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Biografisches Handbuch

Brigitte Louda

geboren am 26. November 1942 in Plaue/Kreis Westhavelland | seit dem 27. Oktober 1962 vermisst, vermutlich in der Ostsee ertrunken | Ort des Vorfalls: Ostsee
BildunterschriftBrigitte Louda
BildquellePrivatsammlung H. Dunke
Quelle: Privatsammlung H. Dunke
Am 27. Oktober 1962 reiste die 19-jährige Studentin aus Berlin, Brigitte Louda, gemeinsam mit ihrem Dozenten Axel Draeger an die Ostsee. Seitdem sind sie verschollen.

Brigitte Ingeborg Louda wurde am 26. November 1942 in Plaue/Kreis Westhavelland als einzige Tochter des Ehepaars Franz und Ingeborg Louda geboren. Ihre Mutter war Verkäuferin in einem Konsum in Görden, der Vater war als Meister im Labor des Stahl- und Walzwerks Brandenburg (SWB) tätig. Ihre Eltern waren christlich-katholischer Konfession und so wurde auch Brigitte diesen religiösen Werten entsprechend behütet und mit viel Liebe erzogen: Sie ging als Kind zur Katechese, einer christlichen Glaubensunterweisung. Sie erhielt die Erstkommunion und war dann regelmäßig beim Sonntagsgottesdienst. Doch der sonntägliche Gang zur Messe wurde schließlich nicht mehr vorgenommen. Dies betraf aber nicht nur Brigitte, sondern auch Ihren Vater. Warum, ist nicht klar, aber auf Nachfrage eines Bekannten hat Brigitte wohl geantwortet, dass Ihr Vater auch nicht mehr daran glaube. Als Familie pflegten Eltern und Tochter einen herzlichen Umgang miteinander. Brigitte wurde beschrieben als schöne und intelligente junge Frau. Sie galt als lebhafte und unternehmungslustige Person. Ob ihre Eltern von ihrer Abenteuerlust wussten, ist nicht klar. Nach dem Abitur bewarb sie sich für ein Medizinstudium an der Humboldt Universität zu Berlin, doch erhielt darauf eine Absage. Daraufhin bat der Vater die Betriebsparteileitung des SWB um Unterstützung und Brigitte konnte als Nachrückerin schließlich ihrem Wunsch folgen und nahm im September 1962 das Studium in der Hauptstadt auf. Sie zog nach Prenzlauer Berg in die Schönhauser Allee, direkt beim U-Bahnhof Dimitroffstraße, der seit 1990 Eberswalder Straße heißt. Dort lebte sie in einer kleinen Einraumwohnung. Das Verhältnis zu ihren Eltern war weiterhin sehr gut, sie besuchten sie öfter. So auch am Montag, den 22. Oktober 1962. Dass dies der Tag sein würde, an dem sie ihre Tochter zum letzten Mal sahen, ahnten sie zu diesem Zeitpunkt nicht.

In Berlin hatte sie eine Liebesaffäre mit ihrem Dozenten für Grundlagen der Chemie, Axel Draeger. Ob sie ihn erst hier kennenlernte oder sie sich schon vorher bekannt waren, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Doch der damals 24-jährige junge wissenschaftliche Assistent war erst seit kurzem verheiratet. Seine junge Frau saß im selben Seminar bei ihm wie auch Brigitte und die Liaison zwischen ihrem Ehemann und ihrer Kommilitonin blieb für sie nicht unerkannt. Sie wusste von dem Vorhaben ihres Mannes, mit Brigitte Louda gemeinsam das Wochenende an der Ostsee zu verbringen.

Am Samstag, den 27. Oktober, gegen 13:00 Uhr verließen die beiden Berlin auf Draegers Motorroller in Richtung Ostsee, mit einem Faltboot im Gepäck. In Graal-Müritz stellten sie das Fahrzeug ab, begaben sich noch am selben Abend an den Strand und fuhren mit dem Faltboot auf die Ostsee. Seitdem sind sie verschollen. Am Sonntag fand ein Polizist im Wald von Graal-Müritz den zurückgelassenen Motoroller und meldete das Berliner Kennzeichen. Als am Montag Axel Draeger nicht in seinem Seminar erschien, wurde schnell klar, dass es sich beim Verschwinden der beiden um eine Flucht handeln musste, von der die Behörden ausgingen, dass diese gelungen sei.

Doch weder Brigitte Louda noch Axel Draeger hatten sich sich bei Verwandten oder Bekannten gemeldet, nicht in der DDR und auch nicht in der Bundesrepublik. Jegliches Lebenszeichen blieb aus.

Der Versuch, aus der DDR zu fliehen war wohl zumindest bei Brigitte Louda keine ad-hoc-Entscheidung. Es stellte sich heraus, dass sie sich krankschreiben ließ und am Montag, an dem sie in der Universität fehlte, traf per Post die Krankmeldung ein. Doch der Weg über die Ostsee schien nicht ihre erste Wahl gewesen zu sein: Am 2. November teilte ihr Vater per Brief einem Bekannten in Westberlin mit, dass Brigitte seit dem 26. Oktober 1962 vermisst wäre. Dieser Bekannte erstattete am 9. November 1962 laut Unterlagen der Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen Salzgitter (ZESt) Anzeige gegen einen Mann, der von ihm Geld für die Schleusung seiner Freundin Brigitte Louda erhalten habe. Dieser konnte angeblich die Schleusung nicht durchführen, weil er „von den SBZ-Behörden“ inhaftiert worden war. Anscheinend gab es bei Brigitte schon früher den Plan, die DDR zu verlassen. Das Verschwinden von Brigitte Louda und auch Axel Draeger wurde zudem beim Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen gemeldet. Doch auch hier konnte man nichts über den Verbleib der beiden jungen Erwachsenen herausfinden. Sie bleiben bis heute verschwunden. Die Eltern haben den abrupten Verlust ihrer geliebten Tochter nie verwinden können. Zwischenzeitlich glaubten sie sogar, ihre Tochter sei verschleppt worden. Die Mutter verfiel in Depressionen und wurde arbeitsunfähig. Im August 1977 wurde Brigitte Louda durch das Kreisgericht Brandenburg endgültig für tot erklärt.


Biografie von Brigitte Louda, Biografisches Handbuch "Eiserner Vorhang" https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/article/437-brigitte-louda/, Letzter Zugriff: 23.04.2024