Der DDR-Grenzpolizist Harry Kirschnik war am 9. Mai 1953, gegen 12 Uhr, auf dem Kontrollstreifen im Bereich des Kommandos Ummerstedt bei einem Verdrahtungskommando eingesetzt. Dort verlegte er mit Kameraden Drahtsperren an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern. Eine in der Nähe postierte Streife der DDR-Grenzpolizei war über diesen Einsatz des Verdrahtungskommandos im Kontrollstreifen nicht in Kenntnis gesetzt worden. Die Posten befanden sich etwa 200 Meter von der Demarkationslinie entfernt auf einem Berghang, als sie mehrere Personen im Zehn-Meter-Kontrollstreifen entdeckten und sogleich mehrere Warnschüsse abgaben. Harry Kirschnik war gerade damit beschäftigt, einen Holzpfahl heranzuschaffen, als er plötzlich einen Kopfschuss erlitt. Nach dem Schusstreffer – oberhalb des rechten Auges – brach er zusammen. In einem Tagesrapport der Deutschen Grenzpolizei heißt es, die Streife habe die Männer im Kontrollstreifen nicht als Grenzpolizisten erkannt, „so daß durch den abgegebenen Warnschuß der Soldat Kirschnik tödlich verletzt wurde“. Das Kreisgericht Hildburghausen verurteilte den Schützen am 29. September 1953 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe von 14 Monaten, die er bis zur bedingten Strafaussetzung zum Jahresanfang 1954 verbüßte. Der für den Einsatz der Grenzstreife zuständige stellvertretende Operativleiter der Dienststelle erhielt eine Disziplinarstrafe. Zur Klärung des Vorfalles trafen sich am Unglücksort Angehörige der bayerischen Grenzpolizei, sowjetische Offiziere und mehrere DDR-Offiziere. Während die Gruppe noch auf das Eintreffen eines Vertreters des Military Intelligence Services (MIS) aus Coburg wartete, hielt ein DDR-Grenzer den Beamten der bayerischen Grenzpolizei vor, dass die Schussabgabe von bayerischem Gebiet aus erfolgt sei. Die von ihm bezeichnete Stelle der Schussabgabe lag etwa 50 Meter entfernt auf der westlichen Seite. Ein sowjetischer Major überzeugte sich davon, dass nach Beschaffenheit des Geländes eine Schussabgabe von dieser Stelle aus nicht erfolgt sein konnte.
Harry Kirschnik
Beim Verlegen von Drahtsperren im Kontrollstreifen an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern brach der DDR-Grenzer Harry Kirschnik nach einem Schusstreffer über dem rechten Auge zusammen. Zunächst meldete die DDR-Grenzpolizei, der tödliche Schuss sei von westlichem Gebiet aus abgegeben worden.
Biografie von Harry Kirschnik, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/246-harry-kirschnik/, Letzter Zugriff: 03.12.2024