Friedrich Rudolf Spranger wuchs als Arbeiterkind in Plauen auf. Er besuchte von 1928 bis 1936 dort eine Volksschule und absolvierte danach eine Lehre als Klempner bei der Firma Walter Wolf. Im Krieg diente er bei einer Minensuchflottille. Am 14. April 1945 geriet er in Gefangenschaft. Bereits im Mai 1946 kehrte er aus der Gefangenschaft in Belgien nach Plauen zurück. Dort trat er der SED bei und verdiente sich seinen Lebensunterhalt zunächst als Bauarbeiter. Am 23. September 1948 nahm er seinen Dienst bei der Volkspolizei in Plauen auf. Zur geheimen Zusammenarbeit mit dem MfS in Plauen erklärte er sich im November 1950 schriftlich bereit. Der Staatssicherheitsdienst war mit ihm zufrieden, da er verlässlich Aufträge „in der Nähe des Grenzgebietes“ ausführte, wo er seinen Dienst versah. Spranger stellte dem MfS seine Wohnung für heimliche Treffen mit anderen inoffiziellen Mitarbeitern zur Verfügung. Die „konspirative Wohnung“ trug beim MfS den erstaunlichen Objektnamen „Noske“. Auch Sprangers MfS-Personalakte trägt deswegen die Bezeichnung „Noske“. Die wenigen darin enthaltenen Blätter enden mit der Behauptung: „Am 7.8.51 ist Spranger Agenten der anglo-amerikanischen Imperialisten bei der Ausübung seines Dienstes zum Opfer gefallen.“ Was war geschehen?
Am frühen Abend des 7. August fielen Oberwachtmeister Spranger und seinem Kollegen Dießner an der Grenze zu Bayern nahe der Ortschaft Pirk zwei Männer auf, die sie hier noch nie gesehen hatten. Spranger gab Dießner sein Fahrrad und hielt die beiden Grenzgänger an. Als er nach ihren Personalausweisen fragte, griff einer der beiden in seine Jacke, als wolle er seine Personalpapiere hervorholen. Stattdessen zog er eine Pistole und schoss ohne Vorwarnung aus nächster Nähe auf Spranger. Der erwiderte das Feuer aus seiner Pistole 08 und schoss das ganze Magazin leer, dann brach er zusammen. Die beiden Unbekannten flüchteten vermutlich unverletzt. Rudolf Spranger starb an einer tödlichen Schussverletzung oberhalb des Herzens aus einer Waffe mit Kaliber 6,35.
Zwei am gleichen Tag gegen 22.15 Uhr an der Grenze bei Ullitz festgenommene Männer aus der Tschechoslowakei (damals noch ČSR), die man zunächst der Tat verdächtigte, da sie Waffen bei sich trugen, wurden wenig später wieder entlassen. Ihre Pistolen waren von anderem Kaliber als die Mordwaffe. Außerdem hatten sie Ausweise der Kommunistischen Partei KPČ dabei. Sie sagten in der Vernehmung, sie seien von Hof gekommen und hätten im Westen Aufträge der politischen Staatspolizei (STP) ausgeführt. Sie forderten eine Verbindungsaufnahme mit ihrem Befehlshaber in Cheb und gaben dafür ein Losungswort an. Obwohl der Täter nie ermittelt werden konnte, hält sich bis heute das Gerücht, Spranger sei von tschechischen Grenzgängern erschossen worden. Rudolf Spranger hinterließ seine Frau und ein Kind.