Im Kuttenplaner Schmelzthal (heute Chodovská Hutʼ, Okres Cheb) an der böhmisch-bayerischen Grenze wurde die Herstellung von Holzperlen vor allem als Heimarbeit im Winter betrieben. Die Bauern verschafften sich mit dem Handwerk einen zusätzlichen Verdienst. 1884 richtete die Familie Felbinger dort eine kleine Holzperlenfabrik ein, in der zehn bis zwölf Personen Arbeit fanden. Seit Anfang der 1930er Jahre wurden die Drehbänke mit einem Elektromotor betrieben. Die Holzperlen fanden Verwendung in Rosenkränzen, Gebetsschnüren, Halsketten und Untersetzern, sie verzierten Schnürsenkel, Abendtaschen und Türvorhänge und wurden aus dem Schmelzthal bis nach Asien exportiert. Werner Felbinger, wahrscheinlich ein Neffe Max Felbingers, erinnerte sich 1995 in einem Vortrag: „Anfang der 20er Jahre war Hochkonjunktur bei der Perlenerzeugung in unserem Dorf an der Grenze. […] Mit dem Anschluß des Sudetenlandes an das Deutsche Reich und dem bald darauf beginnenden schrecklichen Krieg gingen die Aufträge immer mehr zurück. Die Auslandsaufträge versiegten fast ganz und die Inlandsaufträge wurden auch immer spärlicher. […] Wir wurden im Juli 1946 aus unserer Heimat vertrieben und mußten alles zurücklassen, da schon ein Kommissar eingesetzt worden war.“
Max Felbinger wurde 1909 im Kuttenplaner Schmelzthal geboren. Er erlernte das Handwerk des Holzperlendrehens von seinem Vater und seinem Großvater. Sein Vater war der letzte Bürgermeister des Ortes, der 1946 vor der Vertreibung noch 622 Einwohner hatte. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Lucia, seiner Mutter und weiteren Familienmitgliedern kam er nach der Vertreibung in das Kirchdorf Reitsch im Landkreis Kronach. Hier führte Max Felbinger 1948 die Holzperlendreherei fort. Von den Schwierigkeiten der Wiederaufnahme berichtete Werner Felbinger: „Die Arbeiter waren in alle Winde verstreut, die meisten lebten in der damaligen Ostzone. Es gab von den Bohrmaschinen und den Trommeln keine einzige Anleitung, geschweige denn eine Zeichnung, und keine Firma war damals im Stande, diese Sachen zu fertigen.“ Zudem war das Hauptabnahmegebiet, das sächsische Erzgebirge, für den Handel nicht mehr erreichbar, da es nun zur sowjetischen Besatzungszone gehörte. Trotz dieser Anlaufschwierigkeiten berichtete die Neue Presse aus Kronach am 14. April 1949 über den provisorisch untergekommenen Betrieb, dass Max Felbinger in eine eigene Baracke umzuziehen hoffe, wo er neue Maschinen aufstellen und weitere Flüchtlinge beschäftigen wolle. Weil es nur wenige Betriebe dieser Art in den Westzonen gebe, sei der Bedarf an Perlen und Kugeln groß. Es sei „eine sich langsam aufwärts entwickelnde Tendenz sichtbar, so daß mancher arbeitslose Flüchtling wieder Arbeit bekommen wird und neue Hoffnungen schöpfen kann.“ Das Gewerbe entwickelte sich jedoch nicht so optimistisch, wie es der Zeitungsbericht nahelegt. Zwar ließ Felbinger durch den Zimmermeister Michael Jakob am 10. Februar 1949 den Bau eines Arbeitsraumes beim Landratsamt Kronach beantragen, doch wurde dieser trotz erteilter Baugenehmigung nicht realisiert. Stattdessen richtete ihm ein benachbarter Landwirt einen Holzschuppen ein, wohin er seine Werkstatt verlegte. Zum 1. Juli 1952 gab er seinen Betrieb auf. Möglicherweise war er seitdem arbeitslos.
Es wird Max Felbinger wie anderen Vertriebenen aus den Gerichtsbezirken Plan und Weseritz ein inneres Bedürfnis gewesen sein, am 26. Juli 1953 das 1. Plan-Weseritzer Kreistreffen in Mähring (Oberpfalz) zu besuchen, bei dem auch eine St. Anna-Gedächtniskapelle eingeweiht wurde. Die Stimmung bei dieser zweitägigen Veranstaltung, an der etwa 4.000 Vertriebene teilnahmen, muss emotional gewesen sein. Viele Teilnehmer konnten von der St. Anna-Kapelle zu ihren Heimatorten hinüber blicken.
Gegen 19.15 Uhr am 26. Juli 1953 bemerkte der Postenleiter der tschechoslowakischen Grenzwache Leutnant Matoušek einen Kurzschluss am Grenzzaun der 6. Kompanie Broumov. Die Grenzwache setzte dort bis 1965 Starkstrom von 5.000 Volt zur Sicherung der Grenzzäune ein, es war tödlich diese Anlagen zu berühren. Matoušek schickte eine Patrouille zur Überprüfung der Störung. Im Drahtverhau entdeckten die Grenzsoldaten die Leiche von Max Felbinger. Er hatte versucht von Bayern aus den Grenzzaun an einer unbeobachteten Stelle zu überwinden. Noch am selben Abend wurde die Leiche auf dem Friedhof in Broumov beerdigt.
Lucia Felbinger und ihre Schwiegermutter Elisabeth Felbinger mussten sich mehr als ein Jahr um Klarheit über das Schicksal ihres Ehemannes und Sohnes bemühen. Sie wandten sich an die Grenzpolizeistationen, an Suchdienste und an die amerikanische Besatzungsmacht. Unter den Heimatvertriebenen ging das Gerücht um, dass Felbinger in Karlovy Vary inhaftiert sei. Erst am 2. Februar 1955 erhielt Elisabeth Felbinger von der Grenzpolizei-Inspektion Bärnau/Oberpfalz die Nachricht, dass bei einer am Vortag stattgefundenen dienstlichen Besprechung mit den tschechischen Grenzorganen ein Offizier mitgeteilt habe, der bis dahin als vermisst gemeldete Max Felbinger sei „beim Versuch des illegalen Grenzübertritts in die ČSR am Stacheldrahthindernis verstorben“ und liege in Broumov begraben. „Über den näheren Hergang schwieg sich der tschechische Offizier beharrlich aus.“
Lucia Felbinger verließ Reitsch und zog nach Leipzig, Elisabeth Felbinger kämpfte noch in den Jahren 1956 und 1957 um die Sterbeurkunde ihres Sohnes. Am 24. Mai 1957 verwies sie das Bayerische Staatsministerium des Innern hierfür an die tschechoslowakische Militärmission in Berlin-Dahlem. Ob ihre Bemühungen Erfolg hatten, ist unbekannt.