Karl Gustav Sommer wurde in Steinach, Kreis Sonneberg, in Thüringen geboren. Wie sein Vater erlernte auch er den traditionellen Beruf des Griffelmachers. Heute informiert das Steinacher Schiefermuseum mit einer nachgebauten Griffelmacherhütte über die damals für das Schreiben auf Schiefertafeln unentbehrlichen Griffel. Karl Sommer gehörte der evangelischen Glaubensgemeinschaft an und heiratete im März 1929 seine Frau Frieda. Zuletzt wohnte die Familie mit zwei Kindern im Alter von zwölf und sechzehn Jahren in Haselbach, einer thüringischen Gemeinde im Altenburger Land. Für den 43-Jährigen gehörte es vermutlich zum Alltag, aus der sowjetischen Besatzungszone in die Westzone nach Bayern zu reisen, um dort Glaserzeugnisse gegen stets knappe Lebensmittel zu tauschen.
Am 16. Oktober 1949, nur ein paar Tage nach der DDR-Gründung, fand eine solche Tauschfahrt ein schreckliches Ende. Acht Grenzgänger verabredeten sich für eine Tour am 15. Oktober 1949. Jeder von ihnen trug einen Rucksack, gefüllt mit dem beliebten Thüringer Christbaumschmuck bei sich. Die Gruppe gelangte von Steinach über Mönchröden nach Oeslau. Am Sonntag früh, gegen 2 Uhr, erreichte sie die Grenze östlich der Straße von Meilschnitz nach Effelder. Durch die ihm schon aus Kindertagen vertrauten heimatlichen Gefilde in der Nähe von Steinach überquerte Karl Sommer die innerdeutsche Demarkationslinie von Ost nach West in Richtung des bayerischen Dorfes Meilschnitz. Zu dieser Zeit standen noch keine Warnschilder an der Grenze, Zaun oder Schlagbäume gab es auch noch nicht. Für den gemeinsamen Rückweg verabredeten sich die Grenzgänger für Sonntagmittag, bis dahin sollten alle mitgeführten Waren verkauft oder eingetauscht sein. Gegen 17.30 Uhr entdeckten zwei DDR-Grenzpolizisten des Kommandos Effelder die Gruppe, die bereits auf dem Heimweg in die DDR war, noch auf bayerischem Gebiet und forderten sie auf, sofort stehenzubleiben. Daraufhin suchten die Grenzgänger im Unterholz des Waldes Deckung. Die Grenzpolizisten nahmen ihre Verfolgung auf und gaben nach weiteren Rufen insgesamt vier Warnschüsse ab. Die Grenzgänger versuchten, sich im Wald entlang der Demarkationslinie in Sicherheit zu bringen. Nun schoss einer der Verfolger gezielt in das Unterholz, aus dem er Geräusche vernommen hatte. Unmittelbar danach rief dort jemand um Hilfe. Als der DDR-Grenzpolizist, Wachtmeister L., sich dorthin begab, fand er einen Verletzten, dessen Oberschenkel durchschossen war. Wachtmeister L. leistete Erste Hilfe. Unter den Grenzgängern befand sich auch der Neffe Karl Sommers, der ebenfalls vergeblich versuchte, die Wunde seines Onkels abzudrücken. Der Verletzte verlor unterdessen das Bewusstsein, er hatte bereits viel Blut verloren. Die anderen Grenzgänger aus der Gruppe näherten sich ebenfalls der Unglücksstelle. Von den Grenzpolizisten aufgefordert, den Verletzten auf die Ostseite zu transportieren, hatten sie sich mit Holzknüppeln bewaffnet und forderten Wachtmeister L. drohend auf zu verschwinden. Als dann auch noch zwei bayerische Grenzpolizisten und zwei amerikanische Soldaten herankamen, trat Wachtmeister L. vorsichtshalber einige Schritte zurück. Der nach etwa 20 Minuten eintreffende Arzt stellte bei Karl Sommer noch Lebenszeichen fest. Kurz entschlossen transportierte der Arzt den Verletzten mit seinem Fahrzeug nach Neustadt ins Krankenhaus. Noch auf dem Weg dorthin erlag er jedoch seinen schweren Verletzungen. Die Kugel hatte die große Schlagader des rechten Oberschenkels getroffen und zur Verblutung geführt. Zwei Tage später wurde Sommers Leichnam zur Beerdigung nach Haselbach überführt. Karl Sommer zählt zu den ersten Todesopfern an der innerdeutschen Grenze.
Die in den 1990er Jahren angestrengten Ermittlungen wurden eingestellt, da der damals 17-jährige Schütze bereits verstorben war. Einer der Grenzgänger erinnerte sich in seiner Vernehmung daran, dass es in dieser Zeit „ums nackte Überleben [ging]. Wir waren uns der Gefährlichkeit des illegalen Grenzübertritts bewußt, aber es war die einzige Möglichkeit, nach dem Kriege zu überleben.“