, der von ihm bewirtschaftet wurde und zur LPG „Oberes Werratal“ in Harras gehörte. Der thüringische Ort lag im Grenzsperrgebiet. Seine Schwester lebte ebenfalls dort, sein Vater war früh gestorben. Walter Fischer hatte einen Sprachfehler, weshalb er sehr wortkarg und von anderen schlecht zu verstehen war. Er war geschieden und hatte einen Sohn, der bei der Mutter lebte. Am Vormittag des 11. Oktober 1966 brachte Walter Fischer gemeinsam mit einem Müller mehrere Säcke Mehl zur Bäckerei. Danach ging er nach Hause. Das Mittagessen rührte er nicht an, sondern trank nur eine Tasse Kaffee. Dann wollte er wieder zur Arbeit gehen und Kühe auf die Weide treiben. Seiner Mutter gab er das am Morgen kassierte Milchgeld, wovon sie die Grundstückssteuer, seine Versicherung und auch den Unterhalt für seinen Sohn zahlen sollte. Am Nachmittag suchte ein Brigadier der LPG Fischers Mutter auf und berichtete ihr, dass ihr Sohn nicht zur Arbeit erschienen sei, sondern sich in der Gastwirtschaft des Ortes aufhalte. Die Mutter suchte ihren Sohn dort auf, machte ihm Vorhaltungen über seinen Alkoholkonsum und verließ verärgert die Gaststätte. Wenig später bemerkte der Gastwirt, dass Fischer weinend an seinem Tisch saß. Er habe dann gesagt, wenn er seine Schwester und seinen Schwager nicht hätte, wäre er schon längst bei seinen Verwandten im Westen. Bereits einige Wochen zuvor hatte er schon einmal gegenüber einem LPG-Bauern geäußert, er wolle eine günstige Gelegenheit am „Zaun“ erwischen und „nach drüben“ gehen.
Gegen 16 Uhr verließ Walter Fischer die Gaststätte in Harras. Gut eine Stunde später meldete die Besatzung eines Beobachtungsturms von der nahe gelegenen Grenze dem diensthabenden Offizier der Grenzkompanie Veilsdorf über das Fernmeldenetz einen Mann, der sich in Richtung Grenze bewegte. Der Diensthabende befahl dem Postenpaar, den Beobachtungsturm zu verlassen und die Verfolgung des Verdächtigen aufzunehmen, „ein Grenzdurchbruch sei auf jeden Fall zu verhindern“. Während der Verfolgung verlor das Postenpaar den Mann in einer Talsenke aus dem Blickfeld. Die Verfolger entdeckten ihn wieder, als er bereits den ersten Sicherungszaun überklettert hatte und das sich anschließende Minenfeld überqueren wollte. Da sich der Flüchtende außer Rufweite befand, gaben die beiden Grenzer Warnschüsse ab. Der Mann drehte sich kurz in Richtung der Grenzsoldaten um und setzte dann seine Flucht fort. Er überquerte das Minenfeld, überwand den zweiten Grenzsicherungszaun und befand sich nur noch etwa 60 bis 70 Meter vor westdeutschem Gebiet. Nun begannen die beiden Posten, aus einer Entfernung von 200 Metern auf den Flüchtling zu schießen, der wenige Meter hinter dem zweiten Grenzsicherungszaun getroffen zusammenbrach.
Der westdeutsche Zollgrenzdienst berichtete, zwischen 17.15 Uhr und 17.30 Uhr seien westlich des Weges von Ahlstädt (DDR) nach Bockstadt (Bundesrepublik) mehrere Feuerstöße aus Maschinenpistolen abgegeben worden. Bis auf zwei Fahrzeuge und Bewegungen der DDR-Grenztruppe konnte von westlicher Seite aus jedoch nichts weiter beobachtet werden. Auf der anderen Seite bargen DDR-Grenzer unterdessen „ohne gegnerische Einsichtnahme“ einen toten Flüchtling. Im Büro des für Sicherheitsfragen zuständigen Politbüromitglieds Erich Honeckers ging am folgenden Vormittag die Meldung des Staatssicherheitsdienstes über den Tod des LPG-Bauern Walter Fischer aus Harras/Hildburghausen ein. Fischer sei durch drei Geschosse in die Brust getroffen worden. Eines davon durchschlug sein Herz und führte zum sofortigen Tod. Die MfS-Mitteilung erwähnte insgesamt 31 abgegebene Schüsse aus dem leichten Maschinengewehr des einen Postens und 20 abgegebene Schüsse aus der Maschinenpistole des zweiten. Die Bergung des Toten war um 18.50 Uhr abgeschlossen. Auf westlichem Gebiet hätte niemand den Abtransport der Leiche beobachtet. Um 19.25 Uhr trafen zwei amerikanische Jeeps am Ort des Geschehens ein, deren Insassen aber offenbar keine Feststellungen zu dem Zwischenfall mehr treffen konnten und sich nach kurzer Zeit wieder entfernten.
Am Samstag, dem 15. Oktober 1966, wurde Walter Fischer unter großer Anteilnahme der Ortsbewohner von Harras beigesetzt. Zwei Tage nach dem Vorfall erhielten die beiden beteiligten Grenzsoldaten Reiner G. und Uwe T. Auszeichnungen, Reiner G. die „Medaille für vorbildlichen Grenzdienst“ und Uwe T. das „Leistungsabzeichen der Grenztruppen“. Das Landgericht Meiningen verurteilte sie 1998 zu einer Bewährungsstrafe von je einem Jahr und fünf Monaten.