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Biografisches Handbuch

Werner Schmidt

geboren am 26. Juni 1929 in Unterschönau | erschossen am 2. März 1951 | Ort des Vorfalls: Obersuhl (Hessen)
BildunterschriftWerner Schmidt
BildquelleBStU
Quelle: BStU
Sie gehörten zu den ersten von der SED-Propaganda zu Helden erklärten Todesopfern an der DDR-Grenze. Wachtmeister Werner Schmidt und sein Kollege Heinz Janello wurden am 2. März 1951 auf westdeutschem Gebiet von einer amerikanischen Militärstreife erschossen. Die FDJ-Zeitung Junge Welt behauptete noch 1981 unter der Überschrift „Gefallen für den Frieden“ anlässlich des 20. Jahrestages „der Maßnahmen vom 13. August 1961“, Schmidt sei seinerzeit überfallen und „auf westdeutsches Territorium verschleppt“ worden, wo man ihn „bestialisch ermordet“ habe.

Streifenführer Werner Schmidt gehörte seit 1950 der Volkspolizei an. Er entstammte einer Arbeiterfamilie, war Mitglied der FDJ, der DSF und des FDGB. Mit seiner Ehefrau wohnte er in Meiningen und verrichtete seinen Dienst bei der Grenzpolizei in Untersuhl. Er sei, heißt es in einer dienstlichen Beurteilung, mündlich und schriftlich vielen seiner Kameraden überlegen gewesen.

Über das, was am Abend des 2. März 1951 an der innerdeutschen Grenze bei Obersuhl geschah, sind verschiedene Darstellungen überliefert. Nach der ersten „Spitzenmeldung“ der Volkspolizeigrenzkompanie Gerstungen erschossen amerikanische Soldaten am 2. März 1951 gegen 20.30 Uhr die beiden DDR-Grenzpolizisten Wachtmeister Werner Schmidt und Wachtmeister Heinz Janello auf westlichem Gebiet. Schmidt und Janello gehörten zur Streife IV des Kommandos Untersuhl. Sie begaben sich am 2. März 1951 über die Grenze in das erste Haus in Obersuhl. Das beobachteten Militärpolizisten der US-Constabulary, die sie daraufhin aus dem Haus holten. Weiter heißt es in der Volkspolizeimeldung: „Vor dem Haus soll sich angeblich einer der VP- Angehörigen, VP.-Wm. Janello zur Wehr gesetzt haben. Daraufhin wurde von den Amerikanern geschossen. VP.-Wm. Schmidt wurde sofort durch Kopfschuß getötet. VP.-Wm. Janello durch Brustschuß schwer verletzt und zum Bürgermeisteramt in Obersuhl gebracht, wo er verschied.“ Diese Information stammte von einem westdeutschen Zollbeamten, mit dem Volkspolizeikommandoleiter Kunze aus Untersuhl am Morgen nach dem Zwischenfall Kontakt aufgenommen hatte. Dieser Zöllner zeigte ihm eine abgeschossene Gewehrhülse als Beweis, dass auch einer der beiden Volkspolizisten geschossen hatte. Die Eintragung der beiden Todesfälle in das Standesamtsregister Obersuhl unterzeichnete George P. Moore, US Squadron Hersfeld, 24. Constabulary.

Während die DDR-Medien das Geschehene als Mord anprangerten, berichtete die Cuxhavener Zeitung am 15. März 1951: „Die US-Armee in Frankfurt gab folgendes Untersuchungsergebnis über den Zwischenfall bekannt: Danach stellte eine Patrouille der amerikanischen Grenzpolizei am 2.3. zwei Volkspolizisten in der Stadt Obersuhl. Als der eine Volkspolizist seine Waffe zog, wurde er von einem amerikanischen Grenzpolizisten erschossen, der andere wurde beim Fluchtversuch schwer verwundet. Seine Leiche wurde später von einer Patrouille auf hessischem Gebiet entdeckt.“ Das Informationsamt der Sowjetzone habe hingegen behauptet, „daß in beiden Fällen die Volkspolizisten auf dem Gebiet der Sowjetzone beschossen und dann auf hessisches Gebiet geschleppt worden seien.“

