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Biografisches Handbuch

Franz Richter

geboren am 1. April 1920 in Nieder-Ebersdorf (heute: Dolní Habartice, Tschechien) | erschossen am 25. Mai 1953 | Ort des Vorfalls: Werra bei Göringen (Thüringen)
Beim Durchschwimmen der Werra wurde Franz Richter von einer sowjetischen Grenzstreife entdeckt und beschossen. Seine Leiche wurde am westlichen Ufer geborgen.

Franz Richter und seine Familie fanden nach dem Krieg und ihrer Vertreibung aus dem Sudetenland zunächst in Eisenach eine neue Heimat. Nach einiger Zeit aber zog es die Familie weiter nach Wiesbaden. Als gelernter Gärtner eröffnete Franz Richter zusammen mit einem Freund einen Gemüsegroßhandel, in dem auch seine Mutter und seine Frau mitarbeiteten.

Dieser Freund war Anfang der 1950er Jahre in den Westen geflüchtet. Seine Frau war in der DDR geblieben, sollte aber später nachkommen. Ein Grenzübertritt zurück in die DDR, um seine Frau zu holen, war riskant. „Republikflüchtlingen“ drohte in der Regel die Inhaftierung. Um dem Freund dies zu ersparen, bot Franz Richter als Bundesbürger seine Hilfe an. So fuhren die beiden Freunde am 25. Mai 1953 nach Herleshausen zur Grenze. Der Ort liegt gegenüber von Lauchröden in Thüringen.

Am Nachmittag schwamm Franz Richter durch die Werra, um sich in der DDR mit der Frau seines Freundes zu treffen und ihre baldige Flucht zu besprechen. Die beiden Freunde hatten einen Fluchtweg über West-Berlin vorgesehen und die dafür nötigen finanziellen Mittel besorgt.

Nach dem Gespräch mit der Frau seines Freundes begab sich Franz Richter auf den Rückweg in die Bundesrepublik. Als er bereits in der Werra in Richtung Westufer schwamm, entdeckte ihn eine sowjetische Grenzstreife und eröffnete das Feuer. Vielleicht waren ihm die Soldaten, als er ins Wasser stieg, aufgrund seiner Kurzsichtigkeit entgangen. Eine Schulfreundin erinnerte sich an „Franzl“, der sehr kurzsichtig gewesen sei und deshalb starke Brillengläser tragen musste.

Nach den Schüssen trieb der tödlich Getroffene ans westdeutsche Ufer. Da er keine Papiere bei sich trug, hielt man ihn für einen Flüchtling und übergab die Leiche den DDR-Behörden. Nachdem seine Mutter von dem Unglück erfahren und auf die Rückführung des Leichnams bestanden hatte, wurde ihr eine Urne zugeschickt mit dem Vermerk, dass die unbekannte Person nicht identifiziert werden konnte und einem Herzschlag erlegen sei. Dem damals geheim gehaltenen Sektionsbericht des Instituts für gerichtliche Medizin Jena ist jedoch die tatsächliche Todesursache zu entnehmen. Franz Richter wurde durch einen Schuss in den Rücken getroffen, der einen Halswirbelbruch verursachte. Seine Leiche wurde am 30. Mai 1953 in Eisenach eingeäschert und am 6. August 1953 in Wiesbaden auf dem Südfriedhof beigesetzt. Seine Mutter, seine Ehefrau, seine beiden Kinder und zahlreiche Freunde gaben ihm dort das letzte Geleit.

Die in den 1990er Jahren geführten Ermittlungen wurden eingestellt, da der Name des sowjetischen Soldaten, der Franz Richter erschossen hat, nicht ermittelt werden konnte. Zudem unterlag der Schütze nicht der deutschen Gerichtsbarkeit – weder zum Zeitpunkt des Geschehens noch zur Zeit der Ermittlungen.


Biografie von Franz Richter, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/66-franz-richter/, Letzter Zugriff: 28.03.2024