Jörg Wolfram Fafflok kam am 23. Juli 1954 in der nördlich von Berlin gelegenen Kleinstadt Hohen Neuendorf zur Welt, die Familie lebte jedoch im Prenzlauer Berg im Osten Berlins. Fafflok hatte einen zwei Jahre jüngeren Bruder. Seine Mutter war Außenwirtschaftsökonomin, sein Vater Fleischermeister; beide hatten 1953 in Berlin geheiratet.
In der Befragung zur Aufnahme der Vermisstenanzeige beschrieb die Mutter ihren 30-jährigen Sohn als kräftigen und sportlichen, 1,78 m großen Mann mit mittellangen, mittelblonden Haaren und einem dunkelblonden Oberlippenbart. Er lebte für sein Hobby, den Kraftsport, und verbrachte viel Zeit beim Trainieren mit seiner Sportgruppe im Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Berlin-Friedrichshain. Als Berufe wurden im Vermisstenprotokoll Elektronikfacharbeiter und Buffethilfe vermerkt. Die Mutter gab aber auch an, dass Jörg seit September 1984 keiner Arbeit mehr nachging. Er hätte seinen damaligen PKW verkauft und offenbar seitdem von dem Erlös gelebt. Sie berichtete auch, dass Jörg einen Antrag auf Übersiedlung zu seinem Onkel in die Bundesrepublik gestellt hatte. Die Mutter hatte versucht, ihn davon abzubringen, jedoch stand sein Entschluss in dieser Sache fest. Spätere Ermittlungen ergaben, dass der Antrag im April 1984 gestellt wurde. In der Polizeiakte zu Jörg Fafflok tauchte weiterhin auf, dass er 1973 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 500,- Mark verurteilt wurde, 1980 erneut wegen Körperverletzung und später auch wegen Diebstahls in Erscheinung getreten war.
Auf die Frage, ob Jörg Probleme hatte, mit denen er möglicherweise nicht fertig geworden sei, antwortete die Mutter in der Befragung, dass die zerbrochene Beziehung zu seiner Freundin und das sehr abgekühlte Verhältnis zwischen den beiden Jörg wohl seelisch stark belastet hätte. Gemeldet war er immer noch in der Wohnung dieser Frau, hielt sich aber seit Juli 1984 überwiegend in der Wohnung der Mutter auf. Seit Herbst 1984 hatte er wieder eine neue Freundin, die in einem Berliner Hotel an der Rezeption beschäftigt war. Zum Zeitpunkt seiner Fahrt nach Rostock Anfang Februar 1985 war diese jedoch im Urlaub in Thüringen.
Die Privatadresse in Rostock, die das Ziel von Jörgs Reise am Wochenende des 2. und 3. Februar gewesen war, hatte er den Aussagen der Mutter zufolge in den letzten Monaten immer wieder angesteuert, alle sechs Wochen für zwei Tage. Als der jüngere Bruder die Telefonnummer in Erfahrung gebracht hatte und dort anrief, bekam er die Information, dass Jörg dort am 2. Februar kurz erschienen sei, aber nicht Quartier bezogen hätte. Die Wohnung gehörte wohl einer entfernten Bekannten.
Über Jörgs neue Freundin konnten Mutter und Bruder in Erfahrung bringen, dass Jörg am 4. Februar noch ein Zusammentreffen mit einem männlichen Bekannten seiner Freundin hatte, der an der Rezeption des Warnemünder Hotels „Neptun“ arbeitete. Für den Folgetag hätten sich beide wieder verabredet gehabt, Jörg sei aber nicht zu dem Treffen erschienen.
Die Berliner Kriminalpolizei stellte weitere Ermittlungen an und kam zu teils widersprüchlichen Ergebnissen: Demnach hätte Fafflok doch in der Wohnung der Bekannten in Rostock übernachtet und zwar in der Nacht vom 3. auf den 4. Februar. Ihr gegenüber hätte Jörg dann angegeben, am 4. Februar wieder nach Berlin fahren zu wollen. Weiterhin wurde den Beamten gegenüber ausgesagt, dass der Kontakt zum Empfangssekretär des Hotels „Neptun“ erst am 18. Februar stattgefunden hätte. Am Tag zuvor sei Fafflok an der Rezeption des Hotels erschienen und hätte sich circa 30 Minuten mit ihm unterhalten. Am Tag darauf hielt er sich dann nachmittags für etwa zwei Stunden im Restaurant des Hotels auf. Anschließend seien beide mit dem geliehenen Auto von Fafflok nach Rostock gefahren, wo sich ihre Wege trennten.