Mehr als zehn Jahre nach dem Vorfall wurde zwischen dem 13. und 16. September 1963 an der DDR-Grenze bei Untersuhl ein nach Westen ausgerichtetes Propagandaschild aufgestellt, auf dem es zu den Todesfällen Schmidt und Janello hieß, diese seien von „amerikanischen Söldnern“ ermordet worden und: „Die Mörder werden ihrer gerechten Strafe nicht entgehen.“ Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main hielt es daraufhin für angebracht, ihre Grenzaufsichtsbeamten über den „tatsächlichen Sachverhalt“ zu informieren, damit Fragen von Grenzbesuchern „richtig beantwortet werden können“. In dem Schreiben der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main hieß es zu dem Zwischenfall vom März 1951, Schmidt und Janello hätten häufiger eine Telefonistin in einem grenznahen Gebäude besucht. Dort gab es eine alte Telefonverbindung nach Obersuhl (Westdeutschland). Als eine Streife der US-Constabulary das Haus betrat, um einen dort wohnenden Mann, der der Spionage verdächtig war, festzunehmen, hätten die beiden Grenzer zu ihren abgelegten Waffen gegriffen, „worauf die US-Constabulary sofort das Feuer eröffnete“.

Zwei weitere Versionen des Zwischenfalls verbreitete die Hessische/Niedersächsische Allgemeine in ihrer Ausgabe vom 4. März 2011. Der damalige Mieter einer Wohnung in dem Obersuhler Haus an der Grenze, Erich Eisenberg, habe im Dezember 1989 bei einer Befragung durch den Obersuhler Bürgermeister zu Protokoll gegeben, „die Vopos seien nur dieses eine Mal bei ihm aufgetaucht, hätten sich aufwärmen und eine Zigarette rauchen wollen. Sie seien kaum in der Wohnung gewesen, da hätten die Amerikaner die Tür eingetreten und sie gefangen nehmen wollen. Die Vopos hätten versucht zu fliehen, da sei geschossen worden. Ein Vopo sei im Hausflur gestorben, der andere auf der Straße. Vorher sei nie ein Soldat der DDR oder der US-Truppen in seiner Wohnung gewesen.“ In der gleichen Ausgabe wird von den Erinnerungen des damaligen DDR-Kriminalpolizisten Erich Timm berichtet, dem seine Vorgesetzten damals die Ermittlungen auf höhere Anweisung entzogen. Der Besitzer des Hauses Auweg 43 mit Namen Gliem habe sich im Obergeschoss des Hauses aufgehalten, als er gegen 20 Uhr erst einen Schuss im Hausflur, danach mehrere Schüsse auf der Straße hörte. „Als er dann nachgesehen habe, habe er einen der Vopos tot im Hausflur liegen sehen, der andere sei draußen angeschossen worden und weitergelaufen. Er habe sich noch in Richtung der Dorfmitte bis vor das Bürgermeisteramt geschleppt, wo er trotz erster Hilfe durch einen dort wohnenden Arzt verstarb.“ Wer auf amerikanischer Seite geschossen hatte, habe Gliem nicht gesehen. Jedoch seien weder die Anwesenheit von Volkspolizisten noch die von Amerikanern in dem Haus „ungewöhnlich gewesen. Gliem habe vermutet, sie hätten dort eine Art von Handel betrieben.“

Am 3. März 1951 um 16.00 Uhr wurden die beiden Leichen an der Grenze von der US-Constabluary (amerikanische Grenztruppe) einem sowjetischen Kommando übergeben, da die amerikanische Militärverwaltung die DDR-Grenzpolizei für illegitim hielt. Die am 4. März in Eisenach angefertigten Obduktionsprotokolle enthielten die Angaben, dass Werner Schmidt von einem Geschoß, dessen Kaliber zwischen sieben und acht Millimeter gelegen hat, in die rechte Brustseite getroffen und getötet wurde. An seinem Kopf sei eine stumpfkantige Gewalteinwirkung gegen die rechte Schädelseite festgestellt worden, die ihm noch zu Lebzeiten zugefügt worden sein müsse. Als Folge wurde ein Einbruch des knöchernen Schädeldachs diagnostiziert. Außerdem seien weitere stumpfkantige Gewalteinwirkungen gegen die rechte Kopfseite (insgesamt vier) festgestellt worden, die zur Verletzung der Haut und zu Blutungen und Verletzungen des Unterhautgewebes geführt hätten.

Siehe ergänzend zu diesem Fall die Biografie von Heinz Janello.


Biografie von Werner Schmidt, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/242-werner-schmidt/, Letzter Zugriff: 23.11.2024