Der 18-jährige Hans-Joachim Bluhm aus Grabow und der 19-jährige Siegfried W. aus dem Nachbarort Groß-Warnow hatten schon seit Längerem geplant, die DDR zu verlassen. Die beiden Bohrarbeiter, deren Plan es war, gemeinsam über die Elbe zu fliehen, waren mit ihren Lebensverhältnissen unzufrieden und wollten der drohenden Einberufung in die Nationale Volksarmee entgehen. Drei ihrer Freunde hatten bereits am 17. August 1966 vergeblich eine Flucht in die Bundesrepublik versucht: Werner Möhrer aus Grabow wurde erschossen, sein Bruder Hans und dessen Verlobte wurden festgenommen. „Intern, so unter Freunden und guten Bekannten, da hat man das schon diskutiert“, erinnerte sich Siegfried W., der auch an der Bestattung von Werner Möhrer teilgenommen hatte. Obwohl dieser Versuch der drei Freunde ein schmerzliches Ende gefunden hatte, entschlossen sich Hans-Joachim Bluhm und Siegfried W. ihren eigenen Fluchtplan nur einen Monat später umzusetzen. Sie brachen am 13. September 1966 gegen 23 Uhr mit ihren Motorrädern in Grabow auf, wo Hans-Joachim Bluhm bei seinen Eltern wohnte. Kurz vor dem Kontrollpunkt Lenzen, in Bochin, stellten sie ihre Maschinen ab und gingen zu Fuß in Richtung Elbe weiter. Dabei orientierten sie sich an der Beleuchtung des 324 Meter hohen Sendemastes der niedersächsischen Funkstelle Höhbeck. Es gelang ihnen, unbemerkt über den Doppelzaun an der Grenze zu klettern. Am nächsten Morgen gegen 3 Uhr stiegen sie in den Fluss.
Hans-Joachim Bluhm war der bessere Schwimmer und hatte seinen Freund bereits hinter sich gelassen, als dessen Kräfte schwanden. Siegfried W. schwamm ans östliche Elbufer zurück und wagte es wenig später erneut. Diesmal schaffte er es ans westliche Elbufer. Er lief zur Richtfunkstelle Höhbeck und wurde dort von einem Fahrzeug der niedersächsischen Grenzaufsichtsstelle Gartow mitgenommen. Den Grenzschutzbeamten berichtete er von der gemeinsamen Flucht, doch als er sie nach Hans-Joachim Bluhm fragte, konnte man ihm keine Auskunft geben. Sein Freund war nicht in der Bundesrepublik angekommen.
Inzwischen hatten Angehörige der Volkspolizei die Motorräder der Flüchtlinge vor Lenzen entdeckt und erste Ermittlungen angestellt. Das östliche Ufer der Elbe wurde nach Spuren abgesucht. Ein abgefangener Brief von Siegfried W. an seine Verwandten enthielt die Nachricht, er sei wohlbehalten in Niedersachsen angekommen. Das bestärkte Vermutungen, Hans-Joachim Bluhm habe den Fluchtversuch nicht überlebt. Am 21. September 1966 wurde seine Leiche bei Gorleben von dem westdeutschen Zollmotorboot „Laase“ bei Elb-Kilometer 494,4 geborgen.