Der Bergmannssohn Hans-Joachim Jankowiak aus Osterweddingen, Kreis Wanzleben, arbeitete 1962 als Hilfsarbeiter im Stalldienst des Zirkus „Probst“. Dort lernte er den 17-jährigen Klaus-Jürgen R. kennen, der – wie schon zwei seiner Brüder vor ihm – ebenfalls in die Bundesrepublik flüchten wollte. Als der Zirkus in Erfurt gastierte, berichtete R. am 11. August 1962 seinem Arbeitskollegen Jankowiak während eines Spaziergangs von seinem Vorhaben, dieser schloss sich spontan an. Die jungen Männer machten sich nach einem Mittagessen sofort zu Fuß in Richtung Grenze auf. Ihr Ziel war die Gegend um Göringen bei Eisenach. Sie hofften, sich in dem dortigen bewaldeten Gebiet besser verstecken zu können, um die Grenze unbemerkt zu überschreiten.
Am übernächsten Morgen kamen sie gegen 8 Uhr in dem Dorf Göringen an, das nur noch einige hundert Meter von der innerdeutschen Grenze entfernt lag. Dort wurden sie von einer älteren Bäuerin entdeckt, die mehrere Männer zu Hilfe rief, unter denen sich auch der Ortspolizist befand. Die beiden jungen Männer flohen, bevor die Verfolger sie erreichen konnten. Diese informierten daraufhin telefonisch das Grenzregiment in Eisenach. Von dort aus wurde Grenzalarm ausgelöst. Die beiden Flüchtlinge verbargen sich in einer Mulde in der Nähe der Burgruine Brandenburg, während bereits mehrere Postenpaare die Gegend durchstreiften. Als sich ihnen zwei Grenzsoldaten näherten, sprang Jankowski plötzlich auf und lief in Richtung der nicht mehr weit entfernten Grenze. Die beiden Verfolger bemerkten den Flüchtling, riefen ihn an und gaben Warnschüsse ab. Klaus-Jürgen R. kam aus seinem Versteck hervor und ließ sich festnehmen. Jankowiak hingegen rannte zunächst zurück in den Wald und versuchte dann etwa 100 Meter weiter erneut in Richtung Grenze zu gelangen. Die Soldaten riefen ihn wiederum an und gaben Warnschüsse ab, doch Jankowiak blieb nicht stehen. Der 21-jährige Postenführer, der Gefreite Norbert H., verfolgte ihn und gab, nachdem er bis auf 25 Meter an den Flüchtenden herangekommen war, nach nochmaliger Warnung mit seiner auf Dauerfeuer eingestellten Kalaschnikow eine Salve von mindestens vier Schüssen auf Jankowiak ab. Dieser hatte gerade den ersten von zwei Maschendrahtzäunen überwunden und die Grenzlinie fast erreicht.
Nach eigenen Angaben will der Postenführer auf die Beine des Flüchtlings gezielt haben. Hans-Joachim Jankowiak wurde jedoch von einer Kugel in den Bauch getroffen und starb wenige Minuten später, gegen 11.10 Uhr, an inneren Blutungen. Die Militärstaatsanwaltschaft der DDR leitete kein Ermittlungsverfahren gegen den Schützen Norbert H. ein, der zu dieser Zeit unter dem Decknamen „Heinz Krause“ inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst arbeitete. Er erhielt eine Belobigung und eine Prämie von 30 Mark. Der festgenommene Mitflüchtling Klaus-Jürgen R. wurde mehrere Tage vom Staatssicherheitsdienst vernommen und danach vom Bezirksgericht Erfurt zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.
Im Frühjahr 2000 verurteilte das Landgericht Mühlhausen den Todesschützen Norbert H. zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Der Bundesgerichtshof verwarf eine von H. angestrebte Revision des Urteils.