Wahrscheinlich kam die Familie Pokrandt am Kriegsende mit einem der Flüchtlingstrecks aus der westpommerschen Kreisstadt Belgard in die Gemeinde Krüden (Landkreis Stendal). Der damals etwa 17-jährige Rudi Heinz Alfred Pokrandt lebte sich in seiner neuen Heimat schnell ein. Gemeinsam mit Annaliese A. gründete er eine Familie, 1948 nahm ihn die SED als Mitglied auf, von 1949 bis 1950 arbeitete er bei der Volkspolizei und wechselte anschließend als Tischler und Gespannführer zur LPG Krüden. Dort warb ihn das MfS 1957 als Geheimen Informanten (GI) an. Unter dem Decknamen „Karl Priebe“ berichtete er über Fehler bei der Arbeitsorganisation in seiner Genossenschaft und über Kollegen, die Westfernsehen schauten oder die DDR kritisierten. Schon drei Jahre später brach das MfS die Verbindung ab, weil er kein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit zeigte und zudem wegen wiederholter Trunkenheit die Konspiration zu gefährden drohte.
Aus den vorhandenen Überlieferungen geht nicht eindeutig hervor, welche Konflikte seinen Lebensweg prägten. Möglicherweise bedingten Alkoholprobleme und seine zerbrechende Ehe sich gegenseitig. Schwierigkeiten im Eheleben sollen nach der Aussage Pokrandts auch den Ausschlag dafür gegeben haben, dass er im August 1962 die unmittelbare Nähe Krüdens zur Grenze nach Niedersachsen ausnutzte und die DDR verließ. Als er nur zwei Monate später wieder zurückkehrte, stand er nicht nur vor einem persönlichen Scherbenhaufen, sondern hatte zusätzlich noch den staatlicherseits über ihn verhängten Sanktionen zu genügen. Seine Ehefrau hatte sich, mit fünf Kindern alleingelassen, einem anderen Mann zugewandt. Pokrandt selbst wurde in ein Magdeburger Rückkehrerheim eingewiesen und erhielt Arbeit in der örtlichen Großgaserei. Nach Krüden durfte er nicht zurück, weil die Polizei ihm, dem zurückgekehrten „Republikflüchtling“, das Betreten des Grenzgebietes untersagte. Die Wohnungssituation ließ es ohnehin nicht zu, dass er seiner Familie ein gemeinsames Leben in Magdeburg bieten konnte. Nachdem ihm am 17. Januar 1963 lediglich ein Leerzimmer in einem kriegsbeschädigten Abbruchhaus der Magdeburger Altstadt zugewiesen wurde, beantragte er vergeblich beim Rat des Kreises Seehausen seinen Umzug zurück nach Krüden. Im „Einstellungsprotokoll“ der Magdeburger Volkspolizei klingt Verständnis dafür an, dass der „Rückkehrer“ in der Nacht vom 23. auf den 24. Januar 1963 erneut die DDR verließ: „P.[,] an sich schon haltlos, wurde durch die total zerrütteten Familienverhältnisse noch mehr durcheinander gebracht. Durch seine Ortskenntnisse gelang es ihm zum 2. Mal an der gleichen Stelle die Staatsgrenze der DDR zu durchbrechen.“
Wieder hielt es Rudi Pokrandt nicht lange in der Bundesrepublik, doch diesmal erwartete ihn in der DDR kein Rückkehrerheim, sondern das Gefängnis. Am 31. März 1965 verurteilte ihn das Kreisgericht Seehausen wegen Passvergehens zu acht Monaten Haft und untersagte ihm jeglichen Aufenthalt im Grenzgebiet. Nach seiner Entlassung nahm Pokrandt am 20. November 1965 eine ihm zugewiesene Arbeit in Stendal auf, wo er auch ein Zimmer bezog. Doch weder im Arbeitsleben noch privat bekam er Boden unter die Füße. Seine Ehe war inzwischen geschieden. Wegen „Arbeitsbummelei“ musste er mehrmals neue Arbeitsstellen antreten. Am 3. Mai 1968 verurteilte ihn das Kreisgericht Stendal zur Arbeitserziehung in Bitterfeld. Die Urteilsbegründung charakterisiert ihn als „asozialen Menschen, der ausgesprochen arbeitsscheu“ sei.
Als er im Juni 1969 nach Stendal zurückkehrte, verbesserte sich die Lebenssituation des unsteten, nun „einschlägig vorbestraften“ Mannes kaum. Am 3. April 1971 fuhr er mit der Bahn nach Wittenberge. Zum dritten Mal wollte er die Flucht und einen Neuanfang in der Bundesrepublik wagen. Vielleicht durchquerte er des Nachts die Gegend um Krüden, bevor er bei Aulosen in die Elbe stieg, um mit der Strömung schwimmend Niedersachsen zu erreichen. Seine Rasier- und Waschutensilien hatte er zusammen mit seinem Personalausweis und anderen Papieren in eine Aktentasche gesteckt, die er an seinem Körper festband. Am Morgen des 19. April 1971 barg die Besatzung eines Streifenbootes der Grenztruppen den Ertrunkenen aus der Elbe.