Ernst-August Utpadel, von seinen Freunden Orje genannt, stammte aus Berlin und besuchte dort die Klement-Gottwald-Oberschule in Niederschöneweide. Er trat seinen Fluchtversuch gemeinsam mit Friedrich Klein ein Jahr nach seinem Abitur an. Ob er bis dahin eine Berufsausbildung oder ein Studium begonnen hatte, ist nicht bekannt.
Seine Familie war recht groß und über BRD und DDR verteilt. So besuchten seine Verwandten aus Frankfurt am Main die Familie der Großeltern von Ernst-August mehrmals in Berlin, wobei sie teilweise fünf Stunden an der deutsch-deutschen Grenze auf ihre Einreise warten mussten. Anlässlich dieser Besuche wurde dann manchmal auch die Familie Eveking besucht, zum Beispiel im Jahr 1956 zur Konfirmation (Einsegnung) des jungen Ernst-August, der in seiner Familie Augi genannt wurde. Eveking hieß die Familie, seitdem Ernst-Augusts Mutter erneut geheiratet hatte. Ernst-August aber behielt seinen ursprünglichen Namen.
Die Familie von Ernst-August war segelbegeistert und ging diesem Hobby auf dem Seddinsee südlich von Berlin nach. Ernst-August war ein recht guter Segler – als er bei einem Besuch der Frankfurter Verwandtschaft 1960 diese auf einen Segeltörn einlud, war zumindest einer seiner Verwandten so davon beeindruckt, dass dieser danach selbst zu Segeln begann.
Im Jahr darauf, 1961, schlossen die Klassenkameraden Utpadel und Klein gemeinsam ihre schulische Laufbahn mit dem Abitur ab. Im Januar 1962 hatte Friedrich Klein bereits einen anderen Freund aus der gleichen Klasse gefragt, ob dieser bereit sei, zusammen mit ihm aus der DDR zu fliehen, wenn er einen Weg wüsste. Dieser Schulfreund wollte das zu dem Zeitpunkt nicht, und so hat sich Friedrich Klein danach an seinen Klassenkameraden Utpadel gewandt.
Als junger Mann von 1,93 Meter Größe und athletischer Statur, der ein versierter Segler war, traute Utpadel sich das offenbar zu. Der Plan der beiden ist nicht bekannt geworden. Nur im Nachhinein ließ sich ihre Flucht zumindest teilweise rekonstruieren. Anfang Februar 1962, wahrscheinlich am 2., einem Freitag, mietete Friedrich Klein einen Trabant, mit dem die beiden sich am folgenden Sonnabend nach Rügen begaben. Zuvor hatte Klein einen Einbruch begangen und dabei ein Faltboot mit Motor gestohlen.
Auf Rügen wurden die beiden noch an einer Tankstelle gesehen – wahrscheinlich von einem Funktionsträger der zahlreichen, in den Grenzschutz an der Küste eingebundenen Sicherheitsorgane der DDR, denn zu diesem Anlass wurde auch eine Personenbeschreibung angefertigt und übermittelt. Menschen mit Booten waren diesen Institutionen grundsätzlich suspekt, besonders an der Küste außerhalb der Urlaubssaison.
Wahrscheinlich in der Nacht vom 3. auf den 4. Februar legten die beiden dann von der Insel Rügen ab, um die DDR zu verlassen. Üblicherweise nahmen sich die Flüchtlinge, die Rügen als Ablandeort wählten, vor, die dänischen Inseln Møn oder Bornholm zu erreichen. Das gelang den beiden aber nicht. Im vorliegenden Obduktionsprotokoll zu Friedrich Klein wurde auch die Wetterlage in dieser Nacht verzeichnet: Westwind Stärke 5 bis 6 bei Temperaturen zwischen 0,5 und 2,5 Grad Celsius. Unter diesen Bedingungen ist eine Ostseeüberquerung mit einem, wenn auch motorisierten, Faltboot aussichtslos.
Dass die zwei Freunde dennoch den Versuch nicht abbrachen, spricht für ihre Entschlossenheit, aber auch für den Verfolgungsdruck, den die beiden wohl erahnten. Viele Flüchtlinge wurden nach abgebrochenen Fluchtversuchen noch ermittelt und festgenommen. Schon den Strand mit der Ausrüstung erreicht zu haben war ein Erfolg, dessen Wiederholung schwierig geworden wäre. Zusätzlich dazu war Utpadel zwar ein guter Segler, aber die Bestimmungen zum Segelsport, die in der DDR galten, hatten auch in seinem Falle zuverlässig dafür gesorgt, dass er keinerlei Vorstellungen von den Anforderungen hatte, die die Ostsee an Menschen und Material stellt.
Wie genau die beiden zu Tode gekommen sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Im Obduktionsprotokoll von Friedrich Kleins Leiche verweisen die Obduzenten darauf, dass es Hinweise auf einen Ertrinkungstod gebe, dieser aber auch aufgrund der langen Liegezeit (Kleins Leiche war am 2. Juni 1962, vier Monate nach der Ablandung der beiden, auf Hiddensee angeschwemmt worden) nicht mehr eindeutig nachgewiesen werden kann. In der abschließenden Einschätzung der Obduktionsergebnisse von Friedrich Klein findet sich eine Notiz, die auch für Ernst-August zutrifft: „Da das Faltboot bei den herrschenden Witterungsbedingungen nicht als seetüchtig angesehen werden kann, besteht der Verdacht, dass das Boot entweder kenterte oder die Insassen infolge Unterkühlung handlungsunfähig wurden und dadurch über Bord gingen.“ Das Faltboot und der Trabant wurden wenige Tage später auf Rügen gefunden. Die Eltern der beiden hatten jeweils Vermisstenanzeigen aufgegeben und die Volkspolizei brachte diese aufgrund der vorliegenden Personenbeschreibungen schnell mit den Funden in Zusammenhang und vermutete eine aus Sicht der DDR illegale Ausreise über die Ostsee. Die Eltern wurden aber jeweils erst über den Verbleib ihrer Söhne informiert, als deren Leichen gefunden wurden. Bei Ernst-August Utpadel geschah das, nachdem seine Leiche am 14. Juli 1962 an der frischen Nehrung in Polen, bei Krynica Morska im Kreis Elblag, angeschwemmt worden war. Die Leiche von Friedrich Klein wurde am 2. Juni 1962 von Urlaubern am Strand von Hiddensee entdeckt.