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Biografisches Handbuch

Erich Janschke

geboren am 19. Juni 1941 in Dankmarshausen | getötet durch Minenexplosion am 15. November 1962, geborgen am 14. Dezember 1962 | Ort des Vorfalls: Minenfeld 21 zwischen Obersuhl (Hessen) und Untersuhl (Thüringen), 150 Meter südlich der Straße Obersuhl - Untersuhl
Zwei junge DDR-Bürger konnten sich Anfang der 60er Jahre nicht zwischen dem Leben in Ost- oder Westdeutschland entscheiden und pendelten unstet zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Am 15. November 1962 starben sie in einem Minenfeld auf dem Weg von West nach Ost. Ihre Leichen wurden erst einen Monat später gefunden.

Erich Janschke wuchs in Dankmarshausen, einer kleinen Gemeinde bei Eisenach, zusammen mit zwei Geschwistern auf. Er war nach Angaben seiner Schwester „ein richtiger Zugvogel“, der es nirgends lange aushalten konnte. Ende der 1950er Jahre sei er erstmals in die Bundesrepublik gezogen, später aber wieder in die DDR zurückgekommen. 1960 verließ er erneut die DDR in Richtung Westen, wo er eine Zeitlang in Ehringen an der Werra lebte und dort in einem Kalibergwerk arbeitete. Außerdem wohnte und arbeitete er auch zeitweise bei seinem Bruder Heinz im emsländischen Rietberg.

Niemand weiß, warum Klaus Körner und Erich Janschke am Abend des 15. November 1962 versuchten, durch die streng bewachten und verminten Grenzanlagen in die DDR zurückzukommen. Sicher ist, dass die beiden jungen Männer die Grenze etwa 150 Meter südlich der Straße von Obersuhl in Hessen nach Untersuhl in Thüringen überquerten. Sie durchkrochen zwei Drahtzäune, gelangten ins Minenfeld und lösten dort mindestens eine Mine des Typs POMS 2 aus, die sie tödlich verletzte. DDR-Grenzer nahmen zwar eine Detonation wahr, konnten aber wegen des starken Bewuchses das Gelände nicht einsehen. Man vermutete, ein Wildschwein habe die Detonation ausgelöst. Erst am 14. Dezember 1962 fanden Angehörige des Pionierzuges vom 2. Grenzregiment Eisenach bei Instandsetzungsarbeiten an der Drahtsperre die bereits stark verwesten Toten. Bei der Leiche des 21-jährigen Erich Janschke wurden ein DDR-Arbeitsbuch und mehrere Bescheinigungen westdeutscher Arbeitsvermittlungen gefunden.

Die Angehörigen wurden im Dezember 1962 durch den damaligen Dorfpolizisten und zwei Kriminalbeamte zu Hause darüber informiert, dass Erich Janschke beim Grenzübertritt aus dem Westen im Bereich von Untersuhl auf eine Mine getreten und tödlich verletzt worden war. Diese Information sollte auf Weisung der Behörden „nicht im Dorf herumgetragen“ werden. Die Schwester Erich Janschkes berichtete 1992 den Ermittlungsbehörden, ihr Vater sei damals auf eigene Faust zum Eisenacher Friedhof gefahren, um sicherzugehen, dass es sich bei dem Toten tatsächlich um seinen Sohn handele. Er überredete den Friedhofswärter, ihn ins Leichenschauhaus zu lassen. Als der Vater zurück nach Hause kam, erzählte er seiner Familie, „daß Erich in zwei Hälften gerissen und in einen Leichenverwesungszustand übergegangen war“. Er habe ihn aber zweifelsfrei identifizieren können. Die Behörden ließen den Leichnam ohne Rücksprache mit den Angehörigen verbrennen, die Familie erhielt lediglich die Urne zugeschickt. Die Kosten dafür mussten sie ebenso wenig tragen wie die der Beisetzung in Dankmarshausen.

Der Chef der DDR-Grenztruppen befahl in Auswertung des Vorfalls unter anderem, in Zukunft die Ursache aller wahrgenommenen Minendetonationen eindeutig festzustellen. Darüber hinaus teilte der stellvertretende DDR-Verteidigungsminister Admiral Waldemar Verner dem ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen Erich Honecker in einem Schreiben vom 18. Dezember 1962 mit, „daß wir gegenwärtig in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft überprüfen, wie wir auf eine zweckmäßigere Art das Problem der Unkrautvernichtung zur Verbesserung des Schußfeldes, der Sicherung der Sperren und des Kontrollstreifens lösen können“.

Das Landgericht Mühlhausen sprach den Angeklagten Karl L., seit 1962 Leiter des Pionierdienstes der 11. Grenzbrigade, in dieser Sache am 12. April 2001 vom Vorwurf des Totschlags frei, da die Getöteten „die Explosionsgefahr bei Überqueren des Minenfeldes bewußt in Kauf genommen haben, so daß der Tatbestand des Totschlags unter dem Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung entfällt“.

Vergleiche auch die Biografie von Klaus Körner.


Biografie von Erich Janschke, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/109-erich-janschke/, Letzter Zugriff: 25.04.2024