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Biografisches Handbuch

Heinz Hohnsbeen

geboren am 5. November 1949 in Neukoppel/Kreis Segeberg | vermutlich zwischen dem 6. und 12. September 1968 in der Ostsee ertrunken | Ort des Vorfalls: Ostsee (Raum Brook)
Heinz Hohnsbeen versuchte im September 1968 gemeinsam mit einem weiteren Jugendlichen über den Seeweg die DDR zu verlassen. Sie starteten vermutlich mit einem Paddelboot von Boltenhagen aus. Am 12. September 1968 barg man den Leichnam Hohnsbeens im Raum Brook aus der Ostsee.

Heinz Hermann August Hohnsbeen wurde am 5. November 1949 in Neukoppel/Kreis Segeberg geboren. In diesem Landstrich Schleswig-Holsteins scheinen auch seine Wurzeln zu liegen: Seine Mutter Elfriede stammte ebenso aus dem Raum Segeberg, sein Großvater wurde 1899 im nahen Malente geboren. Es ist nicht klar, was die Familie seinerzeit nach Neukalen in Mecklenburg zog, aber ab 1946 war seine Mutter im Krankenhaus Neukalen beschäftigt. Zu seinem Vater ist nichts bekannt.

Hohnsbeens Eltern flohen nach 1961 nach Westdeutschland und ließen ihren Sohn bei den Großeltern in Neukalen zurück, in der Hoffnung, ihn durch Antrag auf Familienzusammenführung zu sich holen zu können Doch dieser Plan ging nicht auf. Sämtliche Ersuchen auf eine Ausreisegenehmigung für Heinz Hohnsbeen zu seinen Eltern in die Bundesrepublik wurden zurückgewiesen. Über die Grenze hinweg wurde die familiäre Beziehung dennoch gepflegt: Die Eltern hielten den Kontakt zu ihrem Sohn, sie schickten ihm immer wieder Pakete und er erhielt mindestens einmal Besuch von ihnen in Neukalen.

Aus einem Ermittlungsbericht der Kreisdienststelle der Staatssicherheit in Malchin vom 22. Februar 1968 geht hervor, dass Heinz Hohnsbeen kein allzu erfolgreicher Schüler gewesen war und 1964 nach der 7. Klasse die Schule verließ. Er begann dann als Hilfsarbeiter in einem örtlichen Betrieb.

Im September 1965 starb seine Großmutter. Hohnsbeen und sein Großvater blieben weiter gemeinsam in Neukalen.

Ein Jahr darauf fing er in einem neuen Betrieb an, der Ziegelei Neukalen. Hier wurde er aufgrund seiner guten Arbeitsleistungen ab 1967 als Pressenarbeiter eingesetzt. Hier bot man ihm an, seinen Teilabschluss als Ziegelfacharbeiter abzulegen, was er auch tat. Seine guten betrieblichen Leistungen rentierten sich für ihn auch insofern, dass er zweimal mit einer Geldprämie ausgezeichnet wurde.

Doch seine gute fachliche Arbeit und auch die betriebliche Anerkennung bedeuteten nicht, dass er glücklich oder wenigstens zufrieden war. Anfang 1967 starb sein Großvater. Zwar in Arbeit, aber ohne jeglichen Familienanschluss, war der nicht einmal 18-Jährige nun allein in Neukalen. Einem erneuten Ausreiseantrag wurde, wie schon oft, nicht stattgegeben. Die wiederholten Ablehnungen empfand er als Ungerechtigkeit. Gegenüber anderen sagte er, dass er weiter versuchen werde, zu seinen Eltern zu kommen. Hohnsbeen war mit dem Leben in der DDR nicht einverstanden, er schloss sich keiner staatlichen Vereinigung an und wurde kein Mitglied der SED. Laut Ermittlungsbericht konsumierte er oft und viel Alkohol. Außerdem unterstützte er mit seinem Geld auch andere Jugendliche in Neukalen.

Seine starken Kontakte zu den anderen Heranwachsenden veranlassten die Stasi, im Februar 1968 über Hohnsbeen Informationen zu sammeln um zu beurteilen, ob er nicht vielleicht ein geeigneter Kandidat als „Quelle zur Absicherung negativer Jugendlicher in der Gemeinde Neukalen“ sein könne. Noch im August 1968 verfasste eine Auskunftsperson des Betriebs mit dem Decknamen „Peter“ einen Bericht zu Hohnsbeen, aus dem hervorgeht, dass dieser „eine ablehnende Haltung zu unserem Sozialstaat“ habe und dass man mit ihm keine politischen Gespräche führen könne. Diese Beobachtung wurde von „Peter“ auf die trotz der geschlossenen Grenze recht intensive Beziehung zu den Eltern und deren materielle Unterstützung zurückgeführt.  Ihr Einfluss wirkte sich laut der Auskunftsperson negativ auf das Gesamtverhalten Hohnsbeens aus. Ob es jemals ein konspiratives Treffen oder eine Anwerbung für die Stasi gegeben hat, geht aus der Akte nicht hervor.

Dem Abschlussbericht der MfS-Akte zu Heinz Hohnsbeen ist zu entnehmen, dass er am 6. September 1968 aus Neukalen verschwunden war. Er hatte mit einem weiteren Jugendlichen, wahrscheinlich Bernhard Ulbricht, versucht, über den Seeweg die DDR zu verlassen. Vermutlich sind sie mit einem Paddelboot im Bereich Boltenhagen gestartet. Beide kamen bei diesem Vorhaben ums Leben. Ulbricht wurde am 9. September im Raum Boltenhagen in der Ostsee tot aufgefunden. Am 12. September 1968 wurde dann die Leiche von Heinz Hermann August Hohnsbeen um 18:35 Uhr im Raum Brook in der Ostsee entdeckt.


Biografie von Heinz Hohnsbeen, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/350-heinz-hohnsbeen/, Letzter Zugriff: 28.03.2024