Am 8. März wurde der PKW Trabant dann an der Uferpromenade von Warnemünde gefunden – ohne Hinweise auf den Aufenthaltsort des Vermissten. Die Überprüfungen zum Aufenthalt von Fafflok in Berlin wurden ebenfalls ohne Ergebnisse abgeschlossen. Da auch keine Anhaltspunkte für das ungesetzliche Verlassen der DDR bekannt geworden waren, ging die Polizei davon aus, er würde sich noch im Bezirk Rostock aufhalten.
An Jörgs Geburtstag, dem 23. Juli 1985, schrieb seine Mutter eine Eingabe an den Staatsrat der DDR. Beim anschließenden Auswertungsgespräch mit dem Abteilungsleiter für vermisste DDR-Bürger im Ministerium des Innern erfuhr sie, dass ihr Sohn sich nach Einschätzung der DDR-Behörden nicht im Westen befände und er auch keiner strafbaren Handlung verdächtigt wurde.
Die Mutter wies im Dezember 1989 in einem Schreiben an Amnesty International auf einige Ungereimtheiten im Vermisstenfall ihres Sohnes hin, wie zum Beispiel, dass er von der Kontaktperson im Hotel „Neptun“ als versunken und sinnierend beschrieben worden sei und dass sich seine wichtigsten Papiere – SVK-Ausweis und Ausbildungszeugnis – noch zu Hause befänden. Personalausweis und Führerschein waren jedoch nicht mehr da.
Jörgs Bruder wiederum war im Dezember 1986 legal über die Innerberliner Grenze übergesiedelt und hatte drei Tage später Strafanzeige im Durchgangsheim für Aussiedler und Zuwanderer (DAZ) Marienfeld gestellt. Seiner Vermutung nach hatte Jörg mit einem Surfbrett versucht, von Rostock aus über die gefrorene Ostsee in die Bundesrepublik zu gelangen. Er ging davon aus, dass Jörg in der Ostsee ertrunken sei, da er sich bei einer gelungenen Flucht mit der Familie in Verbindung gesetzt hätte. Durch das DAZ wurde festgestellt, dass Jörg Fafflok weder in Berlin noch in Gießen zur Notaufnahme registriert worden war.
1993 gelangten die Unterlagen zum Fall Jörg Fafflok auch an die ZERV, die das Ermittlungsverfahren aber Ende Juni 1994 wieder einstellte. Nach Ermittlungen der Behörde gab es keinerlei Anhaltspunkte für eine Gewalttat. Den Einschätzungen der Ermittelnden zufolge sprach vieles dafür, dass Jörg Fafflok sich spontan zu einem Fluchtversuch über die Ostsee entschlossen hatte und dabei vermutlich ertrunken sei.
Bislang konnte dem vermissten Jörg Fafflok kein Leichenfund zugeordnet werden. Anhaltspunkte für eine mögliche Übereinstimmung ergeben sich bei zwei Toten, die in der Datenbank des Ostseefluchten-Projektes an der Universität Greifswald als unbekannte Leichen geführt werden. Zum einen wurde am 21. März 1985 am Strand von Hohe Düne, östlich von Warnemünde, eine tote männliche Person aufgefunden. Die Morduntersuchungskommission ermittelte und es wurde zu Protokoll gegeben, dass die Leiche bekannt sei – weitere Akten, die den Namen preisgeben, liegen jedoch nicht vor. Zum anderen wurde am 23. August 1985 in der Nähe des Strandes von Rønne auf der dänischen Insel Bornholm eine männliche Leiche angespült, die circa sechs Monate lang im Wasser lag. Sie wurde auf 30-40 Jahre geschätzt, war 180 cm groß, 80 kg schwer und hatte mittelblonde Haare – viele der Merkmale stimmen also mit dem Vermissten überein. Ein endgültiger Beweis, der die gescheiterte Flucht Jörg Faffloks über die Ostsee bestätigt, bleibt bislang aber aus.