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Biografisches Handbuch

Klaus Höfling

geboren am 29. Oktober 1954 in Erfurt | in der Ostsee verstorben zwischen dem 31. August und dem 4. September 1976 | Ort des Vorfalls: Ostsee
Klaus Höfling holte seinen Freund Rudi Fritsch am Montag, den 30. August 1976, von dessen Wohnung in Erfurt ab und begab sich mit ihm und einem Faltboot in das DDR-Küstengebiet, vermutlich auf den Darß. Nachdem am 2. September 1976 die Leiche seines Freundes Fritsch und ein stark beschädigtes Faltboot angeschwemmt worden waren, fand man seine Leiche am 4. September 1976 am Ostseestrand bei Zingst.

Als Klaus Höfling am 30. August 1976 seine Wohnung verließ, verabschiedete er sich bei seiner Frau und seinem Kind gleich für die ganze Woche. Er ginge auf Montage und sei am Wochenende wieder zurück. Das scheint nichts Unübliches für den Elektronikfacharbeiter gewesen zu sein und ist andererseits typisch für Ostseeflüchtlinge, die sich für eine gewisse Zeit ein Alibi auch bei ihren engsten Angehörigen und Bekannten verschaffen mussten, um ihre Flucht durchführen zu können.

Bereits am Donnerstag zuvor, dem 26. August, hatte er sein Sparkonto aufgelöst und ungefähr 12.000 Mark abgehoben. Auch alle seine relevanten persönlichen Papiere, wie seinen Facharbeiterbrief, verschiedene Zeugnisse und Urkunden hatte er im Gepäck, als er am Montag, den 30. August 1976, seinen Freund Rudi Fritsch von dessen Wohnung abholte.

Höfling wurde in Unterlagen der Staatssicherheit als Einzelgänger beschrieben, Rudi Fritsch scheint einer seiner wenigen Freunde gewesen zu sein. Die beiden kannten sich aus ihrem gemeinsamen Sportverein, der Kraftsportabteilung der BSG Lok Erfurt. Sie hatten vor 1972 auch gemeinsam Straftaten begangen, die als Diebstahl und „Rowdytum“ eingestuft und mit 30 Monaten Haft geahndet wurden. Diese Haft mussten die beiden allerdings nicht gänzlich absitzen, da sie im Zuge des Amnestiebeschlusses vom 6. Oktober 1972 bereits im Januar 1973 aus der Haft entlassen wurden.

Klaus Höfling holte Rudi Fritsch schließlich am besagten 30. August 1976, einem Montag, von dessen Wohnung in Erfurt ab und fuhr mit ihm in einem gemieteten Moskwitsch der Erfurter Verkehrsbetriebe an die Ostseeküste. Es ist heute nicht mehr zu rekonstruieren, wo genau die beiden jungen Männer ablandeten und welches konkrete Ziel sie hatten. Höchstwahrscheinlich haben sie mit ihrem Zweierfaltboot vorgehabt, die dänische Südküste, also Møn oder die Halbinsel Falster, zu erreichen. Im Sektionsprotokoll von Klaus Höfling vermerkten die obduzierenden Personen später, dass zum Zeitpunkt ihres Ablandens Windstärke 7 geherrscht habe – ein erfolgreicher Verlauf ihres Vorhabens war damit von vornherein ausgeschlossen.

Bereits am 2. September 1976 wurde die Leiche von Rudi Fritsch am Ostseestrand bei Zingst angeschwemmt, kurz nachdem das Faltboot mit Rissen in der Außenhaut und Sand im Innenbereich am selben Strandabschnitt angespült worden war. Am 4. September wurde dann auch die Leiche von Klaus Höfling an den Ostseestrand der Insel Werder am östlichen Ende des Darß gespült. Bei ihm fand man einen Kompass und zahlreiche persönliche Dokumente. Der Zusammenhang zwischen seiner Leiche, dem abgestellten Moskwitsch, in dem die Hülle des Faltbootes der beiden gefunden wurde, und der Leiche von Rudi Fritsch wurde dann schnell hergestellt.

Im Sektionsprotokoll wurde der Ertrinkungstod von Klaus Höfling verzeichnet und mit der Anmerkung versehen, dass unter den herrschenden Wetterbedingungen die Annahme plausibel erscheint, dass Höfling bereits vor seinem Ertrinken bewusstlos gewesen war. Eine Bewusstlosigkeit könnte bei deutlich unter 20°C schon nach einem Aufenthalt von zwei Stunden im Wasser eingetreten sein. Auch für den Fall, dass er sich zunächst im Boot halten konnte, schlossen die obduzierenden Personen nicht aus, dass seine Handlungsfähigkeit durch Unterkühlung eingeschränkt war.

Warum die beiden geflohen sind, wird sich nicht mehr rekonstruieren lassen. Auch Volkspolizei und Staatssicherheit konnten keine Erklärung ermitteln. Festzuhalten bleibt nur, dass die beiden ihren Versuch, die DDR zu verlassen, mit dem Leben bezahlten.


Biografie von Klaus Höfling, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/361-klaus-hoefling/, Letzter Zugriff: 21.11.2024