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Biografisches Handbuch

Reinhard Behm

geboren am 6. November 1946 in Stralsund | tot geborgen am 11. September 1963 am Gellenstrom vor Hiddensee | Ort des Vorfalls: Ostsee zwischen Prerow und Hiddensee
Der 16-jährige Reinhard Behm versuchte im August 1963 zusammen mit fünf weiteren jungen Männern über die Ostsee zu fliehen. Mit Faltbooten wollte die Gruppe von Prerow aus das südliche Dänemark erreichen. Seine Leiche wurde am 11. September 1963 südwestlich vor Hiddensee geborgen.

Reinhard Erich Behm erblickte am 6. November 1946 in Stralsund das Licht der Welt. Über seine familiären Hintergründe gibt es kaum Informationen, lediglich, dass er als nichteheliches Kind geboren wurde. Der Anzeige seines Todes im September 1963 ist zudem der Hinweise zu entnehmen, dass er bei einer Pflegemutter in Stralsund am Neuen Markt lebte. Erst 16-jährig, begab er sich im Sommer 1963 mit einer Gruppe älterer Stralsunder, die er von der Schule kannte, an die Ostsee, um aus der DDR zu fliehen.

Wie die Flucht im Einzelnen ablief, lässt sich durch spätere Zeugenaussagen von drei Beteiligten des Fluchtversuchs rekonstruieren. Sie wollten mit Booten ins dänische Gedser fliehen. Einer der jungen Männer, der 19-jährige Wolfgang Albrecht, besaß bereits ein Faltboot, ein zweites wurde besorgt. Die Boote waren für zwei Personen ausgelegt, sollten aber mit jeweils drei Personen besetzt werden. Ende August 1963 fuhren die Freunde mit ihren Motorrädern zum Zelten nach Prerow auf die Halbinsel Darß. Hier hatten sie schon des Öfteren ihren Urlaub verbracht und erregten daher bei ihren Eltern keinen Verdacht. Die Boote und Zelte wurden von einem Bekannten mit einem Lieferwagen nach Prerow gebracht, der dafür 20 DM erhielt. Der Zeltplatz lag direkt am Strand, sodass sie von hier aus die Lage genau beobachten und auf den günstigsten Zeitpunkt für die Flucht warten konnten.

Etwa zwei Tage nach ihrer Ankunft, vermutlich am 24. oder 25. August 1963, bestiegen sie gegen 21.30 Uhr die Boote. Als weitere Hilfsmittel dienten ihnen Kompasse sowie Autoreifenschläuche, die als Rettungsringe fungieren sollten. Neoprenanzüge hatten sie keine, sie wollten mit ihrer normalen Kleidung die Flucht durchführen. Es war vorher ausgemacht worden, wer in welchem Boot sitzen würde: Zuerst gingen Reinhard Behm, Wolfgang Albrecht und dessen Cousin Ulrich Keiser mit ihrem Boot ins Wasser. Es folgten im zweiten Boot Albrechts Bruder und zwei weitere Freunde. Die sechs jungen Männer sahen sich in diesem Moment das letzte Mal.

Zum Zeitpunkt der Flucht herrschte ruhige See, die Sicht war jedoch leicht diesig. Nach einiger Zeit kam starker Wind auf, Wellenberge türmten sich auf und warfen das Boot, das als zweites gestartet war, um. Die drei Gekenterten schwammen nun auf ein Grenzboot der NVA zu. Nachdem sie um Hilfe gerufen hatten, wurde ein Schlauchboot abgesetzt, das sie aufnahm. Sie wurden dem VPKA Ribnitz übergeben und dann tagelang verhört. Nach einer dreimonatigen Untersuchungshaft wurden die Freunde am 8. Oktober 1963 wegen Verstoßes gegen das Passgesetz zu acht Monaten Haft verurteilt, die sie bis zum April 1964 verbüßten.

Die drei Insassen des ersten Bootes hingegen kamen alle ums Leben. Reinhard Behm wurde am 11. September 1963 am Gellenstrom vor Hiddensee als Wasserleiche geborgen. Die Leiche von Wolfgang Albrecht war bereits am 7. September in der Nähe von Zingst angespült worden. Ulrich Keisers Leichnam wurde am 10. September in der Nähe des Gedser Feuerschiffs entdeckt.


Biografie von Reinhard Behm, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/414-reinhard-behm/, Letzter Zugriff: 28.03.2024