Theodor Helms, genannt Theo, wurde am 25. März 1938 geboren. Nach 1945 wurde die kleine Familie, bestehend aus seiner Mutter und seiner Tante in Wesenberg bei Neustrelitz in Mecklenburg wohnhaft. Theos Vater arbeitete als staatlicher Fischereipächter in Wesenberg und wurde im Juni 1945 in der Sowjetunion inhaftiert. Seit dieser Zeit galt der Vater als verschollen, so dass Theo ohne Vater aufwuchs. Theodors Onkel lebte in Niedersachsen in Westdeutschland und unterhielt regen Briefkontakt mit seinen Schwestern in der DDR. Theodor selbst hatte auch zwei Schwestern. Er heiratete am 4. Juli 1958. Aus der Ehe ging ein gemeinsamer Sohn hervor.
Theodor schloss die Schule nach der achten Klasse ab. Er war Mitglied bei der Freien Deutschen Jugend der Gesellschaft für Sport und Technik und beim Freien Deutschen Gewerkschaftsbund. Darüber hinaus war er Parteimitglied in der SED. Nicht nur auf dem Papier erschien er als zum Teil vorbildlicher DDR-Bürger.
Nach seinem Schulabschluss erlernte er das Mechanikerhandwerk und studierte einige Semester an der Technischen Fakultät der Universität Greifswald. Seinen dreijährigen Grundwehrdienst leistete er ohne besondere Vorkommnisse bei der Volksmarine ab. Ab 1958 war er beim Fischkombinat Rostock tätig und arbeitete dort zuerst in der Position des Leichtmatrosen. Wohnhaft war er im Rostocker Seemannsheim. Da er gelernter Schlosser war, wurde er später als Maschinenassistent eingesetzt. Zuerst fuhr er einige Jahre auf dem Fischfangschiff „Schwerin“. Danach war er unter anderem als Besatzungsmitglied des Fangtrawlers „Gotha“ und der „Bertolt Brecht“ auf See. Theo besaß ein großes Ziel: Er wollte technischer Seeoffizier werden. Im Jahr 1959 trat er dem Zirkel „Schreibender Arbeiter“ bei. Von ihm veröffentlichte Texte zeichneten ein positives Bild über die DDR. Dass er in seinem Beruf hohes Ansehen und Vertrauen durch die staatlichen Institutionen besaß, zeigt die Tatsache, dass er Reisen ins westliche Ausland unternehmen durfte. Während dieser Zeit verbrachte er unfreiwillig einen längeren Aufenthalt von 14 Tagen in Kanada aufgrund einer Blinddarm-Operation.
Auch eine Seereise nach Westdeutschland sollte Theodor Helms erwarten: So berichtete seine Mutter in einem Brief an ihren Bruder, dass Theo Anfang 1962 mit seinem Schiff nach Kiel in eine Werft kommen würde, wo eine Radaranlage eingebaut werden sollte. Aus diesem Vorhaben wurde jedoch nichts mehr – ein stark alkoholisierter Zusammenstoß mit einem Volkspolizisten infolge einer Kneipenschlägerei durchkreuzte seine Zukunftspläne:
Bei einer Feierlichkeit am 27. Juli 1961 an Bord des Schiffes „Bitterfeld“ tranken Theo und ein Kollege innerhalb kurzer Zeit etwa zehn bis zwölf Flaschen Bier und etwas Schnaps. Anstatt nach dieser großen Menge an Alkohol nach Hause zu gehen und auszunüchtern, entschieden sich die beiden jungen Männer mit Theos Motorrad vom Fischkombinat aus auf der alten Chaussee in Richtung Warnemünde zu fahren. Diese Route wählten sie, um einer eventuellen Kontrolle auf der Hauptverkehrsstraße zu entgehen. Unterwegs entschieden sie sich jedoch um und fuhren nach Rostock-Reutershagen, wo sie das Hochhaus-Café besuchen wollten. In der Gaststätte gönnten sich die beiden Freunde zwei bis drei Flaschen Sekt. Theo Helms packte noch zwei weitere Flaschen ein. Daraufhin wurden die beiden Freunde erstmals ermahnt, da sie nach Schankschluss der Aufforderung, die Kneipe zu verlassen, nicht nachkamen wollten und sie schließlich durch einen Abschnittsbevollmächtigten (ABV) hinausgeführt werden mussten. Theo Helms stellte sich, als dieser die Tür schließen wollte, dazwischen. Als er durch den ABV weggeschoben wurde, ließ er seine beiden Sektflaschen fallen. Daraufhin kam es zu einer Schlägerei, da Theo Helms ihm die Schuld am Sekt-Malheur gab. Ein weiterer Zeuge, der zu dieser Zeit ebenfalls als Abschnittsbevollmächtigter auf einem Streifgang unterwegs war, brachte die Männer auseinander und stellte die Personalien von Helms fest. Dies geschah jedoch nicht ohne Widerstand: Helms schlug dem Volkspolizisten gegen das Auge und nutzte die Gunst des Momentes, dass sein Gegner kurz außer Gefecht war, aus, um wegzulaufen. Während nun die Personalien seines Kameraden festgestellt wurden, kehrte Theo Helms zurück, um sein Motorrad fortzuschieben. Inzwischen war ein Funkenstreifenwagen eingetroffen, wodurch der zweite Fluchtversuch verhindert wurde – jedoch nicht ohne weitere Handgreiflichkeiten durch die beiden Betrunkenen. Sie wurden aufgrund ihres „rowdyhaften Verhaltens“ und des Widerstands gegen die Staatsgewalt mit Blick auf die Paragraphen „Verbrecherische Trunkenheit“ (§ 330a Strafgesetzbuch der DDR) und Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit (§§ 1,5 Abs. 1 149 Straßenverkehrsordnung) angezeigt.
