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Biografisches Handbuch

Oskar Roschlan

geboren am 23. Februar 1892 in Sonneberg | erschossen am 11. April 1952 | Ort des Vorfalls: nahe Gundersleben (Thüringen)
Der 60-jährige Oskar Roschlan kehrte in den frühen Morgenstunden des 11. April 1952 aus der niedersächsischen Grenzstadt Walkenried über die innerdeutsche Demarkationslinie zurück in die DDR. Er wollte in Walkenried auf der Post ein Paket seines in Westdeutschland lebenden Bruders abholen. Der Bruder hatte versprochen, für Roschlans Sohn Kleidungsstücke für die anstehende Konfirmation zu besorgen. Das Paket war aber noch nicht angekommen. Volkspolizist Erwin K. tötete Roschlan bei dessen Rückkehr in die DDR durch einen Kopfschuss.

Der 60-jährige Oskar Roschlan kehrte in den frühen Morgenstunden des 11. April 1952 aus der niedersächsischen Grenzstadt Walkenried über die innerdeutsche Demarkationslinie in die DDR zurück. Er wollte in Walkenried auf der Post ein Paket seines in Westdeutschland lebenden Bruders abholen. Der Bruder hatte versprochen, für Roschlans Sohn Kleidungsstücke für die anstehende Konfirmation zu schicken. Das Paket war aber noch nicht angekommen.

Erwin K. war mit dem Soldaten Fredi A. auf freiwilliger Grenzstreife, als Roschlan aus westlicher Richtung kommend die Demarkationslinie überquerte. Fredi A. sagte bei der Vernehmung durch die Grenzkommandantur Gundersleben am 11. April 1952 unmittelbar nach dem Zwischenfall aus, der „Demarkations-Linienverletzer“ sei von ihnen gegen 4.15 Uhr nahe der Straße nach Gundersleben am Waldrand entdeckt worden. Sie selbst hätten sich am Rande eines Feldwegs auf den Boden gelegt. Als der Mann sich geduckt habe, hätten sie vermutet, dass er sie entdeckt habe. Sie hätten ihm befohlen stehenzubleiben und sich als Volkspolizisten zu erkennen gegeben. Daraufhin sei der Mann in Richtung Demarkationslinie gelaufen. Oberwachtmeister K. habe dann einen Warnschuss und gleich darauf einen Zielschuss abgegeben, der den Flüchtenden etwa 15 Meter vor der Demarkationslinie niederstreckte. Der Grenzpolizei-Vertragsarzt Dr. Werner Stehl aus Ellrich traf gegen 5.30 Uhr auf Veranlassung der Kommandantur Gundersleben am Ort des Geschehens in der Nähe des Lindenhains ein. Er stellte den Tod des Mannes fest. Nach Angaben des Arztes war Roschlan links hinter dem Ohr getroffen worden. Das Geschoss hatte die vordere linke Schädelhälfte bis zum oberen Stirnbein etwa handtellergroß abgesprengt. Der Tod sei durch diese Verletzung sofort eingetreten.

Am 11. April 1952 gegen 17.20 Uhr wurde Roschlans Ehefrau vom Tod ihres Mannes in Kenntnis gesetzt. Der Untersuchungsführer der Volkspolizei, Oberkommissar Mohr, hielt in seinem Schlussbericht vom 11. April 1952 fest, dass der Todesschütze Erwin K. „unbefugt von seiner Schußwaffe Gebrauch“ gemacht habe. Mohr schlug vor, gegen Erwin K. eine Disziplinarstrafe der Volkspolizei zu verhängen. Volkspolizeirat Gabel von der gleichen Kommandantur forderte in seiner Stellungnahme sogar eine harte Disziplinarstrafe gegen die beiden beteiligten Grenzer. Der Erstbericht von Oberkommissar Mohr wurde nachträglich abgeändert. Am 9. Mai 1952 ist in der geänderten Fassung von einem vorschriftsmäßigen Verhalten der Streife die Rede, es liege kein Verschulden von Oberwachtmeister Erwin K. vor.

In seiner Vernehmung am 2. März 1994 sagte K. den Ermittlern der ZERV, er habe nicht die Absicht gehabt, den Flüchtenden zu erschießen. Er sei ein guter Schütze gewesen, aber in der Dunkelheit sei es kaum möglich gewesen, gezielt auf die Beine zu schießen. Er habe auf den Körper des Flüchtenden gezielt. K. erklärte weiter, festgenommene „Grenzverletzer“ seien damals nicht mit drastischen Strafen belegt worden. Deswegen habe er annehmen müssen, dass es sich bei dem Flüchtenden um einen Kriminellen gehandelt habe. Als die Posten den tödlich verletzten Oskar Roschlan erreichten, habe dieser noch geröchelt. Sein Streifenkollege Fredi A. habe geschrien: „Mensch, jetzt hast Du ihn totgeschossen.“ K. sagte weiter aus: „Damit wir nicht von Zöllnern beobachtet werden konnten, trugen wir den Toten etwas weiter ins Hinterland.“ Kräfte aus der Kommandantur Ellrich hätten ihn dann dort abgeholt. Am Ende der Vernehmung erklärte K.: „Ich hatte durch diese Aktion keinen einzigen Vorteil. Lediglich den Nachteil, daß mich das Geschehen bis heute belastet.“

In der Sterbeurkunde Oskar Roschlans, ausgestellt von der Stadtverwaltung Sonneberg, wurde als Todesursache eingetragen: „Kopfschuß durch Grenzangehörige in Ausführung des Dienstes“.

Erwin K. erhielt 1997 vom Landgericht Mühlhausen wegen Totschlags eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.


Biografie von Oskar Roschlan, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/45-oskar-roschlan/, Letzter Zugriff: 25.04.2024