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Biografisches Handbuch

Hanns-Christian Witt

geboren am 22. Januar 1916 in Kiel | erschossen am 31. Dezember 1951 in Moskau | Orte des Geschehens: Grenzübergang Herrnburg (Mecklenburg-Vorpommern) und Moskau
BildunterschriftHanns-Christian Witt
BildquelleBStU
Quelle: BStU
Hanns-Christian Witt fuhr im Oktober als Geschäftsreisender mit zwei Kollegen in seinem Opel „Kapitän“ in die DDR. Bei seiner Rückkehr wurde er am Grenzübergang zwischen Herrnburg und Lübeck festgenommen.

Der Architekt und Kaufmann Hanns-Christian Witt engagierte sich nach dem Krieg im Interzonenhandel. Als KPD-Mitglied und Verfolgter des NS-Regimes fühlte er sich sicher, wenn er von seinem Wohnort Kiel zu Geschäftsreisen in die Sowjetische Besatzungszone aufbrach. Witt war wegen seiner Kritik am nationalsozialistischen Regime von 1937 bis 1945 in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Neuengamme inhaftiert. In den letzten Kriegsmonaten wurde er noch zur Kriegsmarine eingezogen und geriet im April 1945 in britische Gefangenschaft, aus der er im Oktober 1945 wieder entlassen wurde. Gegenüber der United Nations War Crimes Commission sagte er als Zeuge über die von der SS in Sachsenhausen und Neuengamme verübten Verbrechen aus.

Auch nach Gründung der DDR setzte er seine geschäftliche Tätigkeit zwischen West und Ost fort. So fuhr er auch im Oktober 1950 mit zwei Kollegen in seinem Opel „Kapitän“ in die DDR. Bei seiner Rückkehr wurde er am Grenzübergang zwischen Herrnburg und Lübeck-Eichholz festgenommen. In einer Spitzenmeldung der Volkspolizei vom 12. Dezember 1950 wurden alle Dienststellen über eine Großfahndung nach Hanns-Christian Witt informiert, dem einen Tag zuvor die Flucht aus der MfS- Dienststelle Grevesmühlen gelungen war. Er wurde wenig später entdeckt und festgenommen und, wie es in einer Stasi-Karteikarte handschriftlich heißt, am 17. Februar 1951 „den Freunden übergeben“.

Am 4. Oktober 1952 schrieb Witts Frau Lieselotte an den DDR-Staatssicherheitsdienst in Schwerin und erkundigte sich nach ihrem Mann. Sie beklagte sich darüber, dass ihr bis dato keine Nachricht oder Angaben über eine etwaige Verurteilung ihres Mannes vorlägen. Mit ihren beiden kleinen Kindern sei sie ohne ihren Mann in eine Notlage geraten. Sie bat um Auskunft, „wo sich mein Mann befindet und wann bzw. ob ich überhaupt mit seiner Rückkehr rechnen kann“. Zu diesem Zeitpunkt lebte Hanns-Christian Witt bereits nicht mehr. Das Sowjetische Militärtribunal in Schwerin hatte ihn am 14. September 1951 wegen Spionage, antisowjetischer Tätigkeit und Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation zum Tode verurteilt. Am 31. Dezember 1951 wurde das Urteil im Moskauer Butyrka Gefängnis vollstreckt. Am 8. November 1953 archivierte der DDR-Staatssicherheitsdienst die Akte Witt. Unter den bei ihm beschlagnahmten Gegenständen befand sich auch sein Mitgliedsausweis der Kommunistischen Partei Deutschlands.

In einer Sammelakte des Staatssicherheitsdienstes befinden sich mehrere Schreiben von Witts Frau, in denen sie zwischen 1952 und 1955 um Auskunft über das Schicksal ihres Mannes bat. Sie schrieb unter anderem an den DDR-Generalstaatsanwalt, den Justizminister, an das Innenministerium, an die Zuchthausdirektion Dreibergen und am 23. Juli 1954 an Johannes Dieckmann, den Präsidenten der DDR-Volkskammer. Die angeschriebenen Stellen leiteten Lieselotte Witts Brief an den Staatssicherheitsdienst zur Bearbeitung weiter. So auch das Schreiben an den Volkskammerpräsidenten. Dessen Referent Hanemann versah es mit der dringenden Bitte um Auskunft an „die Petentin“. Auf Hanemanns Anschreiben vermerkte ein MfS-Mitarbeiter handschriftlich: „Wurde am 14.9.1951 durch ein SMT zu 25 Jahren verurteilt. Ehefrau wurde nicht benachrichtigt. 8.9.54“.


Biografie von Hanns-Christian Witt, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/292-hanns-christian-witt/, Letzter Zugriff: 19.04.2024