Infolge einer Fürsprache seines früheren Professors aus Greifswald wurde er vorerst nur zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt. Auf Betreiben des Staatsanwaltes wurde das erste Urteil jedoch aufgehoben und Theo am 29. Juli 1961 wegen Aufruhr zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Da er zum Zeitpunkt der Tat vollständig betrunken gewesen sei, legte Theo Helms am 2. August 1961 eine Beschwerde gegen das Urteil ein. Diese wurde jedoch abgelehnt.
Seine Strafe sollte der 23-Jährige im Februar 1962 antreten. Die drohende Haftstrafe und der Wunsch, sich dieser zu entziehen, können als Fluchtmotiv angesehen werden. In einem Brief an seine Ehefrau schrieb Theo, wie wütend ihn das Urteil gemacht habe und zeigte Unverständnis, dass ihm staatsgefährdendes Verhalten vorgeworfen wurde. Er sprach davon, dass er am liebsten alles hinschmeißen würde, lediglich die Verantwortung für seine Familie würde ihn davon abhalten. Er wollte seine Frau und seinen Sohn nicht „einfach sitzen lassen“, aber sich auch nicht einsperren lassen, da man im Gefängnis seine Menschlichkeit verlieren würde und er seine Zukunftschancen nach einer Haftstrafe als erledigt ansah.
In den ersten Februartagen 1962 besuchte der junge Mann seine Mutter und offenbarte ihr, dass er mit seinem Schlauchboot nach Westdeutschland fliehen wollte. Wie Theodor Helms diese Flucht plante, was für Vorbereitungen er traf und welche Fluchtroute oder -hilfsmittel er wählte, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht rekonstruiert werden. Sein Verschwinden wurde bekannt, als er von einem Landurlaub an einem Hafen in der DDR nicht mehr zurückkehrte. Kurz darauf suchte aufgrund seiner Verurteilung auch die Staatsanwaltschaft nach ihm – ohne Erfolg. Niemand konnte eine Aussage darüber machen, wohin sich Theo Helms nach seinem Landurlaub begeben hat. Die Ermittelnden nahmen an, dass er wohlmöglich die DDR über die Seegrenze verlassen hatte.
In einem Telefonat aus dem Jahr 2019 berichtete Theodor Helms Sohn, dass ihm seit seiner Kindheit an bewusst gewesen sei, dass sein Vater verschollen war, da in der Familie immer offen damit umgegangen wurde. Da sein Vater oft auf See war, wuchs der gemeinsame Sohn überwiegend bei der Mutter auf. Nach dem Verschwinden des Vaters habe sich seine Mutter mehrfach und auf unterschiedlichen Wegen bemüht etwas über den Verbleib ihres Mannes in Erfahrung zu bringen, jedoch war sie dabei erfolglos geblieben. So stellte sie einen Antrag auf Scheidung und heiratete im Jahr 1964 neu. 1971 stellte Helms Ex-Frau einen weiteren Antrag, um ihn für tot erklären zu lassen, vermutlich, um für ihren Sohn eine Halbwaisenrente beantragen zu können.
Nach Theos Verschwinden verfasste seine Mutter einen Brief an ihren in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Bruder. Ihm offenbarte sie ihre Vermutung, dass ihr Sohn versucht habe, über die Ostsee zu fliehen und dabei vermutlich ums Leben gekommen war. Verstärkt wurde ihr Verdacht durch das Schreiben einer Rostocker Firma, die bei ihr die Rückgabe einer durch Theo entliehenen Luftmatratze angemahnt hatte. Diese Unterhaltung führte dazu, dass Theos Onkel sich bereits 1962 an das Bundeskriminalamt und Interpol wandte, um über das Schicksal seines Neffen zu recherchieren. Dazu sendete er auch eine Personenbeschreibung mit, in der er Theo als 1,80 Meter groß, mit dunklen Augen und dunkelbraunen, kurzen Haaren beschrieb. Bekleidet gewesen sei er mit einem grauen Ledermantel. 1964 wandte er sich an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass in Göteborg eine Brieftasche und Papiere von Theo Helms gefunden wurden, unter denen sich auch ein Entlassungsschein aus der Strafanstalt Rostock sowie die Ablehnung einer Haftbeschwerde befanden. Diese Fundsachen wurden der Familie ausgehändigt. Die Suche nach Theo beschäftigte alle Familienangehörigen: Auch seine Schwestern stellten 1969 einen weiteren Antrag an das Deutsche Rote Kreuz, welcher jedoch ohne neue Erkenntnisse blieb. Theodor Helms gilt bis heute als verschollen, seine Leiche wurde nie gefunden.