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Biografisches Handbuch

Ingo Jakob

geboren am 18. Januar 1966 in Potsdam | vermutlich zwischen dem 6. und dem 7. Januar 1989 ertrunken | Ort des Vorfalls: Ostsee (im Raum Graal-Müritz)
Ingo Jakob und sein Freund Marko Noack kannten sich von der Armeezeit und fassten gemeinsam den Plan, mit einem Faltboot über die Ostsee zu fliehen. Anfang Januar 1989, kurz vor Ingos 23. Geburtstag, fuhren sie mit einem Motorrad nach Graal-Müritz. Wenige Zeit später wurde das beschädigte Faltboot gefunden. Die Leichen der beiden fand man erst im Juli 1989.

Ingo Jakob wurde am 18. Januar 1966 in Potsdam geboren. Er hatte einen jüngeren Bruder. Die Eltern hatten sich getrennt, es ist jedoch nicht bekannt, wie alt Ingo zu diesem Zeitpunkt war. Mit 18 Jahren trat er einen dreijährigen Wehrdienst beim Wachregiment des MfS – Feliks Dzierżyński – an, wurde jedoch wegen eines Suizidversuchs im März 1987 vorzeitig entlassen. Danach war der gelernte Schlosser als Wartungsmonteur beim VEB Minol in Potsdam tätig.

Der Großvater spielte eine größere Rolle in seinem Leben. Es ist davon auszugehen, dass Ingo hier, im Haus des Großvaters in Geltow, seit seiner Entlassung aus dem Wachregiment wohnte oder sich zumindest häufig hier aufhielt. Als Nebenwohnung taucht auch die Adresse der Mutter in Potsdam in den Unterlagen zu Jakob auf.

Einer seiner Kollegen war als IM tätig und berichtete kurz vor dessen Verschwinden Anfang Januar 1989 von einem letzten Treffen mit Ingo in Potsdam. Jakob erwähnte einen Streit mit dem Großvater, bei dem er diesem die Schlüssel für das Grundstück auf den Tisch geknallt hätte. Der Informant gab auch an, dass Ingo sich seit dem Sommer 1988 verändert gezeigt hätte: Er trank sehr viel Alkohol und traf sich nach Feierabend auch nicht mehr mit ihm. Mitte Dezember 1988 hatte er sich 500 Mark für eine Urlaubsreise geborgt. Er wollte diese von seiner Jahresendprämie im Februar 1989 zurückzahlen. Insgesamt beurteilte der Bekannte Jakob als Frauentyp und Lebemann mit stark ausgeprägtem Konsumdenken. Erwähnt wurde in dem Gespräch auch ein gewisser Marko Noack, ebenfalls Schlosser, den Ingo von der gemeinsamen Zeit beim Wachregiment kannte. Ende Oktober seien beide erstmals zusammen auf einer Party aufgetaucht und seitdem häufig gemeinsam unterwegs gewesen, unter anderem in Rostock und Warnemünde.

Vermutlich ist in dieser Zeit ihr Plan für eine Flucht über die Ostsee entstanden oder gereift. Am 23. Dezember 1988 kaufte Noack ein Motorrad und teilte dem vorherigen Besitzer mit, er erwerbe es für einen Freund aus Potsdam. Am 31. Dezember 1988 haben beide ein zusammengepacktes Paddelboot bei der Deutschen Reichsbahn in Potsdam aufgegeben.

Seit dem 3. Januar war Ingo krankgeschrieben. Marko hatte bis zum 6. Januar noch Urlaub und hätte am Montag, den 9. Januar, wieder zur Arbeit erscheinen müssen, was er aber nicht tat. Am Freitag, den 6. Januar 1989, sind beide mit dem Motorrad zu einer gemeinsamen Fahrt gestartet: Sie verließen die Wohnung in Potsdam in den Vormittagsstunden, angeblich mit dem Ziel, eine Tante von Ingo in Leipzig zu besuchen. Ihr eigentliches Ziel war aber die Ostseeküste im Raum Graal-Müritz.

Am 8. Januar wurde im Waldstück in der Nähe des Zeltplatzes Uhlenflucht das Motorrad gefunden, zu dem Marko Noack als Halter ermittelt wurde. 80 Meter vom Wellenschlag entfernt entdeckte ein Grenzsoldat am selben Tag mehrere Gegenstände, die darauf hindeuteten, dass sich hier das Basislager der beiden befand. Zwei Zeltbahnen der NVA, zwei Koffer, Kleidungsstücke, Herrenstiefel der Größe 42, eine Kunststoffhülle für einen Marschkompass sowie die Verpackungstasche für ein Faltboot gaben Hinweise auf einen Fluchtversuch über die Ostsee. Dass dieser Fluchtversuch vermutlich tragisch geendet war, darauf deutete der Fund eines stark beschädigten Faltboot-Zweisitzers hin, der bereits am 7. Januar 1989 im Ostseebad Dierhagen aufgefunden wurde. Es wird sich um das Boot gehandelt haben, das Ingo und Marko am Silvestertag in Potsdam aufgegeben hatten.

Von den beiden Insassen fehlte hingegen lange Zeit jede Spur. Am 9. Januar waren sie zur Eilfahndung in allen Bezirken der DDR ausgeschrieben worden. Erst ein halbes Jahr später wurde klar, dass die beiden jungen Männer bei dem Fluchtversuch ums Leben gekommen waren. Am 6. Juli 1989 wurde durch ein Boot der Grenzbrigade Küste während einer Patrouillenfahrt eine Leiche im Wasser der Wismarer Bucht ausgemacht. Die Leiche wurde nach der Obduktion als Marko Noack identifiziert.

Genau eine Woche später, am 13. Juli 1989, wurde die Leiche eines unbekannten Mannes am Strand von Dierhagen im Ortsteil Neuhaus aufgefunden. Um den Hals hing an einer schwarzen Schnur ein Kompass mit aufklappbarem Deckel. Die Obduktion erfolgte am 17. Juli im Sektionssaal des Neuen Friedhofs in Rostock und ergab, dass die Leiche vermutlich fünf bis sechs Monate im Wasser gelegen hatte. Die Todesursache ließ sich nicht mehr eindeutig feststellen, die Umstände sprachen aber für einen Tod durch Ertrinken. Der Bericht konnte lediglich mit der Vermutung schließen, dass es sich um Ingo Jakob handelte. Im Oktober 1989 wurde dann im Totenschein bestätigt, dass die am 13. Juli aufgefundene Leiche als Ingo Jakob aus Potsdam identifiziert wurde.


Biografie von Ingo Jakob, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/427-ingo-jakob/, Letzter Zugriff: 20.04.